„Ich kann mich noch genau erinnern, wie wir alle dort hinten gestanden haben und unsere Diplome überreicht bekamen“, erinnert sich Ludmila Chongurowa. Vor genau 50 Jahren, am 06. August 1959, hat die 73-Jährige ihr Studium der deutschen Sprache in Almaty beendet. Jetzt trifft sich die Deutschlehrerin mit ihren damaligen Studienkollegen, um das 50-jährige Jubiläum ihres Studienabschlusses zu feiern.

/Bild: Jennifer Brandt. ‚Ludmila Chongurowa (r.) zeigt ihre Erinnerungsfotos. Vor 50 Jahren hat sie ihren Studienabschluss an der Fakultät für deutsche Sprache gemacht.’/

Es ist ruhig im Hörsaal des Instituts für östliche Sprachen in Almaty, welches früher die Fakultät für deutsche Sprache beherbergte. Wie zur ihrer Studienzeit haben die 13 zum Großteil pensionierten Deutschlehrer an den engen hölzernen Tischen Platz genommen, um sich an ihren gemeinsamen Studienabschluss 1959 zu erinnern. „50 Jahre sind eine lange Zeit“, gibt Sadik Abdegalewa in seiner Ansprache zu bedenken. Viel hätten sie alle in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, schöne Dinge ebenso wie traurige, resümiert Abdegalewa. In das ganze Land seien sie hinausgezogen nach ihrem Studium, um die deutsche Sprache zu lehren. Kinder hätten sie bekommen und mittlerweile auch schon Enkelkinder. Bedächtig spricht Abdegalewa über die gemeinsame Studienzeit. Im Publikum trocknen sich seine Studienkollegen verlegen die ersten Tränen und lächeln sich gegenseitig an.

Sie werde den Tag der Diplomübergabe nie vergessen, sagt Tatjana Motorina bestimmt und muss lachen. „Ich war gar nicht hier, sondern lag im Krankenhaus und habe meine Tochter geboren.“ Diese sei somit genauso alt wie ihr Studienabschluss – 50 Jahre. Dennoch hat die heute 72-Jährige kurz danach wieder als Deutschlehrerin gearbeitet und ist erst seit vergangenem Jahr pensioniert.

Aus Deutschland zur Jubiläumsfeier angereist

„Nach unserem Studium mussten wir alle aus Almaty weggehen, um in anderen Städten die deutsche Sprache zu unterrichten“, erklärt Ludmila Chongurowa. Sie selbst habe zwei Jahre in Karaganda gearbeitet und sei dann aber wieder in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Einen Großteil der Absolventen habe es im Laufe der Jahre wieder nach Almaty gezogen, sagt die 73-Jährige. Aus diesem Grund seien viele ihrer damaligen Studienkollegen auch heute noch miteinander bekannt. „Wir waren damals alle sehr eng befreundet und haben in einem Wohnheim zusammen gewohnt“, erinnert sich Chongurowa. Auch über die Landesgrenzen hinaus sind die ehemaligen Sprachstudenten zum Teil bis heute in Kontakt geblieben.

Ein Wiedersehen nach 50 Jahren – an Nase und Augen erkannt

So hatte Paul Glöckner die weiteste Reise zur Jubiläumsfeier. Aus Wetzlar in Deutschland hat sich der Pensionär auf den Weg in seine Studienstadt gemacht. Glöckner ist 1993 nach Deutschland ausgewandert – gelebt und gearbeitet hat der Wolgadeutsche jedoch die längste Zeit in Uralsk.

„Ganze fünfzig Jahre habe ich Dina Kolganowa nicht gesehen“, sagt Tatjana Motorina und winkt durch den Raum hinüber zu der ehemaligen Mitstudentin. Ob sie Dina wiedererkannt hätte? „Nun ja, etwas verändert hat sie sich schon, aber beim zweiten Hinsehen habe ich Dina an Augen und Nase erkannt“, erklärt Motorina lächelnd.

Ganz besondere Aufmerksamkeit bei der Jubiläumsfeier kam den zwei Lehrerinnen des Studienjahrgangs zuteil, Nadeschda Plechowa und Walentina Teschenko. „Nie haben sie die Geduld verloren und ihnen haben wir unsere ganze Ausbildung zu verdanken“, sagt Abdegalewa im Namen aller Anwesenden. Nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung in den Studienräumen ihrer Jugend fahren die 13 Deutschlehrer auf die Datscha. Denn viel gibt es noch zu erzählen und auszutauschen bei ihrem Wiedersehen nach 50 Jahren.

Von Jennifer Brandt

14/08/09

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