Franziska Bewer ist DAAD-Praktikantin an der Staatlichen Toraigyrow-Universität Pawlodar. Anfang Dezember hat sie gemeinsam mit dem DAAD-Lektor Thomas Spicker und dem Sprachassistenten des Goethe-Instituts, Frank Schettkat, ein Journalistik-Seminar in Pawlodar gehalten. Unsere Korrespondentin Lena Kot hat mit der deutschen Lektorin gesprochen.

Man sagt, dass man die eigene Sprache und das eigene Land nur im Vergleich mit anderen verstehen könne. Frau Bewer, können Sie das bestätigen?

Ja, diese Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Gerade in der letzten Zeit, seitdem ich mich als Deutschlehrerin bewusster mit meiner Sprache und meiner Kultur auseinandersetze und in Kasachstan lebe, merke ich, worin sich unsere Kulturen unterscheiden, und dass ich viel „typisch Deutsches“ an mir habe.

Viele Leute reisen, um Stress abzubauen. Wie ist das bei Ihnen?

Natürlich bedeutet reisen immer eine Abwechslung vom Alltag und den Aufgaben, die man täglich zu bewältigen hat. Und ich finde es auch sehr wichtig, mal seine Umgebung zu ändern, Neues kennen zu lernen und mal nicht an seine beruflichen und privaten Aufgaben und Probleme zu Hause zu denken.

Wie schätzen Sie das Niveau des Journalismus in Kasachstan ein?

Mein Russisch ist leider noch nicht gut genug, um hier ausreichend Zeitung lesen zu können. Aber ich gehe davon aus, dass es einige Unterschiede gibt, weil Zeitungen und Journalismus in Deutschland einen viel höheren Stellenwert in der Gesellschaft haben als hier. Das kann man z.B. daran sehen, dass es bei uns wesentlich mehr Zeitungen gibt als hier, und sie sind auch viel dicker.

Was meinen Sie, braucht die DAZ auch noch einen Teil in kasachischer Sprache?

Die DAZ ist in erster Linie ja eine deutsche Zeitung, die aber in Kasachstan erscheint. Da nicht alle Deutsch sprechen, ist es natürlich richtig, einen Teil der Zeitung auf Russisch, der allgemeinen Verkehrssprache im öffentlichen Leben hier, zu bringen. Es ist fraglich, ob sie mit einem zusätzlichen kasachischsprachigen Teil mehr Menschen erreichen würde. Auch ist es als deutsche Zeitung nicht ihre Aufgabe, die kasachische Sprache zu fördern. Ich denke, dies ist ein Vorteil eines freien Zeitungsmarktes, dass sich jede Zeitung auf eine bestimmte Leserschaft konzentrieren kann und sich auch jeder Leser eine Zeitung in seiner Sprache aussuchen kann. Und schließlich versteht sich die DAZ als Zeitung für ganz Zentralasien.

Die DAZ-Leserinnen und -Leser können Ihre journalistischen Beiträge nicht regelmäßig lesen. Suchen Sie lange nach einem Thema oder müssen Sie viel an einem Text verbessern, bis er Ihnen gefällt?

Das Schreiben von Artikeln für die DAZ sehe ich als ein Hobby und nicht als Nebenjob oder gar Beruf. An Ideen für Beiträge mangelt es durchaus nicht, nur ich finde leider nicht immer die Zeit für die notwendigen Recherchen und Vorarbeiten. Auch habe ich das journalistische Schreiben erst selbst lernen müssen – und ich übe immer noch. Manche Texte sind mir dabei leichter gefallen, an anderen habe ich ein bisschen länger gearbeitet und auch mehrere Versionen verfasst, bis ich zufrieden war.

Ein bekannter Journalist sagte einmal, das Schreiben sei ein Versuch, seine Probleme oder die Tragik des Lebens zu vermindern. Teilen Sie diese Meinung?

Schreiben an sich kann sicher helfen, mit Schwierigkeiten fertig zu werden, indem man dabei seinen Gedanken freien Lauf lässt und sie durch das Aufschreiben ordnet. Aber dies trifft wohl eher für literarische Texte zu. Klassisch ist ja das Tagebuch. In der Journalistik hat dies meiner Meinung nach weniger Geltung, vielleicht wenn man in einer Reportage seine Eindrücke wiedergibt. In Bezug auf den Abbau von persönlichen Schwierigkeiten kann das journalistische Schreiben wohl eher als Ablenkung dienen.

Was war Ihrer Meinung nach während des Seminars das Wichtigste?

Unser Hauptziel war natürlich, Studenten in Pawlodar das nötige Handwerkszeug zu geben, damit sie eigene Artikel vorbereiten und schreiben können. Das sollte in einer interessanten Art geschehen und gleichzeitig auch ein bisschen Spaß machen. Ich hoffe, dass dies mir und meinen beiden Kollegen auch gelungen ist.

Welche Erfahrungen haben Sie während des Seminars gesammelt?

Das Seminar war auch für mich sehr interessant und hat mir Spaß gemacht. Ich hatte mich bisher noch nicht intensiver mit dem journalistischen Schreiben auseinandergesetzt, dass ich es jemandem so genau hätte erklären können. Ich verlasse mich beim Schreiben hauptsächlich auf mein Sprachgefühl und meine Erfahrungen aus jahrelangem Zeitungslesen. Die Informationen zur Geschichte der Zeitung waren auch für mich neu. Sie sind wichtiges Hintergrundwissen für meine Tätigkeit als Deutschlehrerin. Und die Organisation und Durchführung eines solchen Seminars ist natürlich eine gute Übung für meine künftigen Tätigkeiten im Bildungsbereich.

Frau Bewer, vielen Dank für das Gespräch.

Lena Kot

13/01/06

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