Der begrenzte Spielraum der Fiskalpolitik, die Sorgen um den Ölpreis und den Außenwert des Euros werden 2005 auf den deutschen Unternehmen und Verbrauchern lasten. Zu erwarten ist ein „Nullwachstum“ von rund einem Prozent. Damit gehört Deutschland 2005 erneut zu den wachstumsschwächsten Industriestaaten.

Der begrenzte Spielraum der Fiskalpolitik, die Sorgen um den Ölpreis und den Außenwert des Euros werden 2005 auf den deutschen Unternehmen und Verbrauchern lasten. Zu erwarten ist ein „Nullwachstum“ von rund einem Prozent. Damit gehört Deutschland 2005 erneut zu den wachstumsschwächsten Industriestaaten.

Im Sog der positiven Entwicklung der Weltwirtschaft, die im vergangenen Jahr ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent aufwies, konnte Deutschland 2004 ein Zuwachs der Wirtschaftsleistung von rund 1,75 Prozent verbuchen. Dies entsprach etwa dem Durchschnitt der Eurozone. Im Vergleich zu anderen entwickelten Industriestaaten ist das deutsche Wachstum hingegen eher gering ausgefallen. Der vordergründig recht zufriedenstellende Zuwachs war ferner durch einen positiven Kalendereffekt überzeichnet. Die Arbeitnehmer mussten, bedingt durch die Feiertagskonstellation, im Jahresverlauf überdurchschnittlich viele Arbeitstage ableisten. Die verhaltenen Konjunkturprognosen für 2005 zeigen, dass sich die Deutschen nicht auf der noch relativ befriedigend klingenden Wachstumsrate des Vorjahres ausruhen sollten: denn 2005 werden Konjunkturimpulse fehlen.

Die Bundesregierung verfügt 2005 über keinen fiskalpolitischen Spielraum. Die Weltwirtschaft und damit auch der deutsche Export werden ihre Zuwachsraten des Jahres 2004 in diesem Jahr voraussichtlich nicht halten können. Zudem lasten Ölpreisanstiegs- und Euroaufwertungssorgen weiterhin auf Unternehmen und Verbrauchern. Damit werden die Investitons- und Konsumgüterausgaben die Binnennachfrage voraussichtlich nicht durchschlagend ankurbeln können. Die negativen Rahmenbedingungen für das gesamtwirtschaftliche Angebot und besonders die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, gepaart mit einem negativem Kalendereffekt, erklären, warum dieses Jahr sogar ein niedrigeres Wirtschaftswachstum als im Vorjahr erwartet wird. Die Spannweite der seriösen und unabhängigen Konjunkturprognosen liegt derzeit bei 1,25 bis 1,5 Prozent. Nur die Bundesregierung rechnet offiziell noch mit einem Wachstum von 1,75 Prozent, damit der Staatshaushalt und die ihm zugrundeliegenden Projektionen nicht schon zu Jahresanfang den Ernst der Lage zeigen.

Der Staat scheidet als Konjunkturlokomotive geradezu aus. Das deutsche Haushaltsdefizit ist schon mehrere Jahre in Folge nicht in Einklang mit den stabilitätspolitischen Vorgaben der Europäischen Währungsunion und schränkt damit den Ausgabenspielraum der Bundesregierung ein. In der Eurozone sind Defizitquoten von unter drei Prozent des BIP verlangt. Dieses Kriterium soll 2005 laut Regierungsangaben aber erreicht werden. Für diese Punktlandung wird ein rigoroser Sparkurs der öffentlichen Hand notwendig sein; und selbst dann sehen die meisten Prognosen das deutsche Staatshaushaltsdefizit in diesem Jahr wieder knapp über drei Prozent. Nicht nur wegen wirtschaftstheoretischer Kontroversen, sondern besonders durch die skizzierte Lage der öffentlichen Finanzen bedingt, scheiden staatliche Konjunkturprogramme als Impulsgeber aus. Weitere Steuerentlastungen für Produzenten und Konsumenten sind noch weniger finanzierbar. Die Europäische Zentralbank kann und wird mit ihrer Leitzinssetzung ebenfalls keine positiven Impulse für die deutsche Konjunktur liefern. Erstens hat die Zentralbank Europas per Statut sowieso die wirtschaftliche Entwicklung im gesamten Euroblock und nicht nur in Deutschland zu betrachten. Zweitens sind die nominalen und vor allem die realen Zinssätze der EZB schon auf historischen Tiefständen. Der reale Zins, als nominaler Zins abzüglich der Inflation, liegt fast bei Null. Damit wäre bei einer leichten Konjunkturerholung in der Eurozone sogar eine moderate Leitzinserhöhung wahrscheinlicher als eine Zinssenkung.

