Im Moment vollziehen sich erhebliche Veränderungen im internationalen Bankensektor. Die Informationen deuten darauf hin, dass die Zukunft des Bankgeschäftes in China liegt. Denn mit der Industrial & Commercial Bank of China und der China Construction Bank führen zwei Konzerne aus dem Reich der Mitte die Liste der international wertvollsten Banken an.

Beide Banken haben eine Börsenkapitalisierung von jeweils über 200 Milliarden Dollar. Dieser Wert wird vom Markt bestimmt, d. h. von der Entwicklung der Nachfrage nach den Aktien dieser Banken. Natürlich kann eine gesteigerte Aktiennachfrage auch stark spekulativ geprägt sein, was den Aktienkurs unbegründet in die Höhe treibt und die Stärke der Banken überzeichnet. Doch das ist hier nicht der entscheidende Faktor.

Interessant ist, dass auf Platz drei der Liste mit der auch in Kasachstan präsenten HSBC eine Bank steht, die ihre Wurzeln ebenfalls in China hat und ihr Hauptgeschäft in den Schwellenländern macht. HSBC hat zwar gegenüber dem Börsenwert von vor drei, vier Jahren etwas verloren. Das ist insbesondere dem Ausflug in die Finanzierung von Kosumentenkrediten in den USA geschuldet, wo eine ganze Reihe ausländischer Banken ordentlich Geld verbrannt hat.

Wenn man diesen Aspekt außer Betracht lässt, dann steht HSBC mit seinen Geschäften in den Schwellenländern immer noch bestens da. Allerdings waren in der Vergangenheit nicht alle Schwellenländer ein gleich gutes Pflaster. Osteuropa zum Beispiel war in der Krise kein guter Platz, wie die italienische Unicredit mit seinen Tochtergesellschaften dort ziemlich leidvoll erfahren musste.
Interessant ist auch festzustellen, was heute im Vergleich zum Vorkrisenstand weitgehend unverändert geblieben ist. Da ist unter anderem die Börsenkapitalisierung von Goldman Sachs – einer vor dem Bankrott geretteten, aber dennoch mit genügend Problemen ausgestattete US-Bank – zu nennen. Deren Börsenwert liegt wieder bei 85 Milliarden Dollar, also haben viele Anleger in der Phase des Tiefes des Wertes dieser Aktie an die Zukunft der Bank geglaubt und die Papiere gekauft. Unverändert ist auch der Wert der größten deutschen Geschäftsbank – der Deutschen Bank. Deren Wert liegt bei 40 Milliarden Dollar, womit man sehr weit davon entfernt ist, in die Liste der Großen dieser Bankenwelt zu gehören.

Neben den bekannten Verlierern der Krise, wie die Schweizer Großbank UBS, haben auch einige als solide geltenden Banken in Frankreich, Spanien und Italien im Laufe der Krise deutlich an Börsenkapitalisierung eingebüßt. Der Markt hat die hier noch zu vermutenden Firmenpleiten schon vorweggenommen und das in den Börsenwert eingepreist.

Insgesamt haben letztlich nur chinesische und amerikanische Banken die Spitzenpositionen getauscht, die vor der Krise Führenden sind auch jetzt noch oben.

Generell ist es schon logisch, dass sich chinesische Unternehmen, darunter eben auch Banken, schrittweise immer weiter im Vorderfeld der internationalen Giganten platzieren. Man kann das, muss es aber nicht, als Bedrohung begreifen. Strukturwandel jeder Art birgt Risiken und bringt auch Chancen. Das Verschließen der Augen davor kann zum eigentlichen Problem werden, nicht der Prozess an sich.

Schaut man auf die Struktur der führenden Banken von vor etwa 20 Jahren, ist leicht festzustellen, dass die damals führenden japanischen Großbanken im heutigen Reigen keine Rolle mehr spielen. Neben internen Problemen hat auch das zumindest teilweise Ignorieren von Anforderungen an die Veränderung struktureller Arbeitsweisen zu dieser Situation geführt.

Es ist aber nun mal nichts ewig und unveränderlich. Sicher bricht jetzt erst einmal das chinesische Bankenzeitalter an. Danach kommt dann was anderes. Die Welt steht nicht still.

Bodo Lochmann

29/01/10

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