Wie feiert man seinen 40. Geburtstag auf angemessene Art und Weise? Nachdem sich Kolumnistin Julia Siebert über diese Frage wochenlang den Kopf zerbricht, findet sie zu einer überraschend einfachen Erkenntnis.

Mit 40 Jahren Lebenserfahrung sollte man doch eigentlich wissen, wie man seinen Geburtstag feiert. Sollte man meinen. Ich habe unheimlich gern Geburtstag und schon allerlei veranstaltet, um mich angemessen selbst zu feiern und feiern zu lassen. Es gab große Feste, kleine Feste, romantische Stelldicheins, Ausflüge und Entspannungsprogramm daheim, auf dem Lande und im Ausland. Wenn man schön feiern will, muss man das vorbereiten; muss wissen, was man will, mit wem man das will, sich festlegen und das frühzeitig ankündigen. Dazu war ich dieses Jahr nicht imstande. Seit Wochen überlege ich hin und her, ob ich Freunde bekochen oder jemanden zum Essen einladen, einen Ausflug unternehmen oder mich bei Freunden in einer schönen Stadt einladen soll.

Letzte Woche habe ich mich dazu durchgerungen, Freunde einzeln anzufragen, ob sie einen Ausflug mit mir unternehmen; allerdings ganz schüchtern und devot, ohne zu verraten, dass es sich dabei um meinen Geburtstag handelt, um sie nicht zu nötigen, sich den Tag extra freizuschaufeln. Das war nicht sehr schlau, denn alle, aber auch wirklich alle, haben etwas vor. Die meisten müssen arbeiten, andere haben Elternabend, Stammtisch oder eine Ausstellung; sind im Ausland, krank oder haben schon vor geraumer Zeit Pläne geschmiedet; einer ist grad gar nicht gut drauf und nicht „ansprechbar“, wie er meint. Da stehe ich nun, ich armer Tor, und muss meinen Geburtstag ganz alleine feiern. Das ist doch eine Verschwörung! Aber es hilft alles nichts, erst recht kein Selbstmitleid, schließlich habe ich mir die Suppe selbst eingebrockt, nun muss ich sie auch allein auslöffeln und mich selbst bespaßen.

Mal schauen, was mir meine Stadt Köln anzubieten hat. Aha, im Veranstaltungskalender steht allerhand drin, eine „lustige Brauhaustour“, Speed Dating oder eine “lustige Stadtrallye”. Ja, lustig soll es zugehen, aber das lockt mich nicht aus der Reserve. Was noch? Hormon Yoga und Treff zur Patientenverfügung. Oh je, ach ne, das hebe ich mir für die Wechseljahre auf. Auch den „ESF Kurs – Kompetenzfeststellung Niveau B 2“ besuche ich lieber ein andermal. Oder gar nicht. Und einen „Spaziergang durch Peking“ tät ich gern leibhaftig unternehmen, aber nicht virtuell. Ach hier, „Gibt’s ein Leben über 40?“ Der Titel passt perfekt. Kabarett. Na, das wird sicher heiter. Jedoch – noch immer mag ich mich nicht festlegen (und dabei bin ich schon mittendrin in meinem Geburtstag), und so soll es ein Ausflug an einen Ort werden, der viel zu bieten hat: Wildpark, Rheinufer, eine Galerie, zwei Inseln, Freibad und ganz viel Wald drum herum. Na bitte! Eine Flasche Sekt ist kalt gestellt und einen Kuchen habe ich mir auch gebacken. Das ist doch ein Anfang.

Inzwischen ist der halbe Geburtstag rum und ich habe meinen Ausflug verpasst, weil ich mich träge und gemütlich durch die Bude und den Tag lümmele, immer mal am Sekt nippe und in ein Stück Kuchen beiße; nehme Glückwünsche entgegen und ein Schaumbad (zur Feier des Tages spendiere ich mir eine doppelte Ladung Schaum und eine randvolle Wanne). Und ich muss sagen – trotz des sparsamen Programms fühle ich mich doch recht geburtstaglich. Entgegen meiner Annahme scheint es auszureichen zu wissen, dass man Geburtstag hat, sich Gutes zu tun und beglückwünschen zu lassen. Anscheinend muss es gar nicht so viel Bohei sein, das Ding mit dem Geburtstagfeiern ist einfacher, als ich dachte. Hätte ich das früher gewusst!

Julia Siebert

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