Die aus Kasachstan stammende Natalia Wagner leitet seit 2003 den Jugendclub der Deutschen Jugend aus Russland (DJR) in Frankfurt am Main. Im Jahr 2004 erhielt der Verein für sein Engagement den Hessischen Integrationspreis, seit 2006 wird er staatlich unterstützt.

/Bild: Kostja Dallibor/

„Wir sind für beide, wenn die deutsche gegen die russische Fußballnationalmannschaft spielt”, sagt Natalia Wagner. Seit 2003 ist die ursprünglich aus Jermentau in Kasachstan stammende Physiklehrerin und Sozialarbeiterin ehrenamtlich, seit 2006 hauptamtlich Jugendclubleiterin für die „Deutschen Jugend aus Russland” (DJR) in Frankfurt am Main. „Bei uns sind drei Konfessionen vertreten, wir haben christliche, jüdische und moslemische Mitglieder”, erklärt die zweifache Mutter, „und nur etwa die Hälfte der Spätaussiedler kommt aus Russland – 40 Prozent aus Kasachstan und 10 Prozent aus der Ukraine.”

Als Streetworkerin versteht sich die 1995 in die Bundesrepublik eingereiste Jugendclubleiterin jedoch nicht. Von den Behörden wünscht sie sich weniger Bürokratie und mehr Entgegenkommen. Mitunter würden die Spätaussiedler durch das Behördendeutsch überfordert. Unter dem Leitmotiv „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützt der DJR die Integration von Spätaussiedlern. Wagner schätzt deren Zahl in der Bundesrepublik auf cirka 3,5 Millionen. Der Verein beschränkt sich nicht nur auf die klassischen Felder der Integrationsarbeit wie Spracherwerb, Ausbildung, Arbeitsmarkt und den Umgang mit den Behörden, sondern bietet auch jungen Leuten ein vielfältiges Programm. Den Kindern und Jugendlichen werden durch Sprach- und Computerkurse sowie Seminare und Sportveranstaltungen Perspektiven aufgezeigt. Auch marokkanische, türkische und indische Kinder sind im Verein willkommen.
Seit drei Jahren existiert unter Leitung der im usbekischen Taschkent geborenen Kunstpädagogin Dschamilja Hergenröder die Mal- und Kunstgruppe „Artischok”. Der Name „Art-i-Schok“ reflektiert unter anderem die psychosozialen Befindlichkeiten der Teilnehmer, die zwischen und mit zwei Kulturen und Sprachen leben. Derzeit betreut Hergenröder 32 Personen zwischen 4 und 27 Jahren und hat bereits vier Ausstellungen organisiert. „Bei mir lernen die Kinder und Jugendlichen nicht nur zeichnen. Sie steigern ihr Selbstvertrauen, lernen, Verantwortung zu übernehmen und zeigen Eigeninitiative – kurz sie erhöhen ihre soziale Kompetenz“, so die Kunstpädagogin.

Im Gegensatz zu US-Amerikanern deutscher Herkunft hätten Russlanddeutsche wie auch Russland und Kasachstan selbst in der bundesdeutschen Bevölkerung ein Negativimage, meint Wagner. „Mit der wirtschaftlichen Dynamik in diesen Ländern und der verstärkten Zusammenarbeit mit ihnen könnte es zu einem Paradigmenwechsel kommen, bei der die Russlanddeutschen eine Brückenfunktion einnehmen“, mutmaßt die Leiterin des Jugendclubs. Hoffnung macht da, dass die Spätaussiedler, die zunehmend wohlhabender werden, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch an Einfluss gewinnen. Prominente hessische Politiker wie der Ministerpräsident Roland Koch besuchen Veranstaltungen der Russlanddeutschen; andere übernehmen Schirmherrschaften.

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DJR Frankfurt am Main

Die Deutsche Jugend aus Russland (DJR) ist aus der Russlanddeutschen Jugend (RDS), der Jugendorganisation der Landsmannschaft aus Russland, hervorgegangen. Die Kreisgruppe Frankfurt, die im April 2000 gegründet wurde, zählt heute über 550 Mitglieder. Bundesweit sind dem eingetragenen Verein in neun Bundesländern etwa 10.000 Personen beigetreten.
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Von Kostja Dallibor

13/06/08

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