Schwierige Bedingungen auf dem Heimatmarkt und lukrative Auftragschancen locken deutsche Bauunternehmen nach Kasachstan.

Schwierige Bedingungen auf dem Heimatmarkt und lukrative Auftragschancen locken deutsche Bauunternehmen nach Kasachstan.

Die kasachische Volkswirtschaft wächst fast beständig zweistellig – die Baubranche im Land weist mindestens genauso hohe oder höhere Wachstumsraten auf. Letztes Jahr konnte die Baubranche um elf Prozent zulegen. Das Marktumfeld im großflächigen Kasachstan lockt, denn der Energie- und Bausektor sind beides Wachstumsmotoren – abzulesen an zahlreichen Fachmessen wie der „Kazbuild“ oder der „Astanabuild“, mit den Themenschwerpunkten Bau- und Innenausbau.

Der kasachische Baumboom ist allgegenwärtig – Zement scheint überall gebraucht. Ölfirmen bauen neue Pipelines. Moderne Hafenanlagen oder Flugplätze wie in Aktau und Astana befinden sich im Bau. Almaty und Atyrau wirken wie Großbaustellen. Bürotürme wachsen in den Himmel und Einkaufszentren sprießen wie Pilze aus dem Boden, während die alten Komplexe abgerissen werden müssen. Straßen werden neu geteert und zahlreiche großangelegte nationale Infrastrukturvorhaben über tausende Kilometer befinden sich in Planung oder schon im Bau. Das gigantische Projekt des Hauptstadtneubaus in Astana, auf den rund zehn Prozent des gesamten im Land investierten Kapitals entfallen, verspricht Großaufträge – zumal ebenso wie in den anderen GUS-Staaten überall in Kasachstan noch erheblicher Renovierungs- und Modernisierungsbedarf herrscht. Sowohl im Bereich des privaten Wohnungsbaus als auch des industriellen Anlagenbaus.

Der Bauboom, die Aussicht auf große Investitionssummen und Steuervergünstigungen von kasachischer Regierungsseite, lockt nicht nur kasachische, sondern auch westliche und deutsche Firmen an. Zumal der Bausektor in Deutschland seit Jahren unter schwierigen Marktbedingungen leidet. Harte Konkurrenz, ein gesättigter Markt und geringes Auftragsvolumen lassen die Gewinnmargen schrumpfen. Viele deutsche Baufirmen wie beispielsweise die Phillipp Holzmann AG sucht deswegen der Pleitgeier heim. Oder sie werden wie die Walter-Bau-AG von ausländischen Firmen übernommen. Dies obwohl viele deutsche Firmen in den Bereichen Roh- und Fertigbau, Fenster und Türen oder Klima- und Installationstechnik zu den Weltmarktführern zählen.

Kurzfristig ist das Marktumfeld in Kasachstan für ausländische Bau- und Baustofffirmen lukrativ und hat schon viele Unternehmen angelockt. Der Besuch des Bundeskanzlers mit Wirtschaftsdelegation brachte millionenschwere Aufträge. Die deutsche MAN-Ferrostaal AG modernisiert für 66 Millionen Euro eine Gaspipeline oder Siemens für etwa 100 Millionen ein Kraftwerk. Der bayerische Baustoffkonzern Knauf, der in Kasachstan Produktionsanlagen betreibt und mit der Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEG) kooperiert, ist schon lange hier. Der Bauboom in der kasachischen Steppe scheint wie eine Goldgrube – auch wenn manch deutscher Bauunternehmer über die mit der Goldgräberstimmung einhergehende Korruption bei der Auftragsvergabe und über eine Bevorteilung kasachischer und türkischer Firmen klagt.

Der Bausektor ist aber auch in besonderer Weise vom Boom im Ölsektor, der direkten Nachfrage in Form von Neubau- oder Modernisierungsaufträgen zur Förderung und vor allem den kasachischen Erdöleinnahmen abhängig. Ob der Boom des kasachischen Bausektors auf lange Sicht anhalten wird, ist damit auch vom Erfolg der Diversifikationstrategie von Wirtschaftsstruktur und Wertschöpfung abhängig. Die immensen konsumptiven und direkt nachfragewirksamen Ausgaben der kasachischen Regierung für Prunkbauten und Großprojekte scheinen dafür nicht unbedingt geeignet. Nachhaltigere Investitionen in Hochschulen oder die soziale Infrastruktur kommen zu kurz. Darüber müssen sich ausländische Bauunternehmer indes wenig Sorgen machen, denn ihre erfahrenen Fachkräfte und Spezialmaschinen sind mobil – und deswegen boomt der Bausektor im Gegensatz zu anderen Sektoren.

16/09/05

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