Wenn Flugbegleiter Kai Völlmecke, 42, an Bord geht, hat er oft einen großen Koffer voller Fußballausstattung dabei. Bis zu zehn Mal pro Jahr verteilt er ehrenamtlich die Trikots seines Lieblingsvereins Werder Bremen an bedürftige Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt. Mitte Februar landete Kai Völlmecke in Almaty und übergab dem Deutschen Haus eine Mannschaftsausstattung.

/Bild: Olesja Klimenko . ‚Kai Völlmecke übergab dem Deutschen Haus eine Mannschaftsausstattung Trikots, Trainingsanzüge und Bälle. ‚/

Herr Völlmecke, im Geschäft kostet ein Trikot des deutschen Fußballvereins Werder Bremen um die 70 Euro. Wie kommt das Deutsche Haus zu der Ehre, eine Mannschaftsausstattung geschenkt zu bekommen?

Als Flugbegleiter habe ich immer eine Informationsbroschüre über die Stadt, in die ich fliege. Da stehen auch Organisationen drin, bei denen man Kleiderspenden abgeben kann. In der Broschüre von Almaty steht Herr Dederer als Ansprechpartner des Deutschen Hauses. Schon seit vielen Jahren verteile ich ehrenamtlich die Fußballkleidung der vergangenen Saison an verschiedene Organisationen. Die hier geht an ein Kinderheim oder eine Mannschaft des Jugendverbandes.

Können Sie sich noch daran erinnern, wann ihr Engagement begann?

1992 bin ich nach Äthiopien geflogen und habe einen Ausflug ins Landesinnere gemacht. Sicher kannte ich die Medienberichte über Armut in Afrika, aber dann die Lehmhütten mit eigenen Augen zu sehen, das ist noch einmal was anderes. Anfangs habe ich auch Medikamente, Brillen, Milchpulver, Babykleidung, Spielzeug, ja selbst Bargeld verteilt– wie einmal 250 Euro, mit der das Mutter-Theresa-Heim in Addis Abeba Mercedes-Ersatzteile kaufen konnte. Elektronik ist mit dem Durchleuchten beim Check-in schwieriger geworden. So statte ich heute vor allem ärmere Fußballvereine mit Trainingsanzügen, Trikots, Hosen, Stutzen, Thermojacken und Fußbällen aus.

Wo haben Sie schon überall geholfen?

Als Flugbegleiter kann ich mir Flüge aussuchen, und bis zu zehn Mal pro Jahr bringe ich Spenden vorbei, wie zuletzt nach Ägypten, Turkmenistan, Teheran, Kapstadt oder auch in die Townships von Johannesburg.

Warum haben Sie sich entschieden, ihr soziales Engagement alleine ohne die Unterstützung einer Hilfsorganisation durchzuführen?

In Medienberichten ist oft die Rede davon, dass viele Sachen verkauft werden. Wenn ich selbst vor Ort bin, kann ich sicher sein, dass die Spenden auch ankommen. Und es ist auch eine große Befriedigung, in die leuchtenden Augen der Kinder und Jugendlichen zu blicken. Fußball verbindet überall auf der Welt und stärkt die Gemeinschaft.

Wie kam die Kooperation mit dem deutschen Fußball-Bundesliga-Verein Werder Bremen zustande?

Ich bin Mitglied im Fanclub der Werder Hornets Cuxhaven, und unsere Vorsitzende Rosi Beckmann kennt den Präsidenten von Werder Bremen, Klaus-Dieter Fischer, und so kam der Kontakt mit dem Sozialmanagement zu Stande. Wir telefonieren mindestens einmal pro Monat, und ich hole regelmäßig die Sachen in Bremen ab. Neben der Fußballbekleidung sind auch Bälle dabei. Aus denen lasse ich dann die Luft, damit möglichst viel in den Koffer passt und nehme lieber eine Pumpe mit.

Trainingsanzüge für die Township-Mannschaft in Vrygrond nördlich von Kapstadt.

Wenn Sie im grün-weißen Werder-Trikot im Ausland landen, wie groß ist dann die Begeisterung?

Werder Bremen ist Gründungsmitglied der Bundesliga und gehört dieser mit Ausnahme einer Spielzeit durchgehend an. In der ewigen Tabelle der Bundesliga liegt Bremen derzeit auf Platz 2 hinter Bayern München, dem oft als ersten genannten deutschen Fußballverein im Ausland. Aber auch Werder Bremen kann sich behaupten: Neben vier Deutschen Meisterschaften und sechs DFB-Pokal-Siegen steht ein Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1992 zu Buche.

