Um den Euro, die Gemeinschaftswährung von 16 der 27 EU-Länder, gibt es im Moment einigen Wirbel. Seit Jahresbeginn hat er gegenüber dem Dollar um fast zehn Prozent abgewertet. Heute muss man 1,35 Dollar pro Euro zahlen. Anfang Januar waren es noch 15 Cent mehr. Das „Problem Griechenland“ spielt dabei mit Sicherheit eine Rolle, die meiner Meinung nach stark dramatisiert wird.

Zum einen hat es seit Einführung des freien Wechselkurssystems Anfang der 1970er Jahre in den Austauschproportionen der großen Weltwährungen heftige Auf- und Abwertungen gegeben und das wird in Zukunft auch nicht anders sein. Die Wechselkurse zwischen Dollar, Euro, Pfund, Yen usw. werden von Angebot und Nachfrage der entsprechenden Devisen gesteuert. Die Nationalbanken mischen sich in die marktwirtschaftlichen Kursbildungsprozesse nur sehr selten ein, weil sie dazu gewaltige Geldmengen benötigen würden, und vor allem, weil die Marktteilnehmer genauer und schneller als die Beamten einer Nationalbank die Marktprozesse erfassen und bewerten können.

Die Abwertung des Euro, in der auch eine Portion Spekulation steckt, ist eigentlich ein Segen für die Eurozone, zumindest für die meisten Länder derselben. Exporte aus der Eurozone in den Dollarraum werden nun in Dollar billiger, was die Nachfrage nach europäischen Waren steigen lassen wird. Generell ist zu vermerken, dass der Euro auch nach seinem „Absturz“ in den letzten Wochen immer noch überbewertet ist, also eigentlich noch weiter abwerten müsste.

Zur Erinnerung: Beim Start des Euro im Jahre 1999 wurde zum Dollar eine Parität von 1 Euro gleich 1,18 Dollar festgelegt. Grundlage dafür waren die damaligen Kaufkraftparitäten. Diese haben sich in der Zwischenzeit zwar zugunsten des Euro verschoben, da in den USA eine etwas höhere Inflation als in der Eurozone gegeben war, nicht jedoch in dem Maße, dass ein Wechselkurs von mehr als 1,25 Dollar pro Euro gerechtfertigt wäre. Weitere Euroabwertungen wären immer noch normal und aus Sicht der Produzenten, die in den Dollarraum exportieren, auch höchst wünschenswert.

Doch zurück zu Griechenland. Die Finanzlage des Landes ist wirklich kritisch, das Finanzmanagement der Politik höchst fragwürdig. Doch Griechenland zum Speer zu erklären, der den Euro erlegen könnte, ist zu viel aus dem Reich der Phantasie Herbeigeholtes. Griechenlands Anteil am Produktionsvolumen der Eurozone beträgt gerade mal drei Prozent, ist also, wirtschaftlich gesehen, marginal. Anders verhält es sich mit dem Willen zu einem seriösen Finanzgebaren. Das war bis Anfang des Monats wirklich desaströs.

Doch die EU hat nun Druck gemacht und das Land de facto zum Sparen und zugleich zu Reformen gezwungen. Auch wenn sich die EU nicht eingemischt hätte, wäre die befürchtete Katastrophe, also der Staatsbankrott, kaum eingetreten. Zwar können Staaten durchaus zahlungsunfähig werden, „bankrott sein“ ist jedoch eine andere Kategorie. In letzterem Falle müsste das ganze Land liquidiert werden.

Für die Lösung von Zahlungsproblemen gibt es den Internationalen Währungsfonds, der in solchen Fällen hilft, wenn auch nur gegen harte Reformen. Außerdem beweist die Praxis der vergangenen zwei Jahre, dass sich Länder mit soliden Finanzen durchaus bereit erklären, schwächelnden Nachbarn zu helfen, siehe Schweden und Norwegen in Bezug auf Island im vergangenen Jahr.

Der Fall Griechenland ist aus meiner Sicht in verschiedener Hinsicht sogar positiv zu sehen. Er weist auf eine ganze Reihe Mängel in der Konstruktion der Währungsunion hin. Der wichtigste ist wohl, das auf Dauer eine gemeinsame Geldpolitik nicht ohne eine Flankierung durch eine koordinierte Staatshaushaltspolitik und eine koordinierte Wirtschaftspolitik spannungsfrei existieren kann. Das wird bei 16 – in Zukunft noch mehr – Partnern keinesfalls leicht, ist aber dennoch notwendig. Die EU hat Griechenland zum Handeln gezwungen, Griechenland zwingt umgedreht aber auch die EU zum Tätigwerden.

Bodo Lochmann

12/03/10

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