Am 1. Januar des nächsten Jahres beginnt in Kasachstan ein „Fünfjahresplan der beschleunigten industriell-innovativen Entwicklung“. Dieses Programm ist nicht der erste Versuch, das Grundproblem der kasachstanischen Wirtschaft – die einseitige Ausrichtung auf den Rohstoffsektor – zu lösen. Dieser neue Plan ist jedoch eher als Eingeständnis des Scheiterns der bisherigen Programme zu bewerten als ein wesentlicher Schritt in Richtung Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur.

Zur Erinnerung: Bereits vor mehr als sechs Jahren, im Juni 2003, wurde ein Programm der „industriell- innovativen Entwicklung der Republik Kasachstan bis zum Jahre 2015“ verabschiedet, an dessen Umsetzung immer noch gearbeitet wird. Weshalb jetzt der neue Fünfjahrplan nötig sein sollte, ist mir unklar. Es mangelt in Kasachstan schließlich nicht an Programmen, Strategien und ehrgeizigen Zielen, sondern eher an der Konzentration auf das Wesentliche und an der praktischen Realisierung.

Neben dem oben genannten Innovationsprogramm wurde auch ein Programm zur Schaffung „sozial verantwortlich handelnder Unternehmen“ ins Leben gerufen, das Programm der 30 Durchbruchobjekte. An großen Zielen und Ideen mangelt es also wahrlich nicht, doch wo sind die Resultate?

Was die innovative Tätigkeit des Landes betrifft, so muss man natürlich ehrlich sein und akzeptieren, dass nach nur sechs Jahren in diesem schwierigen Tätigkeitsfeld ganz einfach noch keine greifbaren Ergebnisse vorliegen können. Schließlich dauert ein durchschnittlicher Innovationszyklus zwischen acht und zehn Jahren. Für Kasachstan kommt hinzu, dass im Land erst die allgemeinen Voraussetzungen in Form einer modernen Infrastruktur für Innovationsprozesse geschaffen werden mussten und noch müssen.

In diesem Bereich ist einiges passiert, z. B. in Form der Schaffung verschiedener Fonds zur Finanzierung von Innovationsprojekten, zur Risikofinanzierung und zum Aufbau von Innovationszentren. Auch an der Bereitstellung von Finanzen zur Schaffung dieser Infrastruktur konnte zumindest bis zum Jahre 2007 kaum gemeckert werden. Neben Geld und Organisationsstrukturen wurde auch umfangreiches Management-Know-how wie z. B. die Cluster-Idee aus führenden Industriestaaten nach Kasachstan importiert.

Auch wenn bisher vieles probiert wurde, das erwartete Ergebnis ist nicht eingetreten. Im Gegenteil, der Anteil des Rohstoffsektors am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in den Jahren der angestrebten Innovationsstrategie sogar gestiegen. Hierbei muss allerdings der statistische Effekt durch die insbesondere im letzten Jahr künstlich aufgeblähten Erdölpreise berücksichtigt werden.

Die fehlenden Ergebnisse bleiben jedoch bestehen. Und nun wird im folgenden Jahr der nächste Fünfjahresplan in Kraft treten, die Ergebnisse des vorherigen Strategieprogramms sind noch abzuwarten. Hier liegt eine Ursache des Scheiterns: zu viel Papier ohne ausreichende Beteiligung der Unternehmer, welche die angestrebten Innovationen umsetzen. Hinzu kommt die Ungeduld, zwar verständlich, aber im Innovationsbereich eher schädlich.

Im neuen Fünfjahrplan sollen nun 100 ausgewählte Projekte besonders gefördert werden. Auch mit viel Phantasie kann die Mehrzahl dieser Projekte kaum dem innovativen Bereich zugerechnet werden, was jedoch nicht ihre Notwendigkeit in Frage stellt. Die Erfahrung mit den vielen Vorgängerprogrammen lässt die Vermutung aufkommen, dass auch dieses neue Programm sein Ziel kaum erreichen dürfte. Immer mehr Papier, immer mehr Vorgaben und Druck von oben – das ist mit Sicherheit nicht die Lösung. Nur eine Änderung der Innovationspolitik kann den Erfolg versprechen. Diese müsste vor allem eines beinhalten: eine radikale Hinwendung der Politik an die Träger von Innovationen – an die Unternehmen und die Unternehmer.

Bodo Lochmann

23/10/09

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