Bodo Lochmann ist im Rahmen einer Langzeitdozentur des DAAD in Almaty. Der in Moskau ausgebildete Wirtschaftswissenschaftler (Dr.oec.habil) ist Rektor der Deutsch-Kasachischen Universität.

Auch mit dem besten Willen kann man den Verkehr in Almaty bestenfalls als „chaotisch“ charakterisieren. Zwar soll es allgemein verbindliche Verkehrsregeln geben,  doch es hat eher den Anschein, als hätte jeder Fahrer seine eigenen. Polizei ist nur auf ausgewählten Strecken präsent und ist zu einem nicht geringen Teil zum eigenen Vorteil bereit, einen Kompromiß mit Verkehrssündern einzugehen.

Nun aber hat wohl in punkto Verkehrskontrolle eine neue Ära begonnen. Elektronische Technik zum Messen von Geschwindigkeitsüberschreitungen und anderen Vorschriftverletzungen ist an bisher drei Stellen im Stadtgebiet stationiert. Rationalisierung und Objektivierung von Verkehrskontrollen können so beginnen.

Die erstmals bekannt gewordenen Meßzahlen sind ganz einfach erschreckend: Allein 36 000 Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden innerhalb der ersten 12 Tage des Funktionierens der neuen Anlage auf der Al-Farabi-Straße gemessen. Dabei begannen die Geräte erst ab 72 km/h zu blitzen, obwohl nur 60 Sachen erlaubt sind. Vielleicht ist das auch gar nicht so verwunderlich, wenn man davon ausgehen kann, dass mindestens die Hälfte aller Führerscheine gekauft sein soll.

Noch ist allerdings das Gesamtsystem weit davon entfernt, perfekt zu sein. Die Verkehrssünder werden zwar sofort erfasst und festgestellt, aber es muss noch von Hand ein entsprechendes Protokoll ausgefüllt werden. Außerdem werden die Strafbescheide dazu führen, dass die Banken noch mehr überfüllt sind als bisher, zahlen doch die meisten Leute solche Art von Rechnungen immer noch in bar. Doch immerhin: Der Anfang ist getan.

Bleibt mindestens dreierlei zu hoffen: Erstens, dass auch die Fahrer der berühmten Marschrutki auf diesem Wege diszipliniert werden können und sich nicht mehr als Klein-Schumacher aufführen. Zweitens, dass es findigen Polizisten nicht gelingen möge, neue Möglichkeiten für eine individuelle Lösung mit Verkehrssündern zu finden. Drittens, dass entsprechende Investitionen wesentlich stärker als bisher in den öffentlichen Nahverkehr fließen, weil auch eine diszipliniertere Autofahrerschar das Verkehrsproblem Almatys nicht löst, sondern erst verursacht.

30/09/05

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