Der Berliner Künstler Michael Kruscha hat verschiedene Wartehäuschen aus kargen Gegenden fotografiert. Eine Auswahl seiner Fotografien ist in der Tengri-Umai-Gallerie zu bewundern.

Wer auf Reisen ist, der entdeckt immer etwas Ungewöhnliches, Interessantes oder auch Seltenes. Das Auge des aufmerksamen Reisenden erfreut sich oft an Landschaften, wie paradiesischen Stränden oder mit Schnee bedeckten malerischen Bergwipfeln. Seltener schätzen Reisende die Leere und Einöde einer von Menschen unbewohnten Gegend. Dem Künstler Michael Kruscha aus Berlin geht es da ganz anders. Er ist im Gegenteil fasziniert von den Gegensätzen zwischen der Bewegung und Stillstand im Raum. Was andere Menschen ihre Verlorenheit in der Weite der Einöde noch deutlicher spüren lässt, findet er dagegen spannend. So hat er mit menschenleeren Bushaltestellen Kunst geschaffen. Eine Auswahl seiner Fotos ist derzeit in der Ausstellung „Warte-Häuschen“ in der Tengri-Umai-Gallerie zu sehen.

Atlasvorhänge und Graffiti

Dort können die Besucher seine Aufnahmen von den kleinen am Wegesrand stehenden Steinhäuschen oder Holzhäuschen bewundern. Einige von ihnen sind mit kleinen Atlasvorhängen verziert, andere schmücken wilde Graffiti-Schriftzüge.

Der Künstler Michael Kruscha kommt aus Berlin. Er steht im Ausstellungssaal und erzählt, wie er auf die Idee gekommen ist, in Almaty eine Ausstellung zu machen: „Was man hier sieht, ist über die Jahre gewachsen, am Anfang fing es eigentlich an, dass ich eine Bushaltestelle einfach so im Nirvana wahrgenommen habe. Diesen Moment habe ich hiermit nun festgehalten.“

Dieses Besondere des Stillstands fasziniert den Künstler, der sich unter anderem auf eine Reise durch den Oderbruch begab. Dort, an der Grenze zu Polen fand er einige verlassene Haltestellen, die er fotografierte. Auf weiteren Reisen, zum Beispiel durch den Jemen, Jordanien und auch Kasachstan sind weitere Aufnahmen von verlassenen Bushaltestellen mitten im Nichts entstanden.

Dem Besucher der Ausstellung drängt sich bei dieser Fülle von unterschiedlichen Bushäuschen der Gedanke auf, dass Michael Kruscha bewusst auf Reisen gegangen sei. „Man kann sie nicht suchen“, wehrt der Künstler diesen Gedanken ab. „Sie begegnen einem einfach. Es gibt so ein Zitat von Susanne Kippenberger, die sagt, dass das ganze Leben eine Reise sei. Ich finde das stimmt. Wenn man unterwegs ist, ist man irgendwo in diesen kargen Gegenden und nimmt die Wartehäuschen einfach war“.

Mal kurz inne halten

So hat Michael Kruscha sein Interesse an diesen besonderen Orten auch nach Kasachstan geführt. Er hat vor, seine Fotos zu einem Portfolio zusammenzustellen und es dann in einem Fotoband zu veröffentlichen.
Also hat der Künstler auf dem Weg nach Kasachstan ein paar seiner Arbeiten mit eingepackt und die Ausstellung in der Tengri-Umai-Gallerie auf die Beine gestellt. Dabei stand ihm Dagmar Schreiber zur Seite, die hier in Almaty unter anderem ein Informationszentrum für Ökotourismus betreibt. „Sie war von der Idee eine Ausstellung über Wartehäuschen zu machen begeistert“, erzählt Michael Kruscha.

Beide sind sich darüber einig, dass es zu hoffen bleibt, dass solche Bushaltestellen in unserer schnelllebigen Zeit auch in Zukunft stehenbleiben. Oft werden sie einfach abgerissen und es wird an ihre Stelle entweder etwas Neues gebaut oder gar nichts mehr.

Wenn es keinen Haltepunkt mehr gibt, kann auch kein Mensch mehr einsteigen und die Menschen fahren, ohne anzuhalten durch die Gegend. „Ich persönlich finde die Bushaltestellen in der Stadt gar nicht schön“, gesteht Michael Kruscha. In der Tat fallen in einer Städtelandschaft auch die meist aus Glas oder Hartplastik gebauten Bushaltestellen gar nicht mehr auf. Nach seiner Reise durch Zentralasien möchte er nun sein Buchprojekt beginnen.

Von Dominik Vorhölter

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