Ende September wurde im Zentralen Staatlichen Museum eine Sonderausstellung über das Volk der Uiguren eröffnet. Bis 19. Oktober noch kann man dort Alltagsgegenstände aus verschiedenen Epochen der Minderheit, die in Kasachstan und China lebt, bewundern.

Fein gearbeitete Stirnbänder, Ohrringe, Armbänder und Brustgehänge sind die besondere Attraktion der derzeitigen Sonderausstellung im Zentralen Staatlichen Museum in Almaty. Besonders den weiblichen Besuchern dürfte der schöne Schmuck, der in den Vitrinen glitzert, gefallen. Besondere Aufmerksamkeit zieht eine Kette auf sich, an der ein kleiner, reich verzierter Kasten, hängt. Das sei auch der Sinn der Sache, erklärt Guzelia. Sie sitzt inmitten der Vitrinen. Ihre Aufgabe ist es, das Gästebuch zu bewachen und interessierten Besuchern die Ausstellung zu erklären. Solch aufwändiger Brustschmuck, „Tumar“ genannt, solle die Aufmersamkeit des Gegenübers vom Gesicht ablenken. Warum das nötig sein sollte, kann sie allerdings auch nicht sagen. Alle erdenklichen Materialien wurden verwendet, Bronze und Silber genauso wie verschiedene Edelsteine. Sogar Haarbüschel sind in einem Stück verarbeitet. Die Uiguren-Ausstellung des Zentralen Staatlichen Museums befindet sich in Saal 3, wo sie sich den Platz mit den ständigen Austellungsstücken des Museums teilen muss. Etwa die Hälfte des Saales ist für die Uiguren, eine Minderheit in Kasachstan reserviert. Alle Stücke sind eine Leihgabe des Antiquitätensammlers Prinz Azat Akimbek, nichts davon gehört dem Museum. So fällt auch die Auskunft der Museumsbediensteten recht kurz aus: „Ja ja, das ist die Uiguren-Ausstellung.“ Akimbek ist selbst Uigure, an einer Stellwand sind seine eigenen Vorfahren zu sehen.

Die Herkunft der Uiguren

Man sieht vor allem Gebrauchsgegenstände wie Kleidung, Teller, Töpfe und Ähnliches – nicht zu vergessen die allgegenwärtigen Teppiche. Das meiste davon stammt aus dem 18. Jahrhundert, es finden sich aber auch Terrakottafigürchen und andere archäologische Funde aus dem 3. bis 4. Jahrhundert n. Ch. Die Uiguren galten als das am höchsten entwickelte Volk auf dem Gebiet der heutigen Mongolei. Ihr Großreich erstreckte sich während seiner Blütezeit von 745 bis 840 von der Mongolei bis zum Aralsee. Von ihren Errungenschaften und Fähigkeiten profitierten auch andere mongolische Stämme wie zum Beispiel der des Dschingis Khan. Zeugnisse ihres reichhaltigen Schrifttums sind ebenfalls zu bewundern, allerdings bleibt es bei der Bewunderung des Schriftbildes. Die Schriftzeichen sind arabisch und sehr kunstvoll ausgeführt. Das Turkvolk der Uiguren ist ursprünglich westtürkischer Herkunft, während die Kasachen zu den östlichen Turkvölkern gezählt werden. In Kasachstan stellen die Uiguren heute mit etwa 300.000 Personen eine Minderheit, der Hauptteil ihres Volkes lebt im Autonomen Gebiet Xinjang im Norwesten der Volksrepublik China.Es gibt seit Jahren Bestrebungen, staatliche Unabhängigkeit von China zu erlangen. Dieses Vorhaben führt immer wieder zu Unruhen in Xinjang, dessen Hauptstadt Ürümqi ist.

Religiöse Wandlungen

Auf die Frage, wie es sich in Kasachstan als Uigurin lebt, antwortet Guzelia: „Es ist eigentlich nichts Besonderes dabei. Wir haben unsere eigenen zusätzlichen  Feiertage, aber das ist auch schon alles.“ Im Moment sei Fastenzeit, jetzt dürfe sie ab 4 Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang nichts mehr essen. Die Uiguren waren allerdings nicht immer Moslems. In einer weiteren Vitrine sind zwei eigenartig geformte Ohrringe ausgestellt. Das seien Schmuckstücke aus der Zeit, als ihr Volk noch vorwiegend buddhistisch geprägt war, meint Guzelia und weist auf die Drachenform hin. Auch eine christliche Epoche findet sich in der Geschichte des Uigurenreiches, das seine Blüte zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert n. Ch. erlebte. Es lohnt sich auch, einen Blick auf die ausgestellten Musikinstrumente zu werfen, uigurische Handarbeit aus dem 18. Jahrhundert. Flöten, Saiteninstrumente und eine Dschimbel – das Stück Holz, das darauf liegt, ist allerdings kein Schläger, sondern ein Nudelholz – sind zu bestaunen. Der interessierte Besucher kann sich unter Umständen auch ein Stück der Uiguren-Kultur mit nach Hause nehmen. Gleich am Eingang  hat der uigurische Künstler Aschim Kurban ein paar seiner Arbeiten ausgestellt, in seinem Atelier kann man sie käuflich erwerben. Der Besuch der Ausstellung lohnt sich auf jeden Fall, man sollte sich aber beeilen, da diese Sonderaustellung nur noch bis zum 19. Oktober zu sehen ist. Aber auch sonst hat das Zentrale Staatliche Museum viel zu bieten, von archäologischen Funden über die frühe Besiedelung Kasachstans und einer Abteilung über die Seidenstrasse bis hin zu unzähligen Ausstellungsstücken aus dem Alltagsleben  verschiedener Jahrhunderte. Auf keinen Fall entgehen lassen sollte man sich den „Altyn Adam“, die goldverzierte Lederrüstung eines sakischen Kriegers, die in der Nähe von Almaty gefunden wurde. Wenn man das Museum betritt, befindet sich die Vitrine direkt vor den Augen des Besuchers.

Zentrales Staatliches Museum, Mikrorajon Samal – 1, Haus 44; Tel.: 642200
Täglich außer Dienstag von 9.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

14/10/05

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