Daniel Giebelhausen war als Sprachtester für Spätaussiedler in Kasachstan und Kirgisistan unterwegs. Eine nicht immer ganz einfache Aufgabe. Im Gespräch mit der DAZ berichtet er über seine Arbeit und Eindrücke.

Deutsche Sprache – schwere Sprache, heißt es oft. Doch wer in Deutschland leben will, sollte zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache mitbringen. Das gilt insbesondere für Spätaussiedler, die nun ihr Heimatland verlassen wollen, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Knapp 1.700 Menschen waren es allein bis Mai 2016, die meisten davon aus Russland und Kasachstan.

Daniel Giebelhausen arbeitet als Sachbearbeiter für Spätaussiedlerfragen beim Bundesverwaltungsamt (BVA) in Hannover. Von März bis Juni dieses Jahres war er als Sprachtester in Kasachstan und Kirgistan für das Auswärtige Amt unterwegs. „Antragsteller müssen in der Lage sein, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen. Das können zum Beispiel Gespräche über die Familie, Arbeit oder den Urlaub sein“, erzählt er der DAZ im Interview.

Wie so ein Gespräch denn ablaufe? „Zuerst fragen wir den Antragsteller – auf Russisch – von wem er denn Deutsch gelernt hat, familiär oder in der Schule. Dann überprüfen wir die Personalien und schauen, ob auch wirklich die richtige Person vor uns sitzt. Danach fängt das eigentliche Gespräch an, und man schaut, wie es sich entwickelt. Gibt es bereits bei einfachen Fragen Verständigungsprobleme, wie zum Beispiel ‚Wie geht es Ihnen?‘, kann man schon ahnen, wie das Ergebnis ausfällt.“

Anstieg der Anträge auf Aussiedlung

Vorhandene Sprachkenntnisse sollen den Spätaussiedlern die Integration in Deutschland erleichtern. „Vor allem wenn Deutsch durch die Familie erlernt wurde, übertragen sich Wörter, die vor 200 Jahren benutzt wurden, heute aber kaum mehr in Gebrauch sind. Andersherum nutzen wir heute in Deutschland Wörter, die ein deutscher Muttersprachler aus Kasachstan nicht versteht, wenn er keinen Sprachkurs gemacht hat“, so Giebelhausen.

Das Ergebnis erhalten die meisten erst nach zwei bis drei Monaten. Denn selbst nach bestandenem Sprachtest kann es sein, dass eine der anderen Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfüllt ist und der Antrag abgelehnt wird. Zu den weiteren Kriterien gehören das Bekenntnis zur deutschen Nationalität und der Nachweis über die deutsche Abstammung.
Seit einer Gesetzesänderung 2013 sind Voraussetzungen für die Anerkennung als Spätaussiedler erheblich gelockert worden, was zu einem merkbaren Anstieg der Anträge und somit zu den Sprachtests geführt hat. Auch viele, die bereits abgelehnt worden waren, nutzen die neue Rechtslage für eine Wiederaufnahme ihres Aufnahmeverfahrens, so wie Igor Kormilin. Der 56-jährige war am Montag extra für seinen Sprachtest aus Schymkent angereist. Deutsch hat er eigentlich von seiner Mutter und Großmutter gelernt, allerdings ist es in den vergangenen Jahren etwas eingerostet. „Wir brauchen es im Alltag einfach nicht“, erklärt er.

In die umfangreichen Details über das Aufnahmeverfahren musste sich Giebelhausen, der 2014 von der Bundeswehrverwaltung zum BVA kam, auch erst einarbeiten. Doch die Arbeit macht Spaß, vor allem als Sprachtester. „Sonst bearbeite ich Akten und hier trifft mal auf die Menschen und sieht, wie es im Herkunftsgebiet eigentlich ist. Ich hatte davor keine große Vorstellung, wie es hier ist.“

Akten und Familienschicksale

Während der vergangenen drei Monate hat er rund 300 Sprachtests in Astana, Bischkek und Almaty durchgeführt. Als Entscheider über Familienschicksale sieht sich Giebelhausen jedoch nicht: „Hier bin ich ja nur die feststellende Instanz darüber, ob jemand Deutsch spricht oder nicht.“ In Deutschland entscheide er als Sachbearbeiter zwar über Anträge, aber da gebe es eben welche, die positiv und andere, die negativ entschieden werden. „Man freut sich einfach, wenn man wieder eine Akte fertigbearbeitet hat“, sagt er, „aber ich fühle mich jetzt nicht in einer besonderen Machtposition, wo man entscheidet, wer darf und wer nicht darf.“
Grundsätzlich betrachtet der 38-jährige den Entscheidungsprozess nüchtern. „Wir sind als Beamte ja dazu verpflichtet, unvoreingenommen zu sein.“ Hinzu kommt, dass er normalerweise nur die Akten, aber nicht die Menschen zu Gesicht bekommt. Als Sprachtester habe ihn das Schicksal mancher Menschen schon berührt, erzählt Giebelhausen. „Aber das darf und wird mich in meiner Arbeit nicht beeinflussen.“

Kormilin kann nach seinem Test nicht genau einschätzen, wie das Gespräch gelaufen ist. „Wir haben vor allem über die Familie geredet und welche Verwandten und Freunde schon in Deutschland leben.“ Er hofft nun auf einen positiven Bescheid, damit er und seine Frau Ljudmila bald zu ihrer Tochter nach Deutschland können.

Für Giebelhausen war es der erste Aufenthalt in Kasachstan. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, würde er aber gerne wiederkommen.

Othmara Glas

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