Der Palast des Friedens und der Eintracht sticht aus Astanas Architektur-Potpourri besonders hervor, denn das Gebäude sieht aus wie eine Pyramide. Sie beherbergt unter anderem das Internationale Zentrum der Kulturen und Religionen. Gulnara Schunussowa leitet dort die Analyseabteilung. Im Gespräch mit der DAZ erzählt sie, welchen Beitrag das Zentrum zum multiethnischen Dialog in Kasachstan leistet.

/Bild: Internationales Zentrum der Kulturen und Religionen. ‚Gulnara Schunussowa analysiert religiöse Tendenzen und Entwicklungen.’/

Frau Schunussowa, was sind die Aufgaben des Internationalen Zentrum der Kulturen und Religionen?

Unsere Einrichtung fördert kulturelle und konfessionelle Kontakte mit dem Ausland, dadurch soll die Rolle Kasachstans als ein Zentrum des interkulturellen und interkonfessionellen Dialogs gefestigt werden. Auf dem Territorium Kasachstans leben mehr als 130 Ethnien und 40 Konfessionen friedlich zusammen, wir möchten diese Freundschaft zwischen den Völkern erhalten und ausbauen. Unser Zentrum organisiert daher zahlreiche Veranstaltungen mit Kultur- und Religionsvertretern aus dem In- und Ausland. Außerdem verbreiten wir Informationen über die Weltreligionen und beugen so auch religiösem Extremismus und Terrorismus vor. Wir wollen für alle Einwohner Kasachstans Kultur, Religion und Sprache schützen und entwickeln.

Wie machen sie das konkret?

Seit dem Aufbau des Zentrums beschäftigen sich die Mitarbeiter mit der Planung, Vorbereitung und Durchführung unterschiedlicher Veranstaltungen, die sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene realisiert werden. Unsere erste Veranstaltung nach der Eröffnung des Zentrums war ein runder Tisch zum Thema „Geistige Grundlagen der Toleranz in der polyethnischen und polykonfessionellen Gesellschaft“. Wir haben damit ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld, nämlich die erfolgreiche Zusammenarbeit unseres Zentrums mit Geistlichen aus der Römisch-Katholischen Kirche, der Orthodoxen Kirche, den moslemischen und jüdischen Gemeinschaften erschlossen. Die Vertreter der genannten Glaubensrichtungen nehmen an von unserem Zentrum durchgeführten Veranstaltungen und Maßnahmen teil. Früher war es selten, dass die Anführer der Religionsgemeinschaften Probleme moderner Gesellschaften gemeinsam besprachen. Heute bringt sie das Zentrum der Kulturen und Religionen zusammen.

Die Veranstaltungen klingen alle sehr offiziell, wendet sich das Zentrum auch an „einfache“ Bürger?

Wir haben am 22. März zum Frühlingsfest Naurys eine Veranstaltung organisiert. Kasachen, Aserbaidschaner, Iraner, Türken, Ukrainer, Polen und andere Nationalitäten haben hier zusammen im Palast des Friedens und der Eintracht gefeiert. Außerdem stellen wir bei uns im Zentrum, das übrigens für jedermann offen ist, Werke des Künstlers Armat Bektassow aus. Seine künstlerische Idee entspricht unserem Leitbild – alle traditionellen Religionen und unterschiedlichen Kulturen im Dialog zu vereinigen.

Sie erwähnten, dass das Zentrum auch auf internationaler Ebene agiert. Welche Veranstaltungen haben sie mit internationaler Beteiligung durchgeführt?

In der Öffentlichkeit und unter Wissenschaftlern wurde beispielsweise unsere Konferenz „Vom Dialog der Religionen zur Verständigung der Zivilisationen“ sehr positiv bewertet. Sie fand im Dezember letzten Jahres mit Teilnehmern aus Kirgisistan, Indien, China, dem Iran und der Türkei statt. Auf der Konferenz wurden Themen wie „Das menschliche und moralische Potenzial der Religionen“ oder „Wege zur Stärkung und gegenseitigen Verständigung der Zivilisationen“ diskutiert.

Inwieweit ist die Zusammenarbeit mit Kasachstans starkem Partner im Norden, Russland, für ihr Zentrum von Bedeutung?

Die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Russland ist sehr eng. Der Präsident der Russländischen Assoziation Alexander Dworkin aus Moskau hat unser Zentrum im März dieses Jahres besucht. Gemeinsam mit Professor Dworkin wurden Seminare zum Thema „Das Wesen und die Tätigkeit der neuen und nichttraditionellen religiösen Bewegungen. Risiken und Bedrohungen“ durchgeführt.

Mit welchen speziellen Themen – aus den doch recht allumfassenden Bereichen Religion und Kultur – beschäftigt sich das Zentrum?

Das Zentrum widmet der Rolle der Frau in der Gesellschaft viel Aufmerksamkeit. Wir erkennen die unbestrittene Bedeutung der Frau in der Erziehung der heranwachsenden Generation an. Kürzlich besuchten Frauen verschiedener Konfessionen gemeinsam mit dem Leiter unseres Zentrums ein Kinderheim in Astana. Sie haben dort ihre Hilfe bei der Erziehung angeboten und möchten zukünftig die Kinder mit Traditionen und Bräuchen ihrer Konfessionen bekannt machen.

Wer sind ihre Partner in Kasachstan?

Das Zentrum pflegt auf der nationalen Ebene partnerschaftliche Beziehungen mit der Al-Farabi-Universität, der Eurasischen Universität, der Kasachischen Universität für Wirtschaft, Finanzen und internationalen Handel, der Akademie der staatlichen Verwaltung, dem Kasachischen Institut für Strategische Forschung, dem Präsidenten-Museum, dem Präsidentenzentrum für Kultur, dem Museum der modernen Kunst… Die Liste ließe sich immer weiter fortsetzen, denn meine Kollegen sind ständig auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern im In- und Ausland. Gerade im Ausland suchen wir religionswissenschaftliche Organisationen, mit denen wir einen aktiven Erfahrungsaustausch realisieren können.

Wer organisiert die zahlreichen Seminare, runden Tische und Feste?

Wir sind ein Team von etwa 50 Leuten. Bei uns arbeiten überwiegend Religions- und Kulturwissenschaftler. Sie beherrschen Fremdsprachen, vor allem Englisch, Deutsch, Französisch, Arabisch, Türkisch und Persisch. Viele von ihnen haben im Ausland studiert und verfügen daher nicht nur über ausgezeichnete Fachkenntnisse, sondern auch über interkulturelle Kompetenzen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Ulf Seegers.

12/06/09

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