Die vielbeschriebene Globalisierung ist keine Einbahnstraße – sie hat Gewinner und Verlierer auf allen Seiten. Keinesfalls ist es so, dass nur die entwickelten Staaten Nutzen daraus ziehen, während schwächere Staaten nur verlieren.

Dieses Schwarz-Weiß-Schema wird sehr oft von den Globalisierungsgegnern bemüht, um die Schädlichkeit des Prozesses an sich zu beweisen. Die Globalisierung aber, die vereinfacht mit dem Satz „Die nationalen Grenzen verlieren ihre klassischen Schutzfunktionen“ umschrieben werden kann, ist ein objektiver Prozess. Niemand hat ihn sich nebenbei, sozusagen in einer schlaflosen Nacht, ausgedacht. Letztlich wollen auch die Globalisierungsgegner die mit der Globalisierung verbundenen Vorteile, wie reichhaltiges Angebot von Waren aus allen möglichen Ländern, Reisefreiheit u. ä. mit Selbstverständlichkeit nutzen.

Natürlich ist das Verschwinden der Schutzzäune (nationale Grenzen) für viele Unternehmen nicht unbedingt ein leichter Prozess. Schließlich verschärft sich der Konkurrenzkampf enorm, er nimmt internationale Züge an. Konkurrenten kommen plötzlich aus Ländern oder Regionen, die man bisher überhaupt nicht beobachten brauchte. Zunehmend sind sie gar nur virtuell da, sprich man kann sie nur schwer direkt fassen.

Globalisierung ist ökonomisch gesehen eigentlich nichts weiter, als die Weiterführung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Die damit verbundene Spezialisierung erhöht die Qualität der Waren und senkt die Kosten für ihre Herstellung, macht sie also billiger und so erst einem breiten Kreis von Konsumenten zugänglich. Globalisierung ist „dasselbe in Grün“, nur eben auf internationaler Ebene. Der Nutzen aber ist prinzipiell derselbe wie bei nationaler Arbeitsteilung, allerdings in potenzierter Form. Natürlich sind mit der Globalisierung auch enorme territoriale Strukturveränderungen im Produktionsaufkommen verbunden.

Von Januar 1995 bis Juni 2005, also in nur zehn Jahren, sind zum Beispiel in der Textil- und Bekleidungsindustrie der USA etwa 57 Prozent der ursprünglich vorhandenen Arbeitsplätze verloren gegangen und in die asiatischen Länder abgewandert. Im Bereich der Elektrotechnik waren es 26 Prozent und im Bereich Computer und Elektronik 19 Prozent. Ärmer geworden sind die USA insgesamt deshalb aber nicht, denn die Zahl der Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor, darunter auch stark exportorientierter Branchen, hat im selben Zeitraum um 22 Prozent zugenommen.

Die Strukturveränderungen und andere dynamische Prozesse sollten idealerweise vorausschauend und aktiv gemanagt werden. Das gelingt in der Praxis natürlich bei weitem nicht immer. Doch die Unternehmen und Länder, die sich den Herausforderungen der Globalisierung bewusst und mit durchdachten Strategien stellen, brauchen sie eigentlich nicht zu fürchten und werden sich eher auf der Seite der Globalisierungsgewinner wieder finden. Diese aber werden keinesfalls nach dem Kriterium „entwickeltes Herkunftsland“ selektiert.

Bodo Lochmann

05/05/06

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