Der Ethnologe Jesko Schmoller (29) lebt seit Sommer 2006 in der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Derzeit hat er seinen eigentlichen Wohnort, eine traditionelle, usbekische Mahalla, vorübergehend verlassen und hütet das Haus eines Freundes. Doch wirklich wohl fühlt er sich dort nicht, wie er in seinem dreizehnten Bericht aus Usbekistan beschreibt.

Gerade passe ich auf das Haus eines anderen Deutschen auf, der zum Urlaub in die Heimat geflogen ist. Das Haus ist voller Andenken an Reisen in ferne Länder. Um meinen neuen Schreibtisch herum, zum Beispiel, hängen drei afrikanische Masken. Nun hege ich von Natur aus ein tiefes Misstrauen gegen Wandmasken und übrigens auch gegen Jagdtrophäen wie Wildschwein- und Elchsköpfe. Ich fühle mich von denen immer beobachtet. Auch gestern Abend, als mein Kopf schon lange schwer auf die Arbeitsoberfläche gesunken war, warnte mich ein Instinkt davor, ganz hinwegzudämmern. Und was höre ich da? Die Masken fangen an, sich zu unterhalten, und noch dazu: über mich!

Ololoko: Kannst endlich den Mund zumachen, Ujubi, sonst setzt sich noch eine Fliege rein…

Ololoko: Nun tu doch nicht so maskenhaft. Der Mensch schläft.

Ujubi (vorwurfsvoll): Eines Tages wirst du noch mal zu früh losplappern, und wenn man dich dann zu Kleinholz schlägt oder einen „witch-doctor“ kommen lässt, der dich mit einem Schweigebann belegt, werden wir maskenhaft still zuschauen.

Ololoko: Heute Morgen mit dem falschen Bein aufgestanden? Kleiner maskeninterner Scherz…

Ujubi: Findest Du nicht auch, dass der Mensch da unten unglaublich schlecht aussieht? So blass und mager.

Fast wollte ich diese Äußerung zum Anlass nehmen, aufzufahren und mein Äußeres zu verteidigen. Aber da hörte ich in meinem Rücken die Bassstimme Ololokos mir zu Hilfe kommen.

Ololoko: War doch auch krank, der Mensch. Die sind nichts gewohnt. Essen irgendetwas, das sie nicht vertragen, und schwupps, schon liegen sie da. Keine Mägen aus Holz. Wozu braucht man überhaupt Mägen?

Idscha: Möchte sagen, dass er sich auch immer so an seinem Teebecher festhält, als würde man ihn zusammen mit dem aus einem Eisloch ziehen.

Ololoko: Was hat er gesagt?

Ujubi: Idscha meint, der Mensch friert viel.

Ololoko: Ist ja auch eine seltsame Witterung vor Ort. Da lobe ich mir doch das Klima im Kongo. Gerade neulich kam hier die ganze Kolonne von Plüscheseln an, die unten im Wohnzimmer überall herumstehen. Naja, du weißt ja, dass die Angeber sich nie mit weniger als zwanzig durch die Gegend bewegen. Die standen dann also alle vor mir, in ihre argentinischen Indianerdecken gehüllt, und fragten, was sie gegen die zentralasiatische Kälte machen sollen. Geht doch in den Kongo, habe ich geraten.

Ujubi: Und?

Ololoko: Sie meinten, sie überlegen es sich.

Idscha: Wird Zeit, dass der Mensch mal wieder etwas Nordseeluft atmet und einen Schwarzwälder Schinken vorgesetzt bekommt.

Ololoko: Wovon redet er?

Ujubi: Idscha meint, der Mensch ist nun schon so lange im Ausland, da würde ihm ein Deutschlandbesuch bestimmt gut tun.

An diesem Punkt verliert sich meine Erinnerung. Möglicherweise bin ich dann doch noch eingeschlafen. Wie dem auch sei, meine grundsätzliche Skepsis gegenüber Masken hat sich mal wieder als berechtigt erwiesen. Man kann diesem Wandgehänge einfach nicht trauen.

Von Jesko Schmoller

19/10/07

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