Während deutsche Politiker heftig über die Frauenquote diskutieren, versucht die kasachische Regierung das Interesse von Frauen an einer politischen oder wirtschaftlichen Tätigkeit zu wecken.

Eine der wichtigsten Aufgaben in der Strategie der Gendergleichberechtigung des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew für die Periode von 2006 bis 2016 ist die Steigerung des Frauenanteils unter den Leitern staatlicher Einrichtungen. Der Strategie zufolge soll der Frauenanteil in Führungspositionen in staatlichen Gremien bis zum Ende der Strategiefrist 30 Prozent erreichen. Laut UNO-Kommission für Frauenförderung ist dies die minimale Grenze, die sogenannte „kritische Masse“. Das heißt, ein 30-prozentiger Frauenanteil in politischen Institutionen kann noch einen bedeutenden Einfluss auf die Staatspolitik haben.

Fast jeder vierte Abgeordnete weiblich

In einer Ansprache während des Kongresses der Frauen von Kasachstan im März 2011 wies das Staatsoberhaupt darauf hin, dass der Frauenanteil in Regierungsorganen im Jahr 2010 bei rund 10 Prozent lag – ein seiner Ansicht nach ziemlich geringer Wert. Aus diesem Grund wurde im vergangenen Jahr von Regierung und Präsidentenverwaltung im Auftrag des Präsidenten ein spezielles Programm in Zusammenarbeit mit dem Nationalausschuss für Frauenangelegenheiten und familiendemographische Politik erarbeitet. Das Ziel dieses Programmes ist die Frauenförderung im Entscheidungsbereich. Nach den Wahlen zum Unterhaus des Parlaments, der Maschilis, im Januar 2012, stieg der Anteil der weiblichen Abgeordneten von knapp 16 auf über 24 Prozent. Von 107 Abgeordneten sind jetzt 26 Frauen.

Auf den ersten Blick scheint es, dass das vom Präsidenten vorgegebene Ziel bald erreicht wird und die Frauen in vier Jahren einen würdigen Platz im politischen Leben des Staates einnehmen werden. Aber in Wirklichkeit gibt es viele Schwierigkeiten auf dem Weg zur Gleichberechtigung, die tiefer versteckt sind. Rauschan Sarsembajewa ist Leiterin der Vereinigung der Geschäftsfrauen Kasachstans, der größten nichtstaatlichen Frauenorganisation mit 14 Niederlassungen in kleinen und großen Städten des Landes. Mitglieder der Vereinigung sind erfolgreiche Geschäftsfrauen, die ihre Erfahrung anderen Frauen vermitteln und Anstoß zu einer aktiven Tätigkeit geben möchten. Sarsembajewa meint, dass Kasachstan für die Einführung einer Frauenquote noch nicht bereit ist. Gauchar Dschansejitowa, Vorsitzende der Vereinigung in Almaty, stimmt zu: „Viele Frauen haben einfach kein Interesse an Karriere und einem eigenen Geschäft. Auf dieses Problem sind unsere Niederlassungen in kleinen Städten gestoßen, wo die Frauen einen großen Wert auf ihre traditionelle Rolle in der Gesellschaft legen.“

Förderung für Geschäftsfrauen

Im Februar dieses Jahres startete die Geschäftsfrauenvereinigung mit Unterstützung der Firma „Chevron“ ein neues Projekt unter dem Namen „Die Ausweitung der Möglichkeiten von Frauen durch Entwicklung wirtschaftlicher Fertigkeiten“. Das Projekt ist, wie Rauschan Sarsembajewa berichtet, auf die Unterstützung des Unternehmertums unter Frauen und die Verringerung der Frauenarbeitslosigkeit ausgerichtet. Nach der Untersuchung von Problemen, auf die kleine und mittlere Unternehmen gewöhnlich stoßen, wurden in sechs großen Städten in verschiedenen Gebieten von Kasachstan die ersten Lernzentren geöffnet. Die Kursteilnehmerinnen erwerben dort theoretische und praktische Kenntnisse für Unternehmer. Vermittelt wurden unter anderem die Grundlagen von Buchhaltung und Schriftführung. Daneben war ein Betriebspraktikum zu absolvieren. Geplant war, innerhalb eines Jahres 200 Frauen auszubilden. „100 Frauen haben schon ihre Zertifikate bekommen. Zwei von ihnen haben mit einem eigenen Geschäft angefangen“, sagte Sarsembaewa. Sie betonte auch, dass die Bedingungen der Entwicklung von weiblich geführten Unternehmen in Kasachstan „überaus schwierig“ sind.

Frauen stellen die Hälfte der Arbeitsbevölkerung von Kasachstan, was von der Wichtigkeit ihrer Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung des Staates zeugt. Dennoch äußert Nurtai Mustafajew, Analytiker des Instituts für sozial-wirtschaftliche Prognosen: „Die Frauen als soziale Gruppe haben einen relativ geringen ökonomischen Status. Ein bedeutender Teil der Männer sowie Frauen bewerten die Möglichkeiten von Frauen im Geschäft und in anderen Bereichen skeptisch.“ Dabei hat jedoch niemand jemals ein gutes und konkretes Argument vorgebracht, warum Frauen im Geschäftsleben oder in der Politik nicht erfolgreich sein können.

Von Xenia Sutula

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