Diejenigen, deren Verwandte oder Angehörige als „vermisst“ gelten, haben kein leichtes Los gezogen. Jedes Jahr, vor dem „Tag des Sieges“, verspürt unsere Familie ein Unbehagen, denn wir warten noch immer auf eine Nachricht bezüglich unseres Großvaters Almukan Bisenbijew, geboren im Jahr 1898. Er wurde 1942 aus dem Bezirk Gurjew (jetzt Atyrau) in den Kriegsdienst eingezogen. Im Jahr 1947 erhielt die Familie die Nachricht, dass er seit Februar 1945 als „vermisst“ gelte. Ich schreibe vermisst in Anführungszeichen, weil ich mir sicher bin, dass mein Großvater nicht einfach so das Schlachtfeld geräumt hätte, oder untergetauchen wäre. In den Listen der Kriegsgefangenen ist er nicht erfasst. Wegen des erbitterten Krieges war es nicht immer möglich, die Gefallennen zu bestatten: man musste immer weiter kämpfen – um den Sieg.

Als sie Großvater einberiefen, war mein Vater Taskyngali Almuchanow etwa ein Jahr alt, er wurde im Mai 1941 geboren. Im Erwachsenenalter schrieb er nach Moskau und beantragte Auskunft über die Grabstätte seines Vaters. Man fragte ihn widerum nach der Nummer der Einheit, in der mein Großvater gekämpft hatte. Allerdings waren die Briefe meines Großvaters zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erhalten. In seinem letzten soll er noch im Dezember 1944 geschrieben haben: „Der Sieg ist nicht mehr weit, wir werden siegen, wahrscheinlich, sehen wir uns bald wieder.“ Aber ohne der Nummer, und weiterer Informationen war in der Sowjetzeit keine Auskunft möglich. Mein Vater blieb jedoch stets in Unruhe über das Schicksal des Großvaters und fragte unermüdlich jeden Kriegsveteranen nach ihm aus.

Mit Internet bekamen wir die Möglichkeit, mit anderen Suchenden in Kontakt zu treten, und eines schönen Tages im Sommer 2013 habe ich einen Brief von Maria Salachiejwa aus dem Internationalen Informations– und Forschungszentrum «Vaterland» in Kasan (Tatarstan) bekommen. Sie schrieb, dass auf der Webseite «Die Heldentat des Volkes» ein Befehl über eine Medaillenehrung zu finden sei, die zwar nicht Almukan Bisenbijew, jedoch Almuchkan Bisembajew verzeichnet. Für diese Informationen war ich Maria, wie auch dem Forschungszentrum sehr dankbar. Auf eine Anfrage im Zentralarchiv des Verteidigungsministeriums hin, stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um meinen Großvater handelte.

Nach weiteren Anträgen und Abgleichen der Personaldaten bekamen wir schließlich im Mai 2014 das Zertifikat zur Medaille. Das Dokument wurde uns feierlich durch den russischen Botschafter in Kasachstan im Akimat von Atyrau überreicht. Aus diesem Befehl vom 18. November 1943 erfuhren wir, dass Großvater für die Befreiung von Smolensk ausgezeichnet worden war. Außerdem stand da auch die Nummer seiner Einheit vermerkt. Demnach war er Pionier im 297.Ingenieurbataillon des 1081. Infanterie-Regiments der 312. Infanterie-Division.
Im Zuge der Korrespondenz stellte es sich heraus, dass er vom 8. Januar bis 15. März 1944 im chirurgischen mobilen Feldlazarett behandelt wurde, das 15 km südöstlich von Witebsk, im Dorf Arguny stationiert war. Jedoch in den Aufzeichnungen zur Krankheitsgeschichte gibt es keine Informationen über seine weitere Verlegung. Dies macht es schwierig, seinen weiteren Verbleib zu lokalisieren oder den Bestattungsort ausfindig zu machen. Allerdings scheint uns, als sei er zu seinem 297 Pionierbataillon zurückgekehrt.

Weißrussische Experten weisen darauf hin, dass das Bataillon Teil der 5. Armee war. Es gibt auch die Version, dass die 312. Division dem 7. Gardeschützenkorps der 10. Gardearmee der Westfront angehörte. Im Jahre 1944 war diese Division Teil des 91. Infanterie-Corps der 69. Armee der 1. Weißrussischen Front, und befand sich auf polnischem Territorium. Mein Großvater hätte auch einem anderen Bereich geteilt werden können.

Dr. Wolfgang Ditting, einem deutschen Experten, sind wir aufrichtig dankbar dafür, dass er auf unsere Anfrage reagierte und mitteilte, dass der Name unseres Großvaters leider nicht in deutschen medizinischen Militärarchiven geführt wird. „Wir gehen davon aus, dass Bisenbijew, etwa, während der Überwindung der Oder und des Baus des südlichen Brückenkopfs am Westufer derselben gefallen oder ertrunken ist.“

Aus Dokumentationen ist uns bekannt geworden, dass viele Tausende von menschlichen Überresten sowjetischer und deutscher Soldaten entdeckt wurden, die nicht indentifiziert werden können. Die Schwierigkleiten bestehen u.a. auch darin, dass sowjetische Soldaten in den letzten Kriegsmonaten keine Medaillons mehr ausgeteilt bekamen, sondern nur Papierdokumente, von denen die meisten 70 Jahre nach dem Krieg nicht mehr erhalten sind.

Es gibt auch die Version, dass unser Großvater in Polen, auf dem Soldatenfriedhof von Wroclaw, im Grab unter der Nr. 65 ruht, weil es den Namen Bisinbajew trägt. Es ist bekannt, dass der Soldat aus dem Dorf Leśnica exhumiert wurde und am 10. Mai 1945 in einem dortigen Krankenhaus verstarb. Die Vertretung des russischen Verteidigungsministeriums in Polen gibt bislang keine bestimmte Antwort über die Identität, woraufhin wir die Krankheitsgeschichte anforderten. Im Zuge der bisherigen Korrespondenz mit dem polnischen Rat für Pflege sowjetischer Soldatengräber, fanden wir heraus, dass dieser Soldat in drei Schreibversionen in Dokumenten geführt wird. Alle drei Namen betreffen dieselbe Person, und auch das Geburtsjahr stimmt überein – 1898. Aber niemand kann garantieren, dass es tatsächlich unser Großvater ist und so sind wir weiter auf der Suche nach Beweisen.

Fehlschreibungen, Vertauschen von Geburtsdaten u.ä. waren in den Kriegsjahren ja gang und gäbe. Deshalb bitten wir diejenigen, die Informationen zum Bestattungsort von Almukan Bisenbijew beitragen können, um Hilfe. Wir, die Nachkommen, möchten das Grab unseres Großvaters finden und seiner gedenken.

Alle, denen etwas über einen Pionier im 297.Ingenieurbataillon des 1081. Infanterie-Regiments der 312. Infanterie-Division mit Geburtsjahr 1898 bekannt ist, bitten wir um Rückmeldung unter +7 701 126 42 64.

Übersetzung: Julia Boxler

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