Claus Dieter Storm ist im Rahmen des kasachstanisch-deutschen Lehrerentsendeabkommens als Fachberater für Deutsch in Kasachstan. Er betreut ausgewählte Schulen mit vertieftem Deutschunterricht und ist Prüfungsvorsitzender für das Deutsche Sprachdiplom.

Der einheitliche nationale Hochschultest E.N.T., die obligatorische Hürde vor dem Besuch der Universität, besteht in Kasachstan nun seit einem Jahr. Vor zwei Monaten fanden die zweiten landesweiten E.N.T.-Tests statt. Man kann nun also ein vorläufiges Urteil fällen. Unterm Strich fällt die Bilanz positiv aus. Der Grundgedanke der E.N.T ist angekommen, sowohl in den Schulen als auch in den Elternhäusern: Es muss etwas gelernt werden. Ohne Lernen, ohne Fleiß und Begabung, ist die Hürde E.N.T. nicht zu nehmen. Und ohne E.N.T. ist kein Studium möglich.

Man kann nun natürlich gegen den zweiten Testdurchlauf einwenden, dass der  Grundgedanke zwar angekommen sei, aber es dieses Mal wieder einige gegeben habe, die sich die Testfragen und -antworten vorher gekauft hätten. Dass es also wieder das alte, bekannte Lied mit den Bildungsmöglichkeiten in dem Land sei.

Nur ist zu solchen Einwänden zu sagen, dass es sich um Ausnahmen handelte bei den Bestechungsversuchen. Vielleicht waren es einige hundert oder tausend, die gegen Geld den Test bestanden, doch das ist auf die Gesamtsumme der geprüften künftigen Studenten gerechnet eine winzige Zahl, weniger als ein Prozent. Und diejenigen Beschäftigten in der Datenverarbeitung, die die Tests vorher illegal für teures Geld verkauft hatten, seien inzwischen gefeuert worden, wie mir ein Informant mitteilte.

Es ist besser geworden an den Schulen und Universitäten alles in allem. Man hat sich auf die neue Realität eingestellt und bietet schon Monate vor dem E.N.T.-Termin Trainingskurse an. An einigen Schulen geht das sogar schon so weit, dass kaum noch im planmäßigen Lernstoff vorangeschritten und die meiste Zeit aufs Wiederholen und Einüben der standardisierten Fragetypen verwendet wird.
Manche Schulen bieten nun Zusatzkurse an. Das schafft zusätzliche Arbeit und dadurch wohl auch die dringend benötigten zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten für die Lehrer. Andererseits zeigt es aber auch, dass die Schulen noch immer Schwierigkeiten haben, den geforderten Lernstoff in der vorgegebenen Zeit sicher zu vermitteln. Das aber ist die wichtigste Aufgabe der Schulen – nicht das sture Training fürs E.N.T..

Nun gibt es Anzeichen dafür, dass das Niveau der Teste gesenkt werden könnte. Eine Niveausteigerung ist bei den Fremdsprachentests jedenfalls keine festzustellen. Von Schulen und Universitäten, die intensiven Fremdsprachenunterricht erteilen, höre ich, dass durch die fast hundertprozentige Orientierung auf Grammatik- und Wortschatzfragen die E.N.T.-Testergebnisse ein schiefes Bild zeigten: Obwohl die Tests relativ „gut“ ausfallen, was sich an hohen Punktzahlen manifestiert,  haben die Prüflinge doch keine wirklich guten Sprachfähigkeiten gezeigt.

Das vorläufige Fazit: E.N.T. ist ein im Kern unbestrittener Standard geworden, und man geht nun insgesamt entspannter als noch vor einem Jahr damit um. Jedoch scheint es zur nachhaltigen Qualitätssteigerung in der Schulbildung noch ein weiter Weg.

26/08/05

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