Im Ausland sind oft die deutschen Fußballlegenden wie Matthäus, Klinsmann und Beckenbauer bekannt. Heute ist viel Geld im Spiel, die großen Clubs kaufen sich ihre Gewinnermannschaften zusammen. Viele Spieler wechseln zwischen den europäischen Vereinen, und die Verbundenheit mit einem Club nimmt ab.

Was macht Sie zum Fan von Werder Bremen?

Ich komme aus dem Norden, und Werder Bremen ist ein Nordclub. Nicht so überheblich oder ausgeflippt, sondern zurückhaltend, effektiv und mit hanseatischer Kaufmannsführung. Nebenbei hat Werder seit Jahren eine gute und sympathische Mannschaft.

Kicken Sie selbst auch in Ihrer Freizeit?

Früher ja, aber bei meinen Arbeitszeiten, einige Tage unterwegs, einige Tage zu Hause, wird es mit Vereinssport schwierig. Risikosportarten, in denen man sich leicht verletzt, sind zudem als Flugbegleiter nicht gewünscht.

Flugbegleiter gilt als Traumberuf. Elegante Uniformen, fremde Länder und heiße Partys. Wie sieht Ihr Fazit nach 20 Jahren aus?

Die Fliegerei liegt bei uns in der Familie. Mein Vater war Berufssoldat bei der Luftwaffe und vier Jahre in Amerika stationiert. Ich bin schon als Kind viel geflogen und habe immer gerne an Bord geholfen, wie zum Beispiel Kaffee ausgeschenkt. Später habe ich eine Anzeige gesehen „Flugbegleiter – sie sind gefragt an Bord“ und mich beworben. Als Pilot kann ich nicht arbeiten, weil ich eine rot-grün Schwäche habe.

Was die heißen Partys betrifft, nach 20 Stunden auf den Beinen, will man sich meist nur noch im Hotel ausruhen, wenn es nicht gleich wieder zurückgeht. Da mich zu Hause meine beiden kleinen Kinder auf Trab halten, genieße ich lediglich den Wellnessbereich im Hotel.

Welche Veränderungen beobachten Sie an Bord eines Flugzeuges?

Heute fliegt jeder, Fliegen ist kein Luxus mehr. Das macht die Arbeit anstrengender. Man muss an Bord sehr wachsam sein, nicht nur wegen der Gefahr eines Anschlages, auch der Alkoholkonsum hat zugenommen. Vor allem bei Reisen nach Asien wird ab und zu versucht, auf den Toiletten zu rauchen.

Wohin fliegen Sie selbst am liebsten?

Ich fliege sehr gerne nach Afrika und in die USA, vor allem in die großen Metropolen New York, San Fransisco oder Los Angeles. Zu Hause bin ich in Niedersachsen. Ich mag den Gegensatz dazu, die Schnelllebigkeit. Und in den USA ist es einfach: Man kann sich frei bewegen, alles essen und trinken.

Wie schafft man den Einstieg als Flugbegleiter?

Das äußere Erscheinungsbild ist immer noch wichtig. Erfahrungen in der Hotel- oder Gastronomiebranche werden gerne gesehen. Es gibt auch die Möglichkeit, nur Teilzeit als Flugbegleiter neben dem Studium zu arbeiten, zum Beispiel in den Sommermonaten.

Apropos Sommer, ihre Heimatstadt Cuxhaven ist einer der beliebtesten Urlaubsorte an der deutschen Nordseeküste. Was macht für Sie den Reiz von Cuxhaven aus?

Zehn Kilometer Sand- und Grünstrand und der Nationalpark Wattenmeer mit dem Wechsel von Ebbe und Flut. Wenn kein Wasser da ist, kann man wattwandern, kiten usw. Der Schlick ist auch für die Haut gut und wird in Kosmetikprodukten verwendet. Die jodhaltige Luft hilft bei Asthma und anderen Atemwegserkrankungen. Oft weht bei uns eine steife Brise, aber es gibt kein falsches Wetter, nur die falsche Kleidung, wie wir im Norden sagen.

Das Gespräch führte Christine Karmann.

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