Deutsch kann eine Zukunft als Fremdsprache in Kasachstan haben. Enge historische und wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland bilden einen fruchtbaren Boden für die Sprache. Ohne entsprechende Förderung wird das zarte Pflänzchen Deutsch allerdings eingehen.

Am 12. Juni unterzeichneten Kasachstans Bildungsminister Jerlan Sagadijew und der Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Kasachstans „Wiedergeburt“, Albert Rau, ein Memorandum, in dem festgelegt wurde, dass man gemeinsam an der Entwicklung der deutschen Sprache im Bildungsbereich arbeiten wolle. Dazu gehören die Entwicklung neuer Lehrmethoden und -materialien, die Organisation von Spracholympiaden, Wettbewerben, Seminaren und Konferenzen für Schüler und Studenten der deutschen Sprache sowie die Fortbildung von Deutschlehrern durch Mittel der Stiftung „Wiedergeburt“ und der Republik Kasachstan. Zudem können Schulen in Gebieten mit einer großen Anzahl an Kasachstandeutschen in Arbeitsgemeinschaften nun zusätzliche Deutschstunden außerhalb des Pflichtcurriculums anbieten.

Deutsch bald als dritte Unterrichtssprache?

In Planung ist derzeit allerdings ein Gesetz, nach dem es für die Schulen möglich sein soll, dass in Zukunft nicht zwingend Englisch die dritte Unterrichtssprache sein muss. 2016 war von Seiten der Regierung beschlossen worden, dass neben Russisch und Kasachisch Englisch die dritte Unterrichtssprache ist. Der ehrgeizige Plan sieht vor, dass ab dem Schuljahr 2019/2020 die Fächer Physik, Chemie, Biologie und Informatik in den Klassenstufen zehn und elf auf Englisch unterrichtet werden.

Sollte die Gesetzesänderung durchgehen, könnten Schulen auch beispielsweise Deutsch oder Französisch als erste Fremdsprache wählen. Dies hätte zur Folge, dass auch der naturwissenschaftliche Fachunterricht ab einer bestimmten Klassenstufe auf Deutsch oder Französisch erfolgen müsste. Der Gesetzentwurf wurde verschiedenen Experten vorgelegt, die bis zum 15. Juni ihre Meinung dazu abgeben konnten. Diese Expertenmeinungen werden derzeit im Bildungsministerium ausgewertet.

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Minimum an Deutschstunden erhalten

Doch selbst, wenn es ein neues Gesetz geben würde, bleibt es fraglich, woher die entsprechenden Lehrkräfte hierfür kommen sollten. Seit Jahren ist die Zahl der Germanistikstudierenden in Kasachstan rückläufig, woran auch die Deutschlehrerausbildung an sich leidet. Zudem wurde ein Großteil der jetzigen Deutschlehrer noch in der Sowjetunion ausgebildet. In spätestens 15 Jahren werden diese aller Voraussicht nach in Rente gehen. Ein erster Ansatzpunkt ist die Förderung des Deutschstudiums durch mehr Stipendien. Bildungsminister Sagadijew kündigte in der vergangenen Woche ebenfalls an, die Anzahl der nationalen Stipendien für Germanisten und Philologen von derzeit acht auf 50 erhöhen zu wollen.

Für die deutsche Seite wäre es allerdings wichtig, dass vor allem an den DSD-Schulen im Land ein Minimum an Deutschstunden festgelegt wird, um es den Schülern am Ende ihrer Schullaufbahn zu ermöglichen, das „Deutsche Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz“ (DSD) zu erwerben. Das Diplom gibt ihnen die Möglichkeit, sich für ein Studienkolleg oder eine Universität in Deutschland zu bewerben. Im vergangenen Schuljahr legten in Kasachstan 118 Schüler die DSD-Prüfung auf dem Niveau B1 und 49 Schüler auf dem Niveau B2/C1 ab.

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Aufgrund der noch immer hohen Anzahl an Kasachstandeutschen und der engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland kann Deutsch eine Zukunft in dem zentralasiatischen Land haben. Doch muss die deutsche Sprache um Konkurrenz fürchten. Nicht nur, weil Englisch auch an deutschen Hochschulen einen immer höheren Stellenwert einnimmt, sondern auch, weil andere Sprachen wie zum Beispiel Chinesisch neue Perspektiven eröffnen. Nicht zuletzt ist Kasachstan ein Schlüsselland für die chinesische Seidenstraßeninitiative.

Sollten wieder mehr Schüler und Studenten Deutsch lernen, wäre dies natürlich ein großer Erfolg für die deutschen Kulturmittler in Kasachstan. Selbstverständlich ist diese Entwicklung allerdings nicht.

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Othmara Glas

Memorandum of Understanding zwischen dem Ministerium der Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan und der Gesellschaftlichen Stiftung «Die Vereinigung der Deutschen Kasachstans «Wiedergeburt» über Fragen der Erhaltung und der Entwicklung der deutschen Sprache

Die Gesellschaftliche Stiftung „Die Vereinigung der Deutschen Kasachstans „Wiedergeburt“ (im Weiteren – „Stiftung ‚Wiedergeburt‘“) und das Ministerium der Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan, nachstehend „die Parteien“ genannt,

mit vollem Bewusstsein der Notwendigkeit der Entwicklung der Mehrsprachigkeit als eine von den Prioritäten der modernen Bildung;

unter dem Verständnis der Wichtigkeit der Realisierung der staatlichen Bildungspolitik entsprechend dem Plan der Nation „100 konkrete Schritte“;

in der Absicht, internationale Zusammenarbeit der Bildungsorganisationen und öffentlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans aller Niveaus zu festigen und zu entwickeln;

unter Berücksichtigung der Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Kasachstan und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit bei der Unterstützung der Bürger deutscher Nationalität der Republik Kasachstan (Almaty, am 31. Mai 1996), des Kulturabkommens zwischen der Regierung der Republik Kasachstan und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die kulturelle Zusammenarbeit (Almaty, am
16. Dezember 1994), sowie der Gesetzgebung der Republik Kasachstan, innerhalb des Kompetenzbereiches und der Vollmachten, haben eine Vereinbarung getroffen und das vorliegende Memorandum of Understanding wie folgt geschlossen:

