Der Dokumentarfilm „Videogramme einer Revolution“ zeigt in dramatischen Bildern das Ende des Ceausescu-Regimes in Rumänien. Vor zwanzig Jahren siegten Bürgerrechtler über den verhassten Diktator. Eines ihrer ersten Ziele: Das Studio des staatlichen Fernsehens.

/Bild: Veranstalter. ‚Nicolae Ceausescu während einer Rede in Bukarest: Plötzlich huschen irritierte Schatten über sein Gesicht.’/

Dies ist kein leichter Film. Erste Szene: Eine Frau wird mit Schusswunden in ein Krankenhaus eingeliefert. Es ist sehr laut, alle reden durcheinander. Der Ort: Temesvar, Rumänien. Das Datum: Dezember 1989. Die Securitate, der rumänische Geheimdienst, hat auf friedliche Menschen geschossen. Denn es gibt Demonstrationen in der Stadt gegen die Staatsmacht. Die verletzte Frau hält, im Klinikbett liegend, eine Rede ins Videomikrofon: Für die Freiheit! Für Brot! Weg mit dem Diktator!

Nichts ist erfunden in diesem Film, auch nichts gestellt oder nachgestellt, noch nicht einmal Zeitzeugeninterviews gibt es hier. Die gesamten 106 Minuten sind montiert aus aufgefundenem Material – Aufzeichnungen des staatlichen rumänischen Fernsehsenders und Amateuraufnahmen von Videokameras.

Regisseur Harun Farocki, geboren 1944, ist einer der ersten Absolventen der „Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin“ und hat mehr als 90 Filme produziert. Mit seinem Co-Regisseur Andrej Ujica hat er aus Fundsachen einen dramatischen Film komponiert. Zu Anfang ein selbstsicherer Ceausescu, damals noch Alleinherrscher über das rumänische Volk. Leere Begrüßungsphrasen an eine Menschenmenge im Zentrum von Bukarest, doch plötzlich huschen irritierte Schatten über sein Gesicht. „Es ist geschossen worden“, ruft jemand, hinter Ceausescu taucht ein Securitate-Mann auf und flüstert ihm etwas zu, und bald darauf bricht die Live-Übertragung des Senders ab.

Gleich nach der Flucht der Ceausescus versammelt sich eine Gruppe von Aktivisten im Studio, sie reißen fast im Wortsinn das Mikrofon und die mitunter wackelnde Kamera an sich. Fünfzehn, zwanzig Menschen stehen da hinter dem Pult eines Nachrichtensprechers. „Noch zehn Sekunden“, sagt jemand, „noch fünf“. Dann soll der Dichter Mircea Dinescu einen Aufruf verlesen. Die Spannung, die in der Luft liegt, ist fast zum Greifen nah. Schweißperlen rollen von der Stirn des Dichters.

Zehn Tage dauert im Dezember 1989 die heiße Phase der rumänischen Revolution, mit der sich das Land aus der Klammer einer brutalen Diktatur selbst befreite. Dieser Prozess findet auf der Straße statt, wo demonstriert und geschossen wird, und im Fernsehstudio. Die Bürgerrechtler sichern sich früh den Zugang zum wichtigsten Medium des Landes, sie informieren laufend und bis ins fernste rumänische Dorf über den Gang der Dinge.
„Weil unsere Filmerzählung aus vorgefundenem Material zusammengesetzt ist,“ schreibt Farocki, „weil keine zentrale Regie den Personen vor oder hinter der Kamera Anweisungen gab, will es scheinen, als sei es die Geschichte selbst, die sich hier ausgestaltet“.
Im Laufe von fünf Tagen berichten die Demonstranten unter improvisierten Bedingungen von den revolutionären Ereignissen, auch vom Prozess, der dem Ehepaar Ceausescu gemacht wird, und von der Hinrichtung am 26.Dezember 1989 – „his-torische“ Bilder und filmische Augenblicke von größter Intensität.

Das Goethe-Institut Almaty zeigt den Film am Donnerstag, 9. April, um 18:00 Uhr im Kino Caesar.

Von Günther Hasenkamp

03/04/09

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