Midschgoni Rachmoni will mit ihrer Arbeit vor allem den Frauen in Tadschikistan Mut machen. Sie arbeitet in Duschanbe für ein Bildungsprojekt der Europäischen Union, das durch den Deutschen Volkshochschulverband international implementiert wird. Ihre Karriere in der tadschikischen Bildungszusammenarbeit begann sie als einheimische Fachkraft des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED).

/Bild: Sonja Bill/

Jeden Morgen rückt Midschgoni Rachmoni das kleine rote Plastikquadrat am Kalender einen Tag weiter. „Das macht sie jeden Tag, sie plant ihren Arbeitstag und arbeitet strukturiert“, lobt ihr ehemaliger Chef vom DED, Oleg Schmygun. Zwei fein gezogene Lidstriche umschwingen die großen braunen Augen von Rachmoni. Auf den ersten Blick ist sie eine zarte junge Frau. Aber wenn sie anfängt zu sprechen, ist sie weniger zart als energisch.

Lieber Deutsch als Englisch

Rachmoni ist in Kurgan-Tjube geboren, aber eher zufällig, eigentlich kommt sie aus Duschanbe. In einer tadschikischen Familie ist sie „die goldene Mitte“, geboren zwischen zwei Geschwistern. Mit sechs Jahren hat ihr Vater sie 1989 mit nach Moskau genommen, wo er Philologie studierte. Schon immer war ihr Vater viel unterwegs, und auch Rachmonis Großvater konnte mehrere Sprachen. Nun tritt sie in deren Fußstapfen. Sie studierte Arabistik und promovierte in Vergleichender Sprachwissenschaft über Arabismen in der russischen und tadschikischen Sprache. Das war 2006. Zwei Jahre schrieb sie an ihrer Doktorarbeit und zog sich in das Arbeitszimmer des Vaters zurück. Ihre Eltern haben sie dabei unterstützt. Dass Rachmoni lieber Deutsch lernte als Englisch, wurde schließlich auch akzetpiert. An den Wochenende hat sie Deutschkurse besucht, dann die Sommerkurse des DAAD, später ist sie dienstags zum Deutschklub ins BACTRIA-Kulturzentrum gegangen.

Ende 2007 war sie das erste Mal in Deutschland – eingeladen, um über den Islam zu diskutieren. Vom Bild des Westens über ihre Kultur und ihre Religion war sie erschrocken und über die skandalsuchenden Journalisten einer Demokratie enttäuscht. Ansonsten hat ihr Deutschland gut gefallen. Jedoch war sie eigentlich gekommen, um davon zu erzählen, dass sie keinen Umhang trägt und auch kein Kopftuch, dass sie studiert hat, selbstständig und noch nicht verheiratet ist und etwas bewirken will. Zum Beispiel mit ihrem eigenen Projekt. Sie will jungen Frauen helfen, ihren eigenen Weg zu gehen. Innerhalb des Theodor-Heuss-Kollegs veranstaltet sie in mehreren Regionen von Tadschikistan Seminare für Schülerinnen, um ihnen Berufsmöglichkeiten aufzuzeigen und ihnen die Angst zu nehmen. Ihre Augen leuchten, wenn sie von ihrem Projekt erzählt. Das erste Seminar für junge Frauen hat sie kürzlich in Chorog im Pamir durchgeführt.

„Frauen brauchen eine Art Lebensversicherung“

„Im Leben kann Unterschiedliches passieren“, meint Rachmoni. Der Ehemann geht nach Russland und kommt nicht wieder, die Kinder sind aus dem Haus, und die Frauen sitzen zu Hause. Ohne Beruf. „Frauen sind finanziell und moralisch von ihren Männern abhängig“, ihre Stimme wird ernst. „Nicht jede Frau trifft hier ihren Prinzen auf dem weißen Pferd, deswegen müssen die Frauen sich selbst helfen. Das traditionelle System ist überholt, und die Frauen brauchen eine Art Lebensversicherung“, meint Rachmoni. Auf Nachfrage erzählt Rachmoni auch von ihren Freunden, aber eigentlich hat sie wenig Freizeit. In der Mittagspause geht sie in die Universität. Neben der Arbeit macht sie noch ein Zweitstudium: Management. „Philologie ist zu meinem Hobby geworden“, scherzt sie, lacht, und ihr Pferdeschwanz wippt. Sie hat noch viel vor. Bald will sie ihre ersten Fahrstunden nehmen. Ihr Vorname Midschgoni ist tadschikisch und heißt Wimper. Sie hat sich warm geredet, ihre Wimperntusche ist ein wenig verwischt. Das passt zu ihrem Namen. Sich selbst unterstreicht sie mit zwei feinen Strichen. Denn sie ist selbstbewusst, initiativ und möchte etwas verändern. Am liebsten sofort. (DED)

Weitere Informationen: http://zentralasien.ded.de; www.iiz-dvv.de

Von Sonja Bill

23/05/08

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