Seit Jahren wächst Chinas Volkswirtschaft beständig. In fünf Jahren wird das Reich der Mitte Deutschland und die USA überholen und die größte Exportnation der Welt sein. Eine Chance für den Nachbarn Kasachstan – entsprechende Transport- und Rahmenbedingungen vorausgesetzt.

Seit Jahren wächst Chinas Volkswirtschaft beständig. In fünf Jahren wird das Reich der Mitte Deutschland und die USA überholen und die größte Exportnation der Welt sein. Eine Chance für den Nachbarn Kasachstan – entsprechende Transport- und Rahmenbedingungen vorausgesetzt.

Dank gradueller marktwirtschaftlicher Reformpolitik ist Chinas Wirtschaft in den letzten 20 Jahren im Schnitt um fast zehn Prozent pro Jahr gewachsen. Trotz makroökonomischer Herausforderungen, wie Stabilisierung des Bankensektors oder weiterer Liberalisierung des Wechselkursregimes, scheint der Expansionspfad der chinesischen Volkswirtschaft intakt.

Gemäß einer jüngsten Studie der OECD wird China in absoluten Zahlen bis zum Jahre 2010 zur größten Exportnation aufsteigen und damit den heutigen Spitzenreiter USA sowie den Exportweltmeister Deutschland überflügeln. Chinesische Güter und Dienstleistungen könnten dann einen Anteil von zehn Prozent am gesamten Welthandel haben. Derzeit entfallen sechs Prozent des internationalen Handelsvolumens auf chinesische Güter.

Kasachstans großer Nachbar 2010 Exportweltmeister

Von der wirtschaftlichen Dynamik und der damit einhergehenden steigenden Nachfrage nach Energie im Nachbarland könnte vor allem Kasachstan profitieren, dass mit China eine gemeinsame Grenze über 1.7000 Kilometer teilt. Denn Nachbarstaaten mit kultureller Nähe verfügen über besonderes Handelspotenzial. Zumal China hinter Russland schon jetzt der wichtigste Handelspartner Kasachstans ist. Kasachstan exportiert viele Güter und Rohstoffe nach China, die sich dort steigender Nachfrage erfreuen. Vor fünf Jahren betrug das Handelsvolumen zwischen China und Kasachstan etwa 1,5 bis zwei Milliarden US-Dollar pro Jahr. Heute werden jedes Jahr Waren im Wert von etwa fünf Milliarden ausgetauscht und bis 2010 soll sich das bilaterale Handelsvolumen auf zehn Milliarden US-Dollar verdoppeln.

Die bilateralen Außenhandelströme Chinas und Kasachstans sind nahezu ergänzend und verfügen über besonderes Potenzial. Vor allem geologisch bedingt, denn die wichtigsten kasachischen Exportgüter sind Öl und Ölprodukte, Rohstoffe und Chemikalien – China importiert vor allem Chemikalien, Rohstoffe sowie Öl- und Ölprodukte. Aus dem Reich der Mitte werden vor allem Maschinen, Eisen, Stahl und Metallprodukte exportiert – Kasachstans Importströme sind von eben solchen Produkten gekennzeichnet und chinesische Firmen zeigen zunehmend Interesse am zentralasiatischen Markt. Wan Xiao Schu, Direktor des Schanghaier Instituts für Internationale Studien, formulierte treffend: „Ihr, die Kasachen, braucht neue Ölexportrouten, und wir neue Energiequellen.“

Ausbau der Wirtschaftskontakte auf der Agenda

Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zum beidseitigen Vorteil ist ein besonderes Anliegen der Politspitzen beider Länder. Seit sich die chinesisch-kasachischen Beziehungen durch Grenz- und Kooperationsabkommen verbessert haben, man auf politischer Ebene und in regionalen und internationalen Sicherheitsfragen eng kooperiert und Kasachstan beispielsweise Pekings „Ein-China-Politik“ unterstützt, finden seit zwei Jahren regelmäßig Konsultationen zu Handels- und Wirtschaftsfragen auf höchster Ebene statt. Zuletzt Anfang Juli in Astana mit über 200 Wirtschaftsvertretern aus beiden Ländern. Es gibt eine gemeinsame Kommission, die sich den chinesisch-kasachischen Beziehungen widmet und ein spezielles Unternehmerforum. Das nächste Treffen dieser Gremien wird im kommenden Jahr wieder in China stattfinden.

