Flaschensammler haben in Kasachstan einen denkbar schlechten Ruf. Bei einem Praktikum in Deutschland lernte Ruchsara Dschasybajewa jedoch das Recycling schätzen.

Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als man auch in meiner Heimat Kasachstan Glasflaschen abgeben durfte und dafür Geld bekommen hat. Heutzutage sieht die Sache ganz anders aus: Man bekommt kaum mehr Geld, und daher lohnt es sich nicht, die Flaschen zu sammeln und das zerbrechliche und schwere Glas so weit zu transportieren. Zudem weiß man nie ganz genau, ob es überhaupt genommen wird. Dafür liegen heute überall in Kasachstan Plastik- und Bierflaschen herum: mitten in der Stadt, am Strand…. Vielleicht aber wird hier Geld weggeworfen, wenn man bedenkt, dass in anderen Ländern für leere Flaschen bezahlt wird.
Deutschland, das Land mit den tausend Besonderheiten, macht auch hier keine Ausnahme. Was mich in Deutschland wunderte, war, dass hier alle mit leeren Flaschen herumgehen, sie abgeben und wieder Geld zurücknehmen… Mein erster Tag war für mich etwas peinlich, da in meiner Assoziation Flaschensammeln mit Obdachlosen verknüpft ist. Hier in Deutschland ist es aber anders. Man kauft eine ganze Kiste Glas- oder Plastikflaschen und, wenn alles ausgetrunken ist, werden die Flaschen nicht in den Müll geworfen, sondern sorgsam wieder in der Kiste gesammelt und zum nächsten Automaten oder Discounter zurückgebracht, um dann mit dem Pfandbon an der Kasse das Geld zurückzubekommen.

In jeder Küche eine Kiste

Merkwürdig war für mich, dass jede Familie ihre eigene Kiste in der Küche stehen hat, wo die leeren Flaschen hineinkommen. Und dann ist schon der Familieneinkauf finanziert. Man kann so viel Geld sparen und für dieses Geld Kleidung oder Schuhe einkaufen. Rechnet man mit einer Pfandflasche, die in der Regel 25 Cent wert ist, dann ist das im Monat, wenn jemand 20 oder 30 Flaschen hat, eine Menge Geld! Studenten, die jeden Euro zählen müssen und bei denen am Ende des Monats das Geld knapp wird, können immer noch die Pfandflaschen abgeben und dafür Lebensmittel einkaufen. Wer dies von Kindheit an lernt und weiß, dass jede Flasche Geld bringt, wird dadurch auch sparsamer und akkurater werden.

Es geht aber beim Flaschensammeln in Deutschland nicht nur um das Geld, sondern auch um die Umwelt. Für manche Menschen ist das Flaschensammeln ein regelrechter Job, aber dafür sind die Straßen sauber und die Menschen wissen, wie wertvoll Plastikflaschen sind. Denn Plastik zersetzt sich in der Natur für mehrere Jahrhunderte nicht.

Kasachstan, das multikulturelle Land mit seinen 16,5 Millionen Einwohnern, ist das neuntgrößte Land der Erde, 7,6-mal größer als Deutschland. Wenn es so ein Pfandsystem bei uns gäbe, könnten die Menschen seinen Wert verstehen. Es sollte natürlich zuerst eine Probephase geben, um den Menschen zu erklären, wie es funktioniert, bevor es fest eingeführt wird. Dann wäre vielleicht der Verschmutzung durch Flaschen ein Ende gesetzt!

Die Autorin ist Ifa-Praktikantin im Stuttgarter Linden-Museum.

Von Ruchsara Dschasybajewa

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