Almaty ist die dreckigste Stadt in Kasachstan. Entsprechend scheuen sich Eltern, ihre Kinder draußen spielen zu lassen. Mit ihrem Projekt „ETO-Dvor“ werben Alesia Nugajewa und Julia Kubasowa für mehr Umweltbewusstsein.

Kunst aus recycelten Materialien ist in Kasachstan noch etwas ganz neues. Natürlich, hier gibt es auch keine Mülltrennung, noch weniger ein entsprechendes Bewusstsein, dass es nicht ekelig ist, aus Plastikflaschen, Jogurtbechern, Autoreifen oder anderen Materialien, die tagtäglich im Müll landen, Kunst zu machen. Alesia Nugajewa und Julia Kubasowa sind zwei junge Kasachstanerinnen, die anderer Meinung sind: Sie sind davon überzeugt, dass die so genannte Eco-Art eine neue Bewegung ist, um die Menschen dazu zu bringen, über umweltbewussten Konsum und das Thema Nachhaltigkeit nachzudenken.

Dieses Schiff soll auf dem Spielplatz im Hof der Kirow/Numarkow-Straße gebaut werden. | Bild: Projekt “ETO-Dvor“

Sie haben auch schon einen Plan, denn sie wollen aus Recyclingmaterialien einen Kinderspielplatz bauen. Alesia und Julia arbeiten in einer Eltern-Kindertagesstätte im Nurly-Tau-Zenter. Ein Ort, an dem sich Eltern bewusst treffen und sich mit ihren Kindern beschäftigen, mit ihnen in der Gruppe spielen oder basteln. Ihr Arbeitsplatz befindet sich in einem der gläsernen zackigen Türme, mit Blick auf die Berge. Neben der Eltern-Kindertagesstätte sind im Nurly-Tau-Zenter hauptsächlich Büros großer Unternehmen und Banken untergebracht.

Marode Spielplätze und wenig Umweltbewusstsein

Durch ihre Arbeit sind die beiden jungen Frauen auf die Idee zu ihrem Sozialprojekt „ETO-Dvor“ gekommen. „Wir arbeiten sehr eng mit Eltern zusammen, die sich oft darüber beschweren, dass ihre Kinder nirgendwo spielen können. Denn es gibt keine vernünftigen Kinderspielplätze. Es ist nicht so, dass es keine Kinderspielplätze gibt. In den meisten Hinterhöfen befinden sich entsprechende Anlagen. Allerdings befinden sie sich in einem desolaten Zustand. Also haben wir angefangen, uns Gedanken darüber zu machen und dazu entschlossen, Kinderspielplätze zu bauen“, erzählt Alesia Nugajewa. „Dvor“ ist das russische Wort für Hof. Dort sollen Kinder wieder spielen können.

Viele Eltern haben Angst davor, ihre Kinder zum Spielen rauszuschicken, weil sie wissen, dass viele Spielplätze schon sehr alt sind. Also denken sie, dass es besser für ihre Kinder ist, zuhause zu sitzen. Zudem ist Almaty die dreckigste Stadt in Kasachstan. Dies ist eine zusätzliche Motivation für die Aktivisten, Kindern und Erwachsenen, mehr Umweltbewusstsein beizubringen.

Projekt “ETO-Dvor“ | Bild: Projekt “ETO-Dvor“

Nugajewa und Kubasowa wollen mit Hilfe der Eltern selbst einen kindersicheren Spielplatz bauen. Und nicht nur das: ihr Projekt soll auch das Umweltbewusstsein fördern, also wurde es zu einem Eco-Art-Projekt. Auf diese Idee ist Alesia Nurgaewa gekommen. Ihr geht es auch darum, die Eltern am Bau des Spielplatzes zu beteiligen und dabei eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.

Somit bringen die beiden engagierten jungen Frauen viele Eltern dazu, sich zum ersten Mal Gedanken über Recycling, Nachhaltigkeit und die Umwelt zu machen.

Ist das nicht dreckig?

„Wir erwähnen bewusst nicht, dass wir mit Müll arbeiten, weil Müll in den Köpfen der Menschen sofort eine negative Assoziation hervorruft, von einem stinkenden Haufen Bananenschalen oder so. Im Gegenteil. Wir wollen Kunst aus Reyclingmaterial herstellen und orientieren uns an ähnlichen Projekten aus Europa“, erzählt Nurgajewa über ihre Erlebnisse, wenn sie mit Eltern über das Projekt „ETO-Dvor“ spricht. Sie weiß genau, dass Eco-Art in Kasachstan eine leere Nische ist und dass ihr Projekt noch sehr viel Potenzial birgt. Beide Aktivistinnen wünschen sich, dass so viele Menschen wie möglich, an ihrem Projekt teilnehmen und sich dabei auch Gedanken über Recycling und Nachhaltigkeit machen. Bewusstsein schaffen – das ist das Schwierigste, weiß auch Nurgajewa, denn sie kennt die Einstellung der Gesellschaft zum Thema Recycling.

Vielen Menschen erscheint es merkwürdig, etwas einzutauschen oder aus einem gebrauchten Objekt wie einer Plastikflasche,etwas völlig anderes zu basteln. Sie scheinen dann beruhigt zu sein, wenn sie hören, dass Recycling in Europa bereits erfolgreich praktiziert wird. So kommt es den jungen Aktivistinnen gelegen, dass sie von einem schwedischen Fond unterstützt werden. Das verschafft ihnen Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.

Aus Plastikflaschen können Tulpen entstehen. | Bild: Projekt “ETO-Dvor“

Das Projekt „ETO-Dvor“ gibt es erst seit einem halben Jahr. In dieser kurzen Zeit haben die Aktivistinnen schon einiges erreicht. Sie haben einen Innenhof gefunden, in dem sie ihren Eco-Art-Spielplatz errichten dürfen und bekommen mit der Zeit immer mehr Unterstützer. Auch seitens des Akimats haben sie die Erlaubnis bekommen, in dem Hinterhof der Kirow/Numarkow-Straße den Spielplatz zu bauen.

Nun sammeln sie gerade Materialien. „Wir haben einen kleinen Raum dort, in dem die Leute etwas abgeben können. Das können Autorreifen, Plastikflaschen etc. sein. Wir freuen uns über jeden, der sich an unserem Projekt beteiligen will“, so Nurajewa.

Wenn die Erde lockerer wird, werden die Aktivisten vom Projekt „ETO-Dvor“ zur Tat schreiten. Bis dahin versuchen sie um die Aufmerksamkeit von möglichen Interessenten zu werben. Zum Beispiel organisieren Julia Kubasowa und Alesia Nurgajewa weitere Veranstaltungen, bei denen sie auf das Thema Sustainable Art aufmerksam machen.

Für ihren Kinderspielplatz arbeiten sie mit der Architektin Anna Jermakowa zusammen. Sie hat den größten Teil der Spielgeräte entworfen, die allesamt aus recycelten Materialien, wie Autorreifen oder Plastikflaschen hergestellt werden sollen.

Von Dominik Vorhölter

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