Schätzungen zufolge umfasst der Schattensektor bis zu einem Viertel der kasachischen Wirtschaft. Doch Kolumnist Bodo Lochmann ist der Meinung, dass auch der Umgang mit öffentlichen Geldern alles andere als transparent ist.

„…doch man sieht nur die im Lichte, die im Dunklen sieht man nicht!“. Diese Halbzeile aus Brechts „Dreigroschenoper“ ist sicher für vieles zutreffend, darunter auch für den Finanzbereich – nicht nur, aber auch Kasachstans. Schätzungen besagen, dass hierzulande neben dem offiziellen Produktionssektor eine private Schattenwirtschaft existiert, die etwa ein Viertel der offiziellen Produktion ausmacht. Die Existenz einer Schattenwirtschaft ist immer ein Hinweis darauf, dass irgendetwas bei der Besteuerung, Finanzierung, Steuerung oder anderen Fragen nicht optimal gelöst ist. Schließlich geht derjenige, der nichtoffiziell wirtschaftet, ja auch bewusst das Risiko ein, erwischt und bestraft zu werden.

Doch eine Art Dunkelwirtschaft gibt es auch außerhalb des privaten Sektors, also im Bereich der öffentlichen Finanzen. Dazu kann man wohl auch den Umgang mit dem „Nationalfonds“ zählen, der mittlerweile nicht weniger als etwa 54 Milliarden US-Dollar schwer ist, zu denen sich noch etwa drei Milliarden Dollar in Tenge gesellen. Pro Kopf der Bevölkerung sind das immerhin 3400 Dollar – eine hübsche Summe, wenn man sie im Geldbeutel hätte. Doch der Zweck dieses Fonds ist ein anderer und ein durchaus richtiger: die Steuereinnahmen des Staates aus dem Ölbereich werden komplett in diesen staatlichen Fonds überwiesen und bilden die offizielle Staatsreserve des Landes. Mit seiner Hilfe soll einerseits der Staatshaushalt in ertragsschwachen Zeiten ausgeglichen und andererseits langfristig für die Zukunft vorgesorgt werden. Dagegen kann man keinesfalls etwas Grundsätzliches sagen, obwohl die Opposition hierzulande vor einiger Zeit verlangte, dieses Geld an die Bevölkerung auszuschütten. Das ist vom Präsidenten abgelehnt worden, denn erstens ist das Ziel des Fonds anders definiert und zweitens hätte dieser Geldsegen viel Unheil angerichtet, vor allem in Form hoher Inflation. Aus dieser Sicht kann man den Nationalfonds nicht in die Kategorie „Dunkelwirtschaft“ einordnen, wohl aber aus Sicht seiner Transparenz. Bei diesem Geld geht es bekanntlich um Eigentum des Volkes, der Staat ist nur dessen Verwalter. Die Konstruktion seiner Verwaltung ist aber ziemlich undurchsichtig beziehungsweise kompliziert. Um Verwaltungskosten zu sparen, wurde dem Fonds bei seiner Gründung im Jahre 2000 kein eigener rechtlicher Status gegeben, sondern er wurde an das Finanzministerium „angehängt“. Ein eigenes Konto wurde für ihn bei der Nationalbank eröffnet, letztere wurde auch zu seinem Anlagemanager bestimmt. Der juristische Eigentümer (das Finanzministerium) kann also die Anlageentscheidungen nicht direkt beeinflussen, das Geld wird ja international breit gestreut in Aktien und Anleihen vor allem der westlichen Industriestaaten angelegt.

Dazu nutzt die Nationalbank wieder ausländische Finanzgesellschaften, was natürlich nicht kostenlos ist.

Rein technisch gesehen ist die Trennung zwischen dem Eigentümer, der sich in Astana befindet, und dem Verwalter mit Sitz in Almaty schon eine schöne Möglichkeit intransparenter Informationen. Oft kann die eine Seite nicht sagen, was die andere macht oder meint.

Doch die Nationalbank ist letztlich auch nur der offizielle Verwalter des vielen Volks-Geldes. Realer Verwalter ist kein geringerer als der Präsident und Führer der Nation selbst. Mit seiner Unterschrift wurde im Jahre 2004 ein spezieller Rat zur Verwaltung des Nationalfonds beim Präsidenten gebildet, der laut Satzung Beratungsfunktion hat. Vorsitzender ist der Präsident selbst. Die Anweisungen des Vorsitzenden des Verwaltungsrates sind für seine Mitglieder nun wieder bindend, zudem ist in der Praxis mit der Umsetzung der Prozeduren des Anlegens der Fondsgelder der Apparat des Präsidenten beauftragt. Dieser gehört allerdings auf jeden Fall zu den am wenigsten durchschaubaren und kontrollierbaren Leitungsstrukturen im Lande. Mitglieder des Verwaltungsrates des Fonds sind zudem ausschließlich Leute (Premierminister, Senatspräsident, Leiter der Präsidentenadministration, Vorsitzender der Nationalbank, einige Minister), die auch außerhalb dieses Fondsgremiums dem Präsidenten direkt unterstehen.

Dieser geschlossene Zirkel verwaltet also einen Gutteil der finanziellen Zukunft des Landes. Nun muss diese Konzentration und Abgeschlossenheit nicht automatisch schlecht sein, allerdings ist sie auch nicht gerade vertrauensbildend. Mittlerweile werden zwar regelmäßig Gesamtzahlen des im Fonds vorhandenen Geldes ebenso veröffentlicht wie die Grundstruktur der Anlagen und die erzielten Einkünfte. Im Dunkeln bleiben jedoch die Auswahl- und Entscheidungsmechanismen, die der eigentliche Eigentümer – das Volk – doch schon wissen sollte.

Bodo Lochmann

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