Erfreulichere Nachrichten liefern die internationalen Rohstoffmärkte. Der Ölpreis, ein Konjunkturrisiko für eine Industrienation wie Deutschland, scheint seine Höchststände von rund 50 US-Dollar/Barrel im Herbst 2004 hinter sich gelassen zu haben. Die meisten Projektionen sehen den Ölpreis in diesem Jahr im Durchschnitt bei 35 oder maximal 40 US-Dollar. Dies würde der deutschen Konjunktur keinen Tiefschlag versetzen. Problematischer gestaltet sich die Entwicklung des Außenwertes des Euros. Er erreicht immer neue Höchststände gegenüber dem US-Dollar; dies auch in langer historischer Perspektive. Die Aufwertung schwächt zwar einerseits die Effekte des teuren in US-Dollar gehandelten Öls ab, doch verteuern sich damit andererseits die deutschen Exporte, die nicht in die Eurozone gehen. An der US-Dollar- Schwäche, vor allem auf das immense Leistungsbilanzdefizit der USA zurückzuführen, wird sich 2005 wohl nichts ändern. Dies trifft zwar einzelne Branchen der deutschen Exportindustrie, aber der deutsche Export geht größtenteils in den Euroblock. Der Export wird aber seine Zuwachsraten des Jahres 2004 wohl trotzdem nicht halten können, da sich vor allem auch die europäische und weltwirtschaftliche Konjunktur abschwächen werden. Dies besonders in den östlichen EU-Neumitgliedsstaaten, die mittlerweile eine der wichtigsten Exportdestinationen Deutschlands sind, aber auch in Russland, China oder den Schwellenländern Asiens. Zwar droht hier kein Tiefschlag für die deutsche Konjunktur, aber die Außenwirtschaft und deren Exportwachstumsraten werden nicht mehr als Konjunkturlokomotive, wie in den vergangenen Jahren, fungieren.

Damit stellt sich die Frage, ob die binnenwirtschaftliche Entwicklung entscheidende Impulse für die Konjunkturentwicklung liefern kann. Die Prognosen deuten jedoch darauf hin, dass die Unternehmen ihre Investitionstätigkeit und Einstellungsaktivitäten nicht erheblich ausweiten werden. Der binnenwirtschaftliche Konsum wird ebenfalls schwerlich die Funktion eines Konjunkturmotors einnehmen können, auch wenn sich ein leicht aufhellendes Konsumklima andeutet. Die profunden Ursachen der Konsumflaute bleiben nämlich bestehen. Viele Arbeitnehmer fürchten angesichts der Wirtschaftslage und der in diesem Jahr drohenden Rekordzahl an Unternehmensinsolvenzen, besonders bei den für die deutsche Volkswirtschaft wichtigen mittelständischen Betrieben, um ihren Arbeitsplatz. In der ersten Jahreshälfte könnte die Arbeitslosenquote, im Zusammenspiel mit den Umstellungen im Zuge der Sozial- und Arbeitsmarktreformen, sogar die historische Marke von fünf Millionen überschreiten. Für die zweite Jahreshälfte wird maximal mit einer Stabilisierung auf dem Arbeitsmarkt gerechnet.

Bei angespannter Haushaltslage und wenig förderlichen Rahmenbedingungen wäre es an der Politik, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen und damit langfristig das Potentialwachstum und die Wachstumschancen Deutschlands zu verbessern. Immerhin scheint dies erkannt worden zu sein. Die angegangenen Reformen, im Zusammenspiel mit einer moderaten Lohn- und Preisentwicklung, haben die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessert. Nur kurzfristig ist die Konjunkturentwicklung damit nicht mehr zu beeinflussen. Somit wird sich die deutsche Wirtschaft 2005 wohl mit einem Zuwachs von 1,25 bis bestenfalls 1,5 Prozent begnügen müssen.

Das Wirtschaftswachstum eines Industriestaates wie Deutschland ist zwar nicht mit aufstrebenden Entwicklungs- und Transformationsökonomien wie Kasachstan und deren Wachstumsraten vergleichbar, aber derzeit gehört Deutschland zu den wachstumsschwächsten Industriestaaten. Ob im europäischen oder internationalen Vergleich.

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