Herr Meuser, was war ihre Motivation, den Architekturführer zu machen?

Ich wollte schon immer mal einen Architekturführer über Kasachstan machen. Wir haben seit 2004 hier in Kasachstan Projekte realisiert, unter anderem in der deutschen, französischen und britischen Botschaft. Im Rahmen dieser Architektentätigkeit habe ich hier in Kasachstan so viel Material gesammelt. Was wirklich neu ist – und das gibt es auch nicht in russischer Sprache – das ist diese Sammlung von 100 Bauten und Projekten in Astana, die alle mit Adresse der Architekten und Baudaten identifiziert sind. Es gibt dazu kurze Texte mit Hintergrundinformationen und Interpretationen.

Außerdem wird man in den nächsten drei Jahren auf Astana schauen. Es macht keinen Sinn erst 2017 zu erscheinen, wenn ganz viele Leute etwas über Astana machen, weil es die Expo-Stadt ist.

Was ist das Besondere an Ihrem Architekturführer?

Wenn es etwas Vergleichbares in kasachischer und russischer Sprache gäbe, setzt das voraus, dass hier auch die Kultur der Architekturkritik gibt. Das ist in Kasachstan noch nicht so entwickelt. Hier wird Kritik noch als etwas sehr Negatives wahrgenommen. Dagegen wissen wir in Europa, dass Kritik auch etwas Positives sein kann, indem wir etwas kritisch würdigen. Kritik kann der Anlass sein, Dinge zu hinterfragen um ihnen Qualität zu geben. Manch ein Gebäude in Deutschland und in