Das St. Lorenz-Gymnasium befindet sich ca. 120 Kilometer von Petropawlowsk entfernt. In Kasachstan ist die Schule, die das Deutsche-Sprachdiplom anbietet etwas Besonderes und das nicht weil sie einem katholischen Orden angehört.

Diese Schülerinnen bereiten sich auf die DSD-Prüfung vor. | Bild: Autor

Das Schulgebäude ist gepflegt. Auf den Fluren ist es still. So still, dass jeder Besucher die kreative Arbeitsatmosphäre in den Klassenräumen des Gymnasiums Kornejewka spüren kann.
Kornejewka liegt ungefähr 120 Kilometer südwestlich von Petropawlowsk inmitten der flachen Steppe Nordkasachstans. Es ist ein kleiner Ort mit 5.000 Einwohnern und einer Besonderheit – dem Schulkomplex St. Lorenz. Im Vestibül des Hauptgebäudes stehen Ledersessel, die zum Verweilen einladen. Darin sitzt die Direktorin der Schule Ljudmila Barabasch. „Die Schule gibt es seit 1996“, erzählt sie.

Mit 17 Schülern hatte damals alles angefangen, denn in diesem Jahr wurde der Komplex als erste private Dorfschule in Kasachstan von dem deutschen Missionar Lorenz Gawol gegründet und aufgebaut. Es gab zwei Schulklassen. Alles wurde aus privaten, hauptsächlich deutschen Spendenmitteln finanziert.

„Heute haben wir im Gymnasium 240 Kinder. Davon gehen 90 in den Kindergarten, der ebenfalls zum Schulkomplex gehört. Das sind unsere zukünftigen Schüler“, erklärt Barabasch. „Doch nicht nur dieser. Auch ein Kulturhaus, eine umfangreiche Bibliothek, ein Wocheninternat, eine Sporthalle und auch ein Obst- und Gemüsegarten gehören zur Einrichtung des Gymnasiums“, fügt sie hinzu.

Im St. Lorenz-Gymnasium finden auch Lehrerfortbildungen statt. | Bild: Autor

In der Schule gibt es einen DSD-Raum. An der Wand ist in großen Lettern ein Gedicht von dem Pädagogen Feigenwinter geschrieben, das dem Erziehungsauftrag der Einrichtung entspricht.

Zu der Direktorin gesellt sich nun Pater Janusch Wollnie. Er setzt sich in den Ledersessel neben sie. Er ist seit drei Jahren Generaldirektor des gesamten Schulkomplexes, der zum katholischen Orden Servi Jesu et Mariae gehört. Seine Aufgabe ist die Leitung und Betreuung der Einrichtung. Hierzu zählt auch die Verwaltung der Finanzen, denn alle Arbeit basiert auf privater Grundlage, wird finanziell von der Kirche und von den Eltern getragen. „Oft ist es nicht einfach, die Existenz des gesamten Schulkomplexes einschließlich der Betriebskosten zu sichern“, gibt der Pater zu.

Für 250 Tenge bekommen alle Schüler dreimal täglich eine schmackhafte Vollverpflegung; das dazugehörige Brot wird in der Schule selbst gebacken. Dafür spendete der Orden der Franziskanerinnen aus Vöcklabruck, Österreich, einen Backautomaten. Auch die Internatskosten sind für die Schüler_innen, die aus der Umgebung von Kornejewka kommen, verhältnismäßig preiswert, denn sie sind der Einkommenslage der Eltern angepasst.
Seit 2012 besteht eine staatlich-private Partnerschaft zwischen dem Gymnasium Sankt Lorenz. Ein Vertrag sichert die staatliche Finanzierung aller Lehrer der Schule. „Das ist für unsere Existenzsicherung eine sehr große Hilfe, bemerkt Barabasch.

Eine weitere Besonderheit des St.Lorenz-Gymnasiums ist die Möglichkeit für alle Schüler_innen, das Deutsche Sprachdiplom (DSD) zu erwerben. Hierzu ist ein intensiver Deutschunterricht schon ab dem zweiten Schuljahr mit deutschen Lehrmaterialien notwendig, um im elften Schuljahr die Prüfungen für das Diplom (DSD II) ablegen zu können.

Diese Möglichkeit gibt es seit 2010 und wurde vorbereitet durch die Zusammenarbeit mit dem ZfA-Fachberater Dr. Rainer Zühlke. Dessen Initiative setzte vor vier Jahren die ZfA-Fachberaterin Frauke Woitsch erfolgreich fort. Damals wurden nur vier Diplome vergeben. In diesem Jahr rechnet die Direktorin Ljudmila Barabasch mit 13 DSD -1 und DSD -2 Diplomen.

Ordensschwester Agnes zusammen mit ihrer Klasse. | Bild: Autor

Einen großen Anteil hieran haben nicht nur die einheimischen Deutschlehrer, sondern ganz besonders auch die österreichischen Deutschlehrerinnen Dr. Johanna Pobitzer, Professorin Kunigunde Fürst (Trägerin des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich 2012), Agnes Mayhofer vom Orden der Franziskanerinnnen aus Vöcklabruck in Österreich sowie der deutsche Fachschaftsberater Markus Engel, der bis 2013 in Kornejewka tätig war.

Die Motivation der Schüler_innen, die deutsche Sprache zu lernen und die Sprachdiplome zu erwerben, ist sehr ausgeprägt. Dies sieht jeder Besucher des St. Lorenz-Gymnasiums sofort. Anreize sind nicht nur die spätere Studienmöglichkeit in Deutschland und Österreich, sondern auch die besondere Atmosphäre an der Schule selbst. So werden regelmäßig Schulappelle in deutscher Sprache durchgeführt. Auch im Internat hört man viele deutsche Gespräche zwischen älteren und jüngeren Schülern. Absolventen des Deutschen Sprachdiploms haben nicht nur die Möglichkeit, sich an einer deutschen Uni zu bewerben, sondern auch an einem Studienkolleg, um anschließend ein Studium eigener Wahl kostenlos aufnehmen zu können.
„In Kasachstan selbst haben wir in den letzten Jahren erfolgreich Beziehungen zu anderen DSD- Schulen aufgebaut, so zum Gymnasium Nr. 1 in Petropawlowsk und zum Gymnasium Nr. 46 in der Hauptstadt Astana“, ergänzt Direktorin Barabasch.

Gemeinsame Deutschstunden in Astana oder auch in Kornejewka sind für die Schüler_innen immer wieder spannend. Auch für die Hauptstädter ist es interessant, einmal im Dorfleben zu schnüffeln, wie auch für die Kinder aus Kornejewka etwas besonders war, die typische Stadtatmosphäre einzufangen.

Ab September 2014 wird Dr. Bärbel Gutzat, eine Spezialistin aus Deutschland die Schüler_innen des Gymnasiums für ein ganzes Jahr unterrichten und den Deutschlehrkräften beratend zur Seite stehen.

Von Dr. Stefan Woitsch

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