Die EU erhält den Friedensnobelpreis. In die Freude über die Auszeichnung für sechs Jahrzehnte Frieden mischen sich auch mahnende Worte angesichts der Krise.

Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an die Europäische Union (EU). Damit wurde erstmals in der mehr als 100-jährigen Geschichte der Auszeichnung, die auf den schwedischen Erfinder Alfred Nobel zurückgeht, ein Staatenbund für seine Verdienste um den Frieden geehrt.

Das Nobelpreiskomitee in Norwegen begründete seine Entscheidung in einer Erklärung in erster Linie mit der erfolgreichen Aussöhnung von Deutschland und Frankreich. Über einen Zeitraum von sieben Jahrzehnten hätten diese beiden Länder drei Kriege gegeneinander geführt. Heute aber sei ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar. „Das zeigt, wie historische Feinde durch gezielte Anstrengungen und den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen enge Partner werden können.“

Auch die Überwindung der Teilung Europas in Ost und West während dem kalten Krieg rechnete das Komitee der EU als Erfolg an: „Die Demokratie wurde gestärkt, viele nationale Konflikte auf ethnischer Grundlage wurden gelöst.“ Ausdrücklich erwähnt das Komitee auch die Beitrittsperspektive für die Staaten des Balkans und die Türkei. In der Türkei hätte die Perspektive einer Mitgliedschaft bereits zur Verbesserung von Demokratie und Menschenrechten beigetragen.

Die Verleihung des Nobelpreises ist derweil nicht allein als Anerkennung für die in den vergangenen sechs Jahrzehnten geleistete Arbeit zu verstehen, sondern auch als gezielte Unterstützung für die EU in der gegenwärtigen Krise. Für diese findet das Komitee deutlich Worte: „Die EU erlebt derzeit massive wirtschaftliche Schwierigkeiten und erhebliche soziale Unruhen.“ Dennoch habe die EU es geschafft, den größten Teil Europas von einem Kontinent des Kriegs in einen Kontinent des Friedens zu verwandeln.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach anlässlich der Zuerkennung des Friedensnobelpreises an die EU von einem Ansporn, „jetzt erst recht unsere eigenen Probleme zu lösen, mit unserem europäischen Modell der Kooperation Beispiel zu geben und unsere europäischen Anstrengungen für eine friedliche Entwicklung der Welt noch zu verstärken“. In der deutschen und europäischen Presse mischten sich Anerkennung für die Entscheidung aus Oslo mit kritischen Stimmen. So erinnert etwa der Historiker Ovidiu Pecican in der rumänischen Zeitung România Liberă an ungelöste Konflikte auf dem Balkan sowie die Krise in Griechenland. Er mahnt: „Griechenland von Europa zu trennen – und manche Politiker spielen mit diesem Gedanken – würde bedeuten, dass sich Europa von sich selbst entfremden würde, von seiner Existenzberechtigung.“ In einer Umfrage im sozialen Netzwerk Facebook bewerteten die Leser der DAZ die europäische Einigung mehrheitlich als positiv. 63 Prozent der Teilnehmer sind der Ansicht, Zentralasien könne in dieser Frage von Europa lernen. Mehr als ein Viertel macht dabei aber die Einschränkung, die politischen Systeme in Zentralasien seien noch nicht integrationsreif. Ein Drittel der Teilnehmer an der Umfrage sind angesichts der gegenwärtigen Eurokrise generell skeptisch und finden, dass Europa noch nicht als Erfolgsgeschichte gelten könne. Und ein Teilnehmer (4 Prozent) findet auch unabhängig von der gegenwärtigen Krise den inneren Frieden noch nicht stabil genug.

Von Robert Kalimullin

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