Im Rahmen des Eurasischen Medienforums (EAMF) wurde am 22. April im Hotel Ankara, Almaty, die Rolle der NATO in Zentralasien, insbesondere in Kasachstan, besprochen. An der Gesprächsrunde nahmen ranghohe NATO–Vertreter, Zentralasienexperten sowie Repräsentanten kasachischer und internationaler Organisationen teil.

„East or West, Peace is Best“ („Osten oder Westen – Frieden ist am besten“) – mit dieser Losung hatten die Veranstalter des bereits schon zum fünften Mal in Almaty stattfindenden Eurasischen Medienforums das ehrgeizige Ziel, die Kooperation und den Dialog zwischen Ost und West, zwischen internationalen Organisationen und vor allem zwischen den unterschiedlichen Medienakteuren zu verstärken. Obwohl in erster Linie ein Forum, welches sich per Definition rund um das Thema Medien dreht, umfasste das Themenspektrum dieser Großveranstaltung auch Fragen zur aktuellen ökonomischen Entwicklung auf dem asiatischen Markt, zur Problematik von Nationenbildung und Multikulturalismus oder zu geostrategischen und sicherheitspolitischen Interessen in der Region.

Osten und Westen trafen auch beim Rundtischgespräch zum Thema „Die zunehmende Präsenz der NATO in Zentralasien“ aufeinander, welches vom Institut für internationale moderne Politik organisiert und geleitet wurde. Hauptredner waren die Amerikaner Robert Simmons, Sondervertreter der NATO im Kaukasus und Zentralasien, Richard Perle, ehemaliger Vorsitzender des amerikanischen Defense Policy Board und Mitglied des American Enterprise Institute, sowie Dr. Ariel Cohen, Experte für internationale Sicherheit. Richard Holbrooke, Vorsitzender der Asia Society und ehemaliger U.S. Botschafter bei den Vereinten Nationen, der ebenfalls als Diskussionsteilnehmer eingeladen wurde, war aber aus nicht erwähnten Gründen abwesend. Ihr Gegenüber bildeten hauptsächlich Vertreter kasachstanischer oder auch russischer Organisationen und Medien.

Im Eröffnungsvortrag erläuterte Robert Simmons die aktuelle Situation im Verhältnis zwischen NATO und Zentralasien und besprach gegenwärtige Ziele, Strategien und Prioritäten des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses in dieser Region. Simmons bemerkte, dass die NATO ein sehr gutes Verhältnis zur kasachischen Regierung habe und betonte, dass „Kasachstan ein wichtiger Partner der NATO in Zentralasien ist“. Als wichtigste Aufgaben definierte er den Kampf gegen den Terrorismus, Drogenhandel und  Massenvernichtungswaffen sowie die Reform des Militärwesens in den zentralasiatischen Ländern und Kasachstan. Er betonte weiterhin, dass weitere Felder der Zusammenarbeit entwickelt werden müssen, wie z.B. im Bereich der Energieversorgung. Auch Richard Perle, der ein nur sehr kurzes Statement abgab, betonte die „sehr positiven und starken“ Beziehungen zwischen NATO und Kasachstan und ermutigte zu einer verstärkten Zusammenarbeit.

Die Beziehung zwischen Kasachstan und der NATO wurden bereits 1992, ein Jahr nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, aufgenommen. Nachdem sich beide Länder jahrelang im Rahmen der Ost-West Blockbildung feindlich gegenüberstanden, machten die neuen politischen Gegebenheiten eine Annäherung möglich: Aus Gegnern wurden Partner. Seitdem wurde die Beziehung zwischen dem westlichen Sicherheits- und Verteidigungsbündnisses immer stärker ausgebaut. Als einziges Land in dieser Region wurde am 31. Januar 2006 zwischen NATO und Kasachstan ein Individueller Partnerschaftsplan (Individual Partnership Plan) abgeschlossen; einige Wochen später, im März 2006, hat das Verteidigungsministerium nach einem Treffen mit führenden NATO-Vertretern bestätigt, dass es seine Kooperation mit der NATO fortsetzen und intensivieren möchte.

Es fiel auf, dass Simmons und Perle immer wieder bestrebt waren zu verdeutlichen, dass die NATO keine Feinde mehr hat. Sie sei eine sicherheits-und verteidigungspolitische Organisation, „die gegen kein Land, sondern gegen gemeinsame Herausforderungen gerichtet ist“. Die offiziellen guten Beziehungen zwischen Kasachstan und NATO und die positive Einschätzung der Redner konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Skepsis unter einigen Zuhörern groß war. In der anschließenden Fragerunde wurde die Effektivität in der Drogenbekämpfung in Frage gestellt sowie das Verhältnis zwischen NATO-Programmen und anderen Projekten internationaler Organisationen wie der OSZE oder der EU hinterfragt. Leider wurde die Diskussion enttäuschend kurz gehalten, so dass die gesamte Veranstaltung den Dialog zwischen Ost und West eher gering beeinflussen dürfte.

Von Regine Kramer

28/04/06

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