Das WTO-Mitglied China hat Kasachstan zugesagt, im Rahmen der WTO-Beitrittsgespräche Unterstützung zu leisten. Der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew bezeichnete die wirtschaftliche Reformpolitik Chinas als Vorbild. China betrachtet Investitionen aus Kasachstan mit Wohlwollen, und in Kasachstan läßt man chinesische Baufirmen am Bauboom partizipieren. Ebenso wird die Teilhabe Chinas an der Erdöl- und Erdgasförderung im Land gefördert. Ausdruck der neuen strategischen Partnerschaft sind Pipelineprojekte, wie die von einem Joint-venture mit 50-50-Beteiligung projektierte eine Milliarde teure 1000-Kilometer Verbindung Atasu-Alaschankou oder die jüngst erfolgte Übernahme von PetroKazakhstan durch die staatliche chinesische CNPC für rund vier Milliarden US-Dollar. Auch Kasachstan investiert im Nachbarland. Ein Vorzeigebeispiel ist die 20 Millionen US-Dollar teure Abfüllanlage des Getränkeherstellers Raimbek Food in Sinkiang.

Damit nicht nur der kleine Grenzhandel floriert, sondern das Handelspotenzial zwischen China und Kasachstan voll ausgeschöpft werden kann, sind indes noch erhebliche Anstrengungen vonnöten – vor allem bei der Infrastruktur. Derzeit gibt es nur einen Eisenbahn- und einen PKW- und LKW-Übergang mit jeweils zu geringer Transportkapazität. Die Grenz- und Zollformalitäten beanspruchen viel Zeit – die Ladung muss lange an der Grenze verweilen.

Optimimus und getrübte Stimmung

Neben dem offiziellen Optimismus über das Zukunftspotenzial der chinesisch-kasachischen Wirtschaftsbeziehungen mehren sich in Kasachstan auch kritische Stimmen. Genauso wie in Europa fürchtet man auch in Zentralasien, dass chinesische Billigprodukte die einheimischen Märkte überschwemmen könnten und die einheimische Konkurrenz verdrängen – zumal die kleinen Volkswirtschaften Zentralasiens noch wenig dem internationalen Wettbewerb gewachsen sind. China könnte die zentralasiatischen Republiken in Zukunft gar wirtschaftlich dominieren. Peking gewährt Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan beträchtliche Darlehen in chinesischer Währung um seine Produkte zu verkaufen. Chinesische Investitionen und ihnen folgende Händler zeugen von dem wachsenden wirtschaftlichen Einfluss Chinasin Zentralasien. Russland scheint kein ernsthafter Konkurrent mehr zu sein – selbst im traditionell dominierten Rüstungssektor.

Kasachische Produzenten, vor allem aus dem nördlichen Landesteil, beklagen sich bereits über den rapide ansteigenden legalen oder illegalen Import billiger chinesischer Konkurrenzprodukte; besonders von Schuhen und Kleidung. Reisproduzenten aus dem Süden Kasachstans kritisieren den Import von mit Blei verseuchtem Reis minderer Qualität aus China. Der WTO-Beitritt Kasachstans – nach derzeitigem Verhandlungsstand im kommenden Jahr möglich – wird die legalen Importe aus China nach Kasachstan und die Konkurrenz auf dem kasachischen Markt erhöhen. Inländische Produzenten müssen sich dem Wettbewerb stellen und effizienter werden. Verlässliche Mechanismen zur Kontrolle illegaler chinesischer Einfuhren müssen erst noch implementiert werden.

23/09/05

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