Mit Beginn der nationalen Selbständigkeit der früheren Sowjetrepubliken vor fast 20 Jahren wurde der Aufbau selbständiger Wirtschaftsstrukturen praktiziert, was in mancher Hinsicht durchaus sinnvoll ist, in mancher Hinsicht weniger. Auf jeden Fall wurde eine ganze Reihe natürlicher Wirtschaftsverbindungen abrupt unterbrochen, was zu einer Menge unnötiger Probleme führte.

Die Notwendigkeit einer engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den nun nationalen Volkswirtschaften wurde von allen Politikern betont, in der Praxis hat sich aber eine Desintegration vollzogen. So ist der Handel der GUS-Staaten untereinander oft nur eine Art Restposition, es hat eine starke Hinwendung zu den Märkten der westlichen Industrienationen stattgefunden und wohl auch stattfinden müssen. Auch auf absehbare Zeit werden die postsowjetischen Wirtschaften den Westen als Absatzmarkt und als Partner für den Import moderner Technologien brauchen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine inneren Potentiale für die sinnvolle Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gebe. Versuche dazu kann man eine ganze Menge aufzählen, doch alle Deklarationen und Projekte wurden und werden bestenfalls schleppend und ohne besonderen Enthusiasmus umgesetzt. Eine Reihe von Organisationen steht eher auf dem Papier, als dass sie praktisch etwas bewirken.

Jetzt jedoch gibt es einen Lichtblick: die Zollunion zwischen Russland, Kasachstan und Belarus, die ab 1. Januar des nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen und ein bis zwei Jahre später voll wirksam sein soll.

Das Anliegen der Zollunion ist es, die bisher existierenden tarifären Barrieren im Handel von Waren zwischen diesen Ländern gänzlich abzuschaffen und so den Warenaustausch zu erleichtern und die Absatzgebiete für viele Produzenten zu erweitern. Gegenwärtig erheben alle drei Staaten noch Zölle bei der Einfuhr von Erzeugnissen aus ihren Nachbarstaaten, die im Durchschnitt bei etwa 10 bis 15 Prozent des Warenpreises liegen und um diese Größe die vom Endverbraucher zu zahlenden Preise verteuern.

Die Vorteile einer Zollunion liegen klar auf der Hand. Erstens, die Preise für die Endverbraucher können um die Größe der nicht mehr erhobenen Zölle fallen, was den materiellen Wohlstand der Bevölkerung entsprechend erhöht. Zweitens, die Produzenten in den drei Ländern bekommen die Chance, ihre Produkte ohne die künstliche Verteuerung durch die Zölle und die Behinderung durch den vielen Papierkram bei dem Import und Export billiger und einfacher durchzuführen. Das spart zum einen Zeit und Kosten. Weiterhin kann die Produktionsmenge vergrößert werden, weil sich auch das Absatzgebiet entsprechend vergrößert. Dadurch können nun wieder die relativen Selbstkosten sinken.

Natürlich wird der Absatz nicht automatisch größer werden, die Firmen z. B. aus Kasachstan müssen den russischen Kunden erst einmal erreichen und umgedreht. Die Intensivierung des gegenseitigen Handels wird die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der drei Länder insgesamt steigern, Arbeitsplätze können neu entstehen bzw. gesichert werden.

Natürlich wird sich der Wettbewerb verschärfen, weil keine Firma, die bisher auf abgeschirmten nationalen Märkten arbeiten konnte, ihre Position kampflos aufgeben wird.
Diesen Wettbewerb fürchtet eine Reihe von Unternehmen, und manche von ihnen werden auch vom Markt verschwinden. Da alle drei Länder sich nun auch schon seit ziemlich langer Zeit auf den Beitritt in die Welthandelorganisation (WTO) der weltumspannenden Freihandelszone vorbereiten, wo der Konkurrenzdruck wesentlich stärker sein wird, ist das aber ein notwendiges und gutes Training. Trotz einer Reihe von noch nicht optimal gelösten Fragen der Zollunion ist dies auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

Bodo Lochmann

20/11/09

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