Es gibt Dinge, die bleiben für mich un(an)greifbar. Dazu gehören ganz besonders Betriebsräte und Vorstände. Durch meine aktuellen Begegnungen wurde es nicht besser.

Wenn ich die Wörter „Betriebsrat“ oder „Vorstand“ denke, denke ich an ein Gremium vieler Menschen, die sich wie der Elferrat oder die zwölf Geschworenen beraten, diskutieren und Entscheidungen fällen. Insofern es sich um eine Funktion und Institution handelt, kann man keinen Schuldigen oder Verantwortlichen identifizieren und am Schlawickel packen. Genauso gut kann ich auf „den Staat“ sauer sein, an „der Gesellschaft“ verzweifeln oder „die Medien“ in die Verantwortung ziehen. Macht für mich irgendwie keinen Sinn. Mir hat sich inzwischen zwar auch erschlossen, dass ein Betriebsrat oder ein Vorstand auch eine einzelne Person sein kann – „Ich bin Betriebsrat“, aber ich verstehe trotzdem noch nicht, wohin jemand geht, wenn er zum Betriebsrat geht; ob in einen Raum, zu einer bestimmten Person oder zu einer Versammlung. Und wenn der Betriebsrat etwas klärt, ob er das in seiner Funktion ganz allein entscheiden darf oder Vorgänge durchlaufen muss, in die viele andere Menschen involviert sind.

Meist klären sich meine Irritationen durch persönliches Erleben auf. Das will mir in meinen aktuellen Fällen, in denen ich mit Vorständen konfrontiert bin, nicht gelingen. Im Gegenteil. In dem einen Fall entscheidet ein Kirchenvorstand, ob ich einen eigenen Kirchenschlüssel haben darf. Und das nun schon seit August letzten Jahres! Dieser Vorgang besteht nach meinem Verständnis aus den Etappen:

1. Der Kirchenvorstand (ob Gremium oder Person, habe ich in diesem Fall nicht verstanden) entscheidet, ob ich einen Schlüssel haben darf.
2. Ich unterschreibe ein Dokument, dass ich bereit bin, Orgeldienste zu übernehmen.
3. Ich unterschreibe ein Dokument, dass ich sorgsam mit dem Schlüssel umgehe.
4. Ich erhalte den Schlüssel. Ich habe mal durchgerechnet, wie viel Zeit das in Anspruch nehmen würde. Und komme auf 7,5 Minuten. Reine Bearbeitungszeit. Wenn ich großzügig Puffer für die Abwicklung einbaue (Warte-, Entscheidungs– und Bedenkzeiten; gesundheitsbedingte Dienstausfälle und ungeahnte Vorgänge), dann wären vier Wochen realistisch, acht Wochen mit Geduld und Nachsicht einigermaßen nachvollziehbar. Um das aufzuklären oder zu beschleunigen, fehlt mir ein Ansprechpartner. Den es zwar wohl irgendwie gibt, der aber vor mir abgeschirmt wird (aus gutem Grund!). Zudem kann ich nicht einordnen, ob diese Person 1:1 der entscheidende Vorstand ist oder nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Es bleibt rätselhaft.

Im anderen Fall wollte ich eine Migrantenorganisation per Honorar mit einem Arbeitspaket beauftragen. Viele Wochen blieben meine diversen Anfragen mit dem Hinweis unbeantwortet, dies müsse der Vorstand entscheiden. Bis schließlich auf eine erneute hartnäckige Nachfrage ein knappes Nein kam. Im dritten Fall bremst der Vorstand, wer oder was auch immer das dort ist, die Weiterentwicklung des Betriebs massiv aus. Auch dort mangelt es seit vielen Wochen, gar Monaten an Transparenz, Betriebsamkeit, Entscheidungsfreude und Effektivität. Hingegen zeigt sich der Vorstand unglaublich resistent, jeglicher Vorschlag oder Aufstand läuft ins Leere.

Fazit: Wenn künftig noch mal ein Vorstand ins Spielt kommt, nehme ich die Beine in die Hand und laufe ganz schnell weg.

Julia Siebert

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