1. Ziel von Memorandum of Understanding

Das Ziel vom vorliegenden Memorandum of Understanding ist Zusammenarbeit in Fragen der Erhaltung und der Entwicklung der deutschen Sprache in der Republik Kasachstan, der Entwicklung der Partnerschaft der Bildungsorganisationen aller Niveaus und öffentlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans.

2. Bereiche und Formen der Zusammenarbeit

Mit dem Ziel der Ausführung vom gegenwärtigen Memorandum of Understanding wurden von den Parteien folgende Bereiche und Formen der gegenseitigen Zusammenarbeit bestimmt:

1) Entwicklung und Realisierung der gemeinsamen Programme und Maßnahmen, die zur Entwicklung der deutschen Sprache in der Bildungsumgebung gerichtet sind.

2) Entwicklung und Bildung lehr-methodischen Materialien zum Erlernen der deutschen Sprache (Lehrbücher, lehr-methodische Handbücher bzw. Unterstützungsmaterialien, methodische Empfehlungen, Regel, Sammlungen, Tischspiele).

3) Organisation und Durchführung von Olympiaden, Wettbewerben, Seminaren und Konferenzen unter den Schülern und Studenten, die die deutsche Sprache studieren auf Kosten der Haushalts- und außerbudgetären Mitteln in den Rahmen, die von der Gesetzgebung der Republik Kasachstan, sowie von internationalen Verträgen bestimmt sind.

4) Gründung in den allgemeinbildenden Schulen von Zirkeln der deutschen Sprache und der Kultur der ethnischen Deutschen an den Orten des kompakten Aufenthaltes der Deutschen auf Kosten der Mittel der Stiftung «Wiedergeburt».

5) Organisation der Fortbildung der Deutschlehrer auf Kosten der Haushalts- bzw. außerbudgetären Mitteln in den Rahmen, die von der Gesetzgebung der Republik Kasachstan sowie von internationalen Verträgen bestimmt sind.

6) Organisation der Deutschkurse in den Hochschulen für Vertreter der ethnischen Deutschen auf Kosten der Mittel der Stiftung „Wiedergeburt“.

7) Erfahrungs- und Wissensaustausch, die von den Parteien in entsprechenden Bereichen der Tätigkeit gesammelt sind, durch die Teilnahme der Vertreter der Parteien an den wissenschaftlich-methodischen Seminaren, wissenschaftlich-praktischen Konferenzen, Sommerschulen und anderen Veranstaltungen, die von jeden der Parteien organisiert sind.

8) Andere Arten der Zusammenarbeit werden entsprechend den weiteren Vereinbarungen der Parteien realisiert

3. Wechselwirkung der Parteien

Das vorliegende Memorandum of Understanding gilt als Grundlage für Entwicklung der Partnerschaft der Bildungsorganisationen aller Niveaus und öffentlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans.

Die Parteien wirken miteinander für die Ausführung der Punkte vom vorliegenden Memorandum of Understanding durch die bevollmächtigten Vertreter zusammen, die von den Parteien für Betrachtung der entstehenden Fragen und Durchführung der gemeinsamen Handlungen delegiert werden.

Dafür werden von den Parteien Arbeitstreffen entsprechend den Vereinbarungen durchgeführt.

Alle Änderungen und Ergänzungen zum vorliegenden Memorandum of Understanding bedürfen der Vereinbarung der Parteien und der Schriftform.

4. Schlußbestimmungen

1) Alle Streitigkeiten und Differenzen bei den Erläuterungen bzw. Anwendungen der Bestimmungen des vorliegenden Memorandum of Understanding werden durch die Organisation der Beratungen und Verhandlungen zwischen den Parteien geklärt.

2) In dem vorliegenden Memorandum of Understanding können im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien Veränderungen und Ergänzungen vorgenommen werden, die als Anlagen angefertigt werden und die ein unabdingbarer Bestandteil des vorliegenden Memorandum of Understanding sind.

3) Das vorliegende Memorandum of Understanding tritt in Kraft und wird ab dem 1. September 2018 eingesetzt.

4) Jeder der Parteien ist berechtigt das vorliegende Memorandum of Understanding durch den Versand einer entsprechenden schriftlichen Notifikation anderen Parteien aufzuheben.

5) Das Memorandum of Understanding für die Partei, die ihre Absicht erklärt hat, das Memorandum zu kündigen, gilt ab dem Ablauf von 30 (dreißig) Kalendertagen ab dem Tag des Versands der entsprechenden schriftlichen Notifikation als beendet.

Dieses Memorandum of Understanding wurde unterzeichnet in Astana am 12. Juni 2018, in zwei Exemplaren, jeweils in kasachischer und russischer Sprachen.

Abgeordnete von Mazhilis des Parlaments der Republik Kasachstan, Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung „Wiedergeburt“ A.P. Rau und Minister für Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan E.K. Sagadiyev

Übersetzung des russischen Originaltextes durch die „Wiedergeburt“

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