In meinem Stadtteil soll eine Moschee gebaut werden. Und nun werde ich ständig gefragt, was ich davon halte. Es ehrt mich natürlich, dass meine Meinung gefragt ist. Aber gebaut wird sie ja sowieso – mit oder ohne mein Einverständnis. Aber das macht in diesem Falle nichts, da ich dafür bin.

Denn erstens bin ich eine Verfechterin der Demokratie und damit auch der Religionsfreiheit, zweitens finde ich Moscheen als Gebäude gar hübsch anzuschauen. Drittens treffen sich die Migranten sowieso, warum also nicht in einer Moschee? Viertens bin ich stolz auf die kulturelle Vielfalt meiner Stadt Köln. Und fünftens mischen sich die türkischen Migranten ja auch nicht in die Architektur der Stadt ein – schade eigentlich, denn manches, was hier gebaut wird, ist grausig.

Bisher fand ich das ganz einfach: Die Moslems hätten gern eine ordentliche Moschee, in der sie anständig beten können. In Köln gibt es einen geeigneten Platz dafür. Der Oberbürgermeister von Köln begrüßt das Vorhaben. Geld ist auch vorhanden. Und damit kann es losgehen. Ist es dann auch. Aber nun ist die Aufregung groß, das Thema ist in vielen Medien und in aller Munde. Die Empörung umspannt verschiedene Aspekte: Zum einen wird die Moschee nun viel größer als ursprünglich geplant – angeblich. Manche fühlen sich hierdurch hintergangen, weil man sich ja an Verabredungen halten solle. Und wer Turmhöhen überschreitet, übertritt womöglich auch andere Grenzen. Dass die Minarette weit sichtbar in die Höhe ragen, finden andere wiederum aus städtearchitektonischen Gründen unhaltbar. Und wiederum andere wollen einfach nicht, dass solch fremde Ansichten – religiöse wie bauliche – so offensiv in die Höhe ragen. Sie hätten wohl doch lieber die versteckte Hinterhofmoschee. Dann wiederum fragen sich einige, woher das viele Geld für den Bau gekommen sei. So viel Geld! Das kann ja nur illegal sein, Geldwäsche, ganz klar! Drogenhandel! Aber wissen tun diejenigen, die das behaupten, das nicht. So schwimmen wir weiter in Gerüchten. Aber weil wir auch ohne Fakten und Wissen Meinungen haben wollen, gehen die Spekulationen munter weiter. Denn die Moschee selbst sei gar nicht das Problem, sondern die zugehörigen Schulungsräume. Was darin passiere, könne nicht kontrolliert werden; womöglich würde dort der Fundamentalismus gefördert. Das bleibt eine freche Unterstellung. Und sowieso entstehen in neuen Räumen keine neuen Entwicklungen. Dinge gibt es in fast allen Fällen immer schon vorher, finden nur woanders statt. In sichtbaren Räumen lassen sie sich viel besser beobachten (kontrollieren) als in unterirdischen Gängen – nebenbei bemerkt – insofern wäre die Moschee förderlich, dass dort eben NICHT der Fundamentalismus… Aber der Mensch braucht seine Ängste. Die sanfteste Form der Angst ist wohl, dass der Muezzin zu oft und zu laut rufen könnte. Aber es nützt ja nichts, die Moschee wird trotzdem gebaut.
Und damit wird es sowieso sein wie mit fast jeder neuen Entwicklung oder Erfindung: Vorher ist die Aufregung groß und die Ängste vor dem Neuen schüren sich gegenseitig. Und wenn dann das Neue eintritt, wird es schnell zur Gewohnheit oder gar Selbstverständlichkeit und im Nachhinein ist es wieder mal gar nicht so schlimm wie befürchtet. Und dann freuen wir uns alle gemeinsam über unsere schöne Moschee.

Aber bis dahin werden noch viele Ängste ausgestanden und Argumente ausgesprochen werden. Ohren zu und durch!

Julia Siebert

08/06/07

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