Etliche Deutsche arbeiten im Ausland. Viele bringen ihre Ehepartner mit. Doch während der eine Partner karrieretechnisch durchstartet, bleibt der andere oft zu Hause. Wie ist es, sein Leben in Deutschland aufzugeben? Marc Goldmann ist der Ehemann von Valentina Goldmann, Referentin für Politik, Kultur und Presse in der Deutschen Botschaft Nur-Sultan. Die DAZ hat ihn in Almaty getroffen.

Herr Goldmann, was führt Sie nach Almaty?

Die Berge. Ich fahre jeden Sommer ein Mountainbike-Rennen in Europa, die „BIKE Transalp“. Das ist ein siebentägiges Etappenrennen und ich muss schauen, dass ich neben meiner Grundlagenausdauer auch meine Kraft trainiere. Das kann man hier in Almaty super machen, da es im Prinzip nur bergauf geht. Man kann knapp bis auf 3.300 Meter hochfahren. Das ist ein Privileg, das man in Europa nicht hat.

Außerdem ist Almaty eine wunderschöne Stadt. Es gibt hier mehr Cafés und Möglichkeiten, draußen zu sitzen, weil das Wetter schöner, beständiger und wärmer ist. Auch kulturell hat Almaty mehr zu bieten als Nur-Sultan.

Sie sind ein mitausreisender Ehepartner, ein sogenannter MAP. Das heißt, Ihre Frau arbeitet den ganzen Tag. Wie sieht Ihr Alltag aus?

Ich war zum ersten Mal mitausreisender Ehepartner, als wir 2017 nach Kasachstan gekommen sind. Damals gab es nur meine Frau und mich. Es ist das Privileg eines MAP, dass man finanziell abgesichert ist. Man hat also praktisch Urlaub. Am Anfang habe ich das Leben sehr genossen: Ich habe jeden Tag ausgeschlafen, gefrühstückt, ein bisschen Russisch gelernt, bin ins Fitnessstudio gegangen. Irgendwann wurde das aber langweilig, und ich habe angefangen, am Sprachlernzentrum des Goethe-Instituts Konversationsclubs zu veranstalten, erst einmal im Monat, dann zwei Mal und schließlich jede Woche. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Dann wurde meine Frau schwanger und wir haben eine Zeit lang in Berlin gelebt. Anfang dieses Jahres sind wir nach Kasachstan zurückgekehrt. Jetzt stehe ich nicht mehr um 10 Uhr auf. Meine nun acht Monate alte Tochter wacht morgens zwischen 5 und 6 Uhr auf. Dann stehe ich mit ihr auf und kümmere mich um sie. Drei Mal die Woche haben wir nachmittags eine Nanny, damit ich zum Sport gehen kann. Aber grundsätzlich bin ich Vollzeit-Mutter. (lacht)

Wie haben Sie auf die Entscheidung reagiert, dass es nach Kasachstan geht?

Das war eine ganz kurzfristige Geschichte. Wir wollten zwar ins Ausland, hatten aber nicht damit gerechnet, dass es so schnell geht. Valentina hat eine 14-monatige Ausbildung im Höheren Dienst beim Auswärtigen Amt gemacht. Währenddessen wurde sie nach Nur-Sultan, damals Astana, abgeordnet, wo ich sie auch besucht habe. Ich hatte also schon einen ersten Eindruck von Kasachstan. Irgendwann kam der Anruf, dass an der Botschaft eine Stelle freigeworden war.

Eigentlich hatten wir damals gedacht, dass wir nach dem Ende ihrer Ausbildung in Berlin bleiben. Doch es gab viele Argumente, die für Kasachstan sprachen. Zum einen war es eine interessante Stelle für Valentina, und zum anderen wäre es irgendwann sowieso ins Ausland gegangen. Ich habe zu mir gesagt: „Es ist ein neues Land, das ich jetzt kennenlernen werde.“ Wenn man irgendwo lebt, lernt man das Land noch einmal ganz anders kennen als zum Beispiel im Urlaub.

Hätten Sie auch in Berlin können?

Das ist natürlich eine Option, aber das kam für uns gar nicht in Frage. Man heiratet ja nicht umsonst und will mit seinem Partner verbunden bleiben. Wenn einer seinen Job hier und der andere dort macht, ist die Gefahr, sich zu entfremden doch sehr, sehr groß. Wir hatten vorher schon lange eine Fernbeziehung, das waren aber nur hundert Kilometer. Ich habe damals beim Veranstalter des „Berlin Marathons“ gearbeitet. Dort habe ich gekündigt. Wenn es zurück nach Deutschland geht, finde ich vielleicht dort wieder einen Job – oder woanders. Man findet immer Arbeit.

Es war also kein Problem für Sie zu sagen: „Meine Frau macht jetzt Karriere, und ich stehe jetzt erst einmal hinten an“?

Nein. Als Valentina und ich uns kennenlernten, hatte ich mein eigenes Restaurant. Damals musste sie oft kürzer treten. Es heißt nicht umsonst „selbstständig“: Man muss auch abends oder am Wochenende viel arbeiten.

Wir haben offen über ihre Entscheidung gesprochen und ich will meiner Frau die Karriere nicht verbauen. Wir leben jetzt hier zusammen, haben ein Einkommen. Ich werde auch weiterhin Arbeit finden, aber ich werde jetzt nicht mehr der Topmanager. Dessen bin ich mir bewusst.

Sie haben gesagt, man lernt ein Land anders kennen, wenn man dort lebt. Wie ist Ihr Eindruck von Kasachstan?

Die Städte und Menschen sind sehr unterschiedlich. Die Hauptstadt ist ein bisschen wie Frankfurt am Main und Berlin kombiniert: eine Mischung aus Politik und Steifheit. Almaty ist eher wie eine Lebestadt: im Süden gelegen, sonnig. Den Winter in Nur-Sultan hatte ich mir nicht so lange und so kalt vorgestellt. Das war schon ein Einschnitt.

Man kommt mit den Kasachen nicht so schnell und einfach in Kontakt. Ich habe zwar kasachische Bekannte, konnte aber leider bislang keine echten Freundschaften schließen. Das hängt wahrscheinlich auch mit der Kultur zusammen. Die Leute sind freundlich und nett, aber ich habe das Gefühl, sie sind auch distanziert, zumindest in der Hauptstadt.

Was haben Sie schon vom Land gesehen?

Wir waren in Schymkent und in Turkestan. Wir waren in Karagandy, wo Valentina in der Umgebung noch Verwandte hat. Wir waren auch in dem Ort, wo Valentina aufgewachsen ist. Da habe ich das richtige Leben auf dem Dorf gesehen, außerhalb der blühenden Städte. Wir waren in Borowoje und in Korgalzhyn, dem Ort mit der nördlichsten Flamingopopulation. Es gibt hier so viel zu entdecken! Bevor wir nächstes Jahr Kasachstan verlassen, möchten wir noch gerne ins Altai-Gebirge und ans Kaspische Meer.

Was wäre Ihr Wunsch für die nächste Station?

Tokio. Wir waren letztes Jahr in Japan, und Tokio hat uns sehr gut gefallen. Aber grundsätzlich finde ich den südostasiatischen oder südamerikanischen Raum sehr interessant.

Das Gespräch führte Othmara Glas.

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