„Rhythm is it!“ ist einer der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilme. Er begleitet die Arbeit des britischen Choreografen Royston Maldoom. Mit 200 Berliner Jugendlichen, teils aus sozialen Brennpunkten, studierte er Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ als Tanzstück ein. Die Aufführung zusammen mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle wurde ein Riesenerfolg – und Royston Maldoom unversehens zu einer Berühmtheit.

/Bild: Veranstalter. ‚Der britische Choreograf Royston Maldoom bringt Menschen zusammen und vermittelt Vertrauen.’/

Vor ziemlich genau einem Jahr kam ich an einem Sonntag nach Berlin. In der Zeitung las ich von einem Konzert, das abends in der „Arena“, einer ehemaligen Fabrikhalle im Stadtteil Treptow, stattfinden sollte. Eine Karte hatte ich nicht, ich ging trotzdem, und die jungen Leute an der Abendkasse hatten immerhin ein müdes Lächeln für mich. Aber keine Karte mehr.
Ich wartete also am Eingang und schaute den Menschen zu, die zu „Surrogate cities“ strömten, einer hoch artifiziellen Komposition von Heiner Goebbels. Junge Menschen, alte Menschen, Menschen mittleren Alters und aller Schichten, „ganz Berlin“, ein nicht abreißender Menschenfluss. 3.000 sollten es werden. Dreitausend Konzertbesucher! Doch das hier war kein Pop-Spektakel, sondern „schwierige“ Kunst.

Und es war wirklich ein besonderer Abend, denn einmal im Jahr bringt das Orchester ein „Bildungsprojekt“ auf die Bühne. Es spielen die Berliner Philharmoniker mit Frontmann Sir Simon, und sie werden begleitet von einem Tanzstück, das Monate vorher mit „Tänzern“ eingeübt wurde, die alles andere sind als Ballet-Künstler. Es sind Menschen wie du und ich. Bei den „Cities“ waren es eine Grundschulklasse aus Neukölln, eine Taekwon-Do-Kampfsportgruppe und ein Senioren-Tanzclub.

Ja, irgendwie kam ich dann doch an meine Karte und kann mitteilen: Es war hinreißend, sechstausend Hände klatschten nichtendenwollenden Beifall. Allen war klar, dass man etwas extrem Ungewöhnliches gesehen hatte.

Angefangen hatten Rattles „Education“-Projekte 2003 mit einem Experiment. In dessen Zentrum stand ein charismatischer Brite, Royston Maldoom. Dieser Mann hat eine Vision. Er hat in Schottland, Bosnien, Äthiopien und viel in Deutschland gearbeitet und glaubt an zwei Dinge. Dass jeder Mensch kreativ sein, dass jeder Mensch tanzen kann.

Als Tanzpädagoge choreografiert er Stücke, oft mit Schülern und Jugendlichen. Er bringt Menschen zusammen, vermittelt Vertrauen und bringt ein gemeinsames Werk zustande. Darüber hat Regisseur Thomas Grube einen ziemlich emotionalen Film gedreht. Er zeigt Maldoom und drei jugendliche Protagonisten. Marie, Martin und Olayinka sind junge Menschen, die es nicht leicht haben mit sich und der Welt. Aber sie finden etwas wieder, was sie verloren hatten oder nie besaßen – den Glauben an sich selbst.

Was hat die deutsche Presse nicht alles geschrieben: „Eine Glückspille als Film!“ Von dem „gewissen Groove“ war die Rede, den dieser „mitreißende und zärtliche Film über das Vertrauen in sich und andere“ hat und wie er „die Grenzen sprengende Kraft der Musik“ bebildert.

Stimmt alles.
Dieser Film steht am Ende der Kino-Reihe „dokBox – Neues dokumentarisches Kino“. Wie alle Filme der Reihe geht er davon aus, dass laut den Worten des großen Philosophen Immanuel Kant „nichts interessanter ist als der Mensch“. Und er zeigt, dass Kultur ein eigenes Territorium bildet, das für jedermann zugänglich ist.

Das Goethe-Institut Almaty zeigt den Film am Donnerstag, 16.April, um 18:00 Uhr im Kino Caesar. 

Von Günther Hasenkamp

10/04/09

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