Ausländische Investoren, die sich in Kasachstan geschäftlich betätigen wollen, beklagen oft Rechtsunsicherheit und Willkür staatlicher Behörden vor Ort. Mit dem Investitionsexperten Richard Happ, der als Rechtsanwalt in Hamburg arbeitet, sprach DAZ-Redakteurin Cornelia Riedel über den Schutz von Investoren in Kasachstan. Herr Happ, wie schätzen Sie im Moment das Investitionsklima in Kasachstan ein? Besteht Rechtssicherheit für ausländische Investoren?

Kasachstan hat in den vergangenen Jahren viel unternommen, um den Rechtsrahmen für ausländische Investitionen an westliche Standards anzupassen. Problematisch ist jedoch weiterhin die Umsetzung der Gesetze auf lokaler Ebene. Weit verbreitete Korruption und mangelnder Rechtsschutz durch staatliche Gerichte können immer noch zu erheblichen Problemen für ausländische Investoren führen.

Wie können sich internationale Kapitalanleger in Kasachstan schützen?

Kasachstan hat mit über 20 ausländischen Staaten, darunter auch der Bundesrepublik Deutschland, Verträge zur Förderung und zum Schutz ausländischer Kapitalanlagen (sog. „Investitionsschutzverträge“) abgeschlossen. Kapitalanleger sollten bereits bei der Planung darauf achten, dass ihre Kapitalanlage durch einen dieser Verträge geschützt ist.

Was ist der Investitionsschutzvertrag, seit wann besteht er und wie verlässlich sind ausländische Investoren dadurch geschützt?

Der Investitionsschutzvertrag zwischen Deutschland und Kasachstan wurde 1992 unterzeichnet und im Mai 1995 ratifiziert. Geschützt als Kapitalanlagen werden „Vermögenswerte jeder Art“, die deutschen Staatsangehörigen in Kasachstan gehören. Kasachstan ist u.a. verpflichtet, die Verwaltung, den Gebrauch und die Nutzung von Kapitalanlagen nicht willkürlich zu beschränken, Deutsche und ihre Kapitalanlagen nicht weniger günstig als Kasachen und deren Kapitalanlagen zu behandeln und ihnen jederzeit vollen Schutz und volle Sicherheit zu gewähren (z.B. gegen Diebe und Randalierer zu schützen) und sie billig und gerecht zu behandeln. Außerdem verpflichtet sich der kasachische Staat, sie nur zum allgemeinen Wohl und gegen volle Entschädigung zu enteignen sowie jede andere Verpflichtung einzuhalten, die sie in Bezug auf die Kapitalanlage deutscher Staatsangehöriger übernommen hat. Investoren sind durch diesen Vertrag verlässlich geschützt. Denn verletzt Kasachstan die Verpflichtungen aus dem Investitionsschutzvertrag, kann ein Investor ein neutrales internationales Schiedsgericht anrufen, das außerhalb Kasachstans zusammentritt.

Greift der Vertrag auch, wenn Investoren erpresst, bedroht oder willkürlich verhaftet werden, oder schützt er nur Vermögenswerte und nicht Personen?

Dem Wortlaut nach schützt der Vertrag nur Vermögenswerte und nicht Personen. In dem Verfahren der Siemens AG gegen Argentinien, dass auf der Basis eines vergleichbaren deutschen Investitionsschutzvertrages stattfindet, hat das Schiedsgericht jedoch entschieden, dass sich die Verpflichtungen nach Sinn und Zweck des Vertrages notwendigerweise auch auf die Investoren erstrecken müssen.

Welche Möglichkeiten haben internationale Kapitalanleger, sich vor Erpressungen und körperlichen Übergriffen konkret zu schützen?

Dies lässt sich nicht generell beantworten. Der Investitionsschutzvertrag jedenfalls bietet keine Möglichkeit, so etwas zu verhindern, sondern nur Schadensersatzansprüche, nachdem der Staat gehandelt hat.

Wie schnell tritt ein neutrales, internationales Schiedsgericht in Aktion, um die Rechte ausländischer Firmen einzufordern?

Das hängt davon ab, ob der Staat das Verfahren verzögern will. Bis zu einem gewissen Grad ist das möglich. Bereitet man das Verfahren aber gut vor, kann ein Schiedsgericht binnen vier bis sechs Monaten zusammentreten. Ein Verfahren dauert im Schnitt bis zum Schiedsspruch zwei Jahre.

Welche Möglichkeiten haben die Kläger, bei einem Schuldspruch ihre Ansprüche durchzusetzen?

Schiedssprüche sind fast weltweit durchsetzbar und können vom Staat nur schwer angegriffen werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass eine Vollstreckung selten nötig ist. In der Regel erfüllen Staaten Schiedssprüche, die sie zu Schadensersatz verpflichten, freiwillig.

Ist der Investitionsschutzvertrag für Kasachstan wirklich verbindlich, oder existiert er nur auf dem Papier?

Der Investitionsschutzvertrag ist verbindlich. Kasachstan kann sich nicht auf möglicherweise entgegenstehendes nationales Recht berufen, um sein Handeln zu rechtfertigen. Da ein neutrales Schiedsgericht, das außerhalb Kasachstans zusammentritt, über die Verletzung des Vertrages entscheidet, kann auch kein staatlicher Druck ausgeübt werden.

Wie abgesichert sind Investoren in Kasachstan im Vergleich zu Kapitalanlegern in anderen zentralasiatischen Ländern?

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat Deutschland mit den meisten anderen GUS-Ländern Investitionsschutzverträge abgeschlossen, die dem Vertrag mit Kasachstan ähneln.

14/07/06

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