Wie der deutsche Jugendclub „Fantasie“ aus Ust-Kamenogorsk versucht, in Zeiten allgemeiner Mittelkürzung neue Mitglieder zu gewinnen

Das Jahr 2004 war ein Umbruchsjahr fur den deutschen Jugendklub „Fantasie“ in Ust-Kamenogorsk. Der bisherige Leiter ging, für ihn kam Jewgenij Michel, bislang der jüngste Klubleiter. Zum anderen verließen die „alten“ Mitglieder den Klub – all jene, die zwischen 23 und 25 Jahren alt sind und nun mit neuen Prämissen ihr eigenes Leben aufbauen wollen.

Kernpunkte der Klubarbeit für 2005 sind die wöchentlichen Sitzungen der „21 Aktiven“, der Kerntruppe aus 15 Deutschstämmigen und Russen, die mehr als drei Jahre dabei sind. Sechs von ihnen bilden den engsten Kreis – Multiplikatoren, die bei der Aufstellung von Plänen, der Projektausarbeitung und -einreichung mitwirken und sich in der Vorbereitung zahlreicher Veranstaltungen „einmischen“.

Sonntags gibt es in „Fantasie“ mal Besprechungen, mal Tanz- und Auftrittsproben oder auch an den traditionellen Feiertagen eine Disko.

Zusammenarbeit mit den 50 anderen Jugendklubs im Lande im Dachverband der Deutschen Jugend Kasachstans heißt für Jewgenij Michel vor allem Austausch von Erfahrungen, Beratung vor besonderen Höhepunkten sowie die Koordinierung des Zusammenwirkens. Zusammen mit der GTZ im Deutschen Haus von Almaty und den verschiedenen Filialen der „Wiedergeburt“ wurde ein Winter-Sprachlager-Projekt eingereicht – das Ganze wird derzeit noch geprüft.

Einen Schwerpunkt bilden Internetkontakte. Dass bei der Entwicklung konkreter Ideen für die Brücke Kasachstan – Deutschland Bekannte und Freunde helfen, die inzwischen nach Berlin, München, Hamburg oder Hannover übergesiedelt sind und sich dort um die Vernetzung russlanddeutscher Jugendklubs kümmern, gilt bei den Leuten von „Fantasie“ als Selbstverständlichkeit. Vor Ort steht die Teilnahme des Klubs an kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen im Mittelpunkt – keine reine Pflichtübungen, sondern wirkliche PR-Arbeit, damit die Jugend in und um Ust-Kamenogorsk von der Existenz und der Arbeit des Klubs „Fantasie“ erfährt und deren Rolle im Leben der Stadt wahrnimmt.

Die Gestaltung traditioneller, religiöser und staatlicher Feiertage gehört hingegen zur „Routine“. Sie bieten vor allem die Möglichkeit, neue Menschen für den Klub zu interessieren und die ältere Generation in der „Wiedergeburt“ mit den Jungen zusammen zu bringen. Dafür wurde dann schon mehrmals der Saal im Haus der Freundschaft angemietet, um den Publikumskreis zu erweitern und eben jene Offenheit zu demonstrieren, die ein Klub für sein Wachsen benötigt.

Jewgenij Michel schätzt das von „Fantasie“ organisierte Sommersprachlager 2004 als gelungenen Durchgang ein, wenn auch mit Abstrichen gegenüber dem weitaus gelungeneren Kinderlager. Der Grundgedanke sei verwirklicht worden, nämlich, dass Jugendliche nach dem Lager den Weg in den Klub suchen und auch finden. Für 2004 dürfen zwölf „Neue“ wohl durchaus als Erfolg angesehen werden. Sie widmen sich wie alle anderen von „Fantasie“ der Verbesserung der Kenntnisse in deutscher Sprache, Kultur und dem deutschen Alltagsleben.

Fur den Sommer 2005 möchte Jewgenij Michel etwas Neues ausprobieren: über den Kasachstandeutschen Unternehmerverband an Firmen mit deutscher Beteiligung oder deutschstämmigem Personal herantreten und ihnen Vorschläge für PR-Aktionen machen. Als Gegenleistung erwartet man finanzielle Unterstützung. etwa an der Durchführung

des republikweiten Sommerseminars für gesunde Lebensweise, für das Jewegnij Michel auch Einladungen an Spezialisten aus Sheskasgan verschickt hat.

Für den Fall, dass es kein selbstfinanziertes Sommersprachlager geben sollte, hat der Klubleiter Shenja eine andere Idee: Camping am 3.200 Meter hoch gelegenen Olachu-See. Über die Schönheit des Umlandes könnten wieder neue Leute für den Jugendklub gewonnen werden, außerdem kann man gemeinsame aktive Erholung anbieten.

Kasachstan ist ein freies Land. Für Jewgenij Michel, der aus einer deutschstämmigen Familie kommt, heißt das: der Klub ist offen für alle, ungeachtet der Nationalität. Entscheidend ist das Interesse an Deutschland, den Menschen und dem Leben dort wie hier. Zum Thema zukünftiger Selbstfinanzierung gehört auch, dass die Klubmitglieder die Ausgaben ihrer Wochenendtouren, Feiern und Treffen selbst bestreiten. Ein Erfordernis, das sicher nicht allein aus der allgemeinen Mittelkürzung resultiert. Junge Menschen finden sich auf ihre eigene Art und Weise im aktuellen Leben zurecht, ohne alles Gewohnte, Vertraute und Aufgebaute gleich fallen lassen oder aufgeben zu müssen. Da ist der Klubname im doppelten Sinne Programm: lasst euch etwas einfallen, könnte seine Umschreibung lauten.

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