Am 30. Januar fand das Seminar „Grundlagen und Entwicklung des Parlamentarismus. Deutsche und Kasachische Verfassungsgeschichte“ im National-museum der Republik Kasachstan in Astana statt. Die Veranstaltung wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kasachstan in Kooperation mit dem Nationalmuseum organisiert.

Im Rahmen der Veranstaltung besuchten die Teilnehmer die Ausstellung „Die Kraft der Sprache bildet Völker. Leben und Wirken der Brüder Grimm“, die vom Nationalmuseum und von der Deutschen Botschaft in Kasachstan organisiert wurde. Die Bedeutung der Ausstellung und der Beitrag der Gebrüder Grimm im rechtlichen System wurden in der anschließenden Paneldiskussion vorgestellt. Die Gebrüder Grimm und ihre Tätigkeit haben solche Konzepte wie liberale Werte, Menschenrechte und Verfassung weiterentwickelt. Das sieht man auch in der Ausstellung neben den wunderschönen Märchenexponaten.

An der Paneldiskussion nahmen Experten aus Kasachstan und Deutschland zu den folgenden Themen teil: „Der deutsche Vormärz und der Beitrag zur deutschen Verfassungsgeschichte“, sowie „Grundzüge des deutschen Grundgesetzes – Garantie und Absicherung“. Auch die kasachische Verfassungsgeschichte wurde natürlich im Rahmen des Themas „Geschichte des kasachischen Konstitutionalismus“ präsentiert. Eröffnet wurde die Veranstaltung von den Leitern des KAS-Auslandsbüros und des Nationalmuseums, sowie vom Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Republik Kasachstan, S.E. Rolf Mafael.

Rolf Mafael
Rolf Mafael

Verfassungsgeschichte und Nationenbildung sind eng verknüpft. Diese Geschichte zeigt insgesamt den Prozess der Entstehung der Begriffe „Nation“ und „Staat“. Daher ist die Entwicklung des Parlamentarismus nur durch die Analyse der Geschichte und Entwicklung der Verfassung möglich, kommentierten mehrmals auch die Teilnehmer der Veranstaltung. Sie betonten, wie wichtig die Bedeutung des Seminars ist. Der Vortrag vom Leiter des KAS-Auslandsbüros, Thomas Helm, widmete sich der sogenannten „Deutschen Periode des Vormärz“ (die Zeit vor der März-Revolution 1848). Diese Zeit kann durch den Begriff „Liberalisierung“, die Werke der Gebrüder Grimm und durch andere Besonderheiten charakterisiert werden. In seinem Vortrag betonte Helm, dass diese Periode eine der Grundlagen des modernen Grundgesetztes von 1949 sei.

Über andere historische und juristische Grundlagen des Deutschen Grundgesetzes sprach der DAAD-Fachlektor für deutsches Recht an der KAZGUU-Universität, Michael Wilding. Er betonte in seiner Präsentation, dass historisch nicht ganz klar war, welche Staatsform man auswählen sollte. Es geht um die Streit zwischen den Anhängern des Föderalismus und denen des unitarischen Systems. Selbst der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer sprach von der hohen Bedeutung des Föderalismus, als eine Bedingunge für Demokratie und Gewaltenteilung. Nicht unwichtig waren auch die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. Die Erfahrungen dieser Zeit wurden im heutigen Grundgesetz berücksichtigt.

Dr. Muslim Khassenov, Dozent der Eurasischen Nationalen Gumilev Universität, Gastwissenschaftler an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und Altstipendiat der KAS, stellte die Geschichte des kasachischen Konstitutionalismus vor, mit der Berücksichtigung der Besonderheiten der Vergangenheit und der modernen Entwicklung des Landes. Dabei sprach er auch über die Bedeutung der modernen Verfassungsreform. An seiner Präsentation wurde deutlich, dass schon seit mehr als 100 Jahren über die Werte diskutiert wird, die auch heute noch auf der ganzen Welt von Belang sind: Es geht es um universelle Menschen-, Eigentums– und Frauenrechte, die Notwendigkeit der Gewaltenteilung und die erforderlichen Machtinstitutionen.

Teilnehmer fragten auch zu den Themen Flüchtlinge und Asylrecht in Deutschland, der Grenze zwischen Freiheit und Sicherheit sowie zu aktuellen sozialen Fragen in Kasachstan, die unter anderem das Ausbildungs-, Renten-, und Gesundheitssystem betreffen.

Eine Verfassung beantwortet die Frage, wie und inwieweit die Bürgerrechte garantiert werden – die Analyse ihrer Geschichte und Entwicklung ist daher für eine sichere Gegenwart absolut notwendig. Wie eine der Teilnehmerinnen betonte, ist eine Verfassung nur „Produkt der Vertragstheorie“. Es ist wichtig zu sagen, dass es ohne Theorie schwierig ist, sich in der Praxis zu orientieren. Die Orientierungspunkte der Theorie spiegeln sich auch in der Menschheitsgeschichte wider. Die Erfahrung der Vergangenheit und ein internationaler Vergleich helfen, um die Theorie für ein gutes Leben der Bürgern zu verbessern.

Nurgul Adambayeva

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