Ende September trafen sich in Pittsburg die 20 größten Wirtschaftsnationen der Welt zur dritten Antikrisenkonferenz. Insgesamt brachte das G-20-Treffen keine schlechten Ergebnisse hervor. Die G-20 sind ein Zusammenschluss der 20 größten Wirtschaftsnationen, die zusammen etwa 90 Prozent der Weltproduktion erzeugen.

Die G-20 wurde 1999 gegründet und ist eine Erweiterung der ursprünglichen G-7, die später durch die Aufnahme Russlands zur G-8 wurde. Die nun vereinbarten regelmäßigen Zusammenkünfte der G-20 kann man als das Entstehen einer Art Weltregierung im Bereich der Wirtschaft interpretieren, auch wenn es keinesfalls vergleichbar strenge Mechanismen wie bei einer Regierungsarbeit gibt.

Kritisch kann man einwenden, dass die Mehrzahl der Staaten in dieser Wirtschaftsregierung nicht vertreten ist und so die Interessen der wirtschaftlich kleineren, aber durchaus leistungsfähigen Staaten wie z. B. der Schweiz, Norwegens und Singapurs sowie die Interessen der über 100 Entwicklungsländer nur unzureichend berücksichtigt werden könnten. Dieser Meinung steht entgegen, dass die G-20 eher Empfehlungen erarbeiten, die juristisch nicht bindend sind, und dass die großen Wirtschaftsorganisationen wie Welthandelsorganisation (WTO) und Internationaler Währungsfonds (IMF) nach wie vor die Entscheidungsgremien mit Verbindlichkeitscharakter bleiben. Und in diesen Organisationen sind fast alle Länder vertreten und haben dort ihre Stimme.

Das dritte Antikrisentreffen, so kann man am Ton der Formulierungen des Abschlußkommuniqués herauslesen, ist in einer Atmosphäre der allgemeinen Übereinstimmung und der gegenseitigen Kompromissbereitschaft verlaufen. Das war in der Vergangenheit durchaus nicht immer selbstverständlich und ist wohl zu einem guten Teil der Politik der gegenwärtigen US-Regierung zu verdanken.

Beschlossen wurde, die finanzielle Unterstützung der Wirtschaft durch staatliche Mittel vorerst weiterzuführen. Es wurde konstatiert, dass die bisherigen Mittel im Großen und Ganzen gewirkt haben, d.h. ein drastisches Zusammenbrechen der internationalen Wirtschaftsprozesse zumindest aufgehalten haben. Eine dauerhafte Belebung der Wirtschaftsaktivitäten ist noch nicht gegeben, also will man weiter Geld in die Wirtschaft pumpen. Aus finanzieller Sicht ist das sehr kritisch zu betrachten, doch im Moment hat die Sicherung von Arbeitsplätzen und damit der Erhalt einer sozialen Grundstabilität Vorrang vor den Gefahren, die aus hoher Verschuldung oder Inflation entstehen können.
Richtig ist auf jeden Fall, dass die staatlichen Mittel zur Aktivierung der privaten Wirtschaft eingesetzt werden und nicht zum Ausweiten des staatlichen Einflusses auf den Privatsektor missbraucht werden sollen. Hohe Anerkennung verdient auch die Vereinbarung, protektionistischen Tendenzen entgegenzuwirken. Protektionismus – das ist die künstliche Isolierung der Wirtschaft eines Landes von der anderer Länder, z. B. durch hohe Zölle auf Importwaren. Dadurch werden Importwaren künstlich verteuert und einheimische Waren bevorzugt, mit anderen Worten der Wettbewerb wird verzerrt. Bei dieser Vereinbarung stand sicher die Erfahrung aus der Zeit der großen Depression 1929 bis 1933 Pate, als durch protektionistische Maßnahmen die damalige Weltwirtschaftkrise unnötig verschärft und verlängert wurde.

Das wichtigste Ergebnis von Pittsburg dürfte die Erkenntnis der Realität sein, nämlich dass nicht mehr nur die traditionellen acht Industriestaaten über das Schicksal der Welt Grundentscheidungen treffen können, sondern auch die aufstrebenden Schwellenländer (China, Indonesien, Indien, Türkei, Saudi-Arabien u.a.) mit einzubeziehen sind. Der vereinbarte Plan der Treffen der G-20 für die nächsten zwei Jahre sagt aus, dass hier eine neue Beratungseinheit von Dauer gegründet wurde.

Das zweite strategisch wichtige Ergebnis ist die Reformierung des Internationalen Währungsfonds (IMF). An der Grundkonstruktion dieser Organisation gibt es schon lange berechtigte Kritik. Diese zielte auf den nur geringen Einfluss der Entwicklungs- und Schwellenländer infolge ihrer geringen Kapitalanteile in der Organisation. Zur Zeit der Gründung des IMF nach Ende des

2. Weltkrieges war die damalige Kapitalverteilung zugunsten der klassischen westlichen Industriestaaten durchaus richtig, mittlerweile haben sich die wirtschaftlichen Gewichte in der Welt mehr als deutlich gewandelt. Jedenfalls ist auch hier ein sehr großer Schritt in Richtung Realität erfolgt, indem die Kapital- und damit Stimmanteile im Fonds deutlich zugunsten der ärmeren Länder umverteilt wurden.

Bodo Lochmann

09/10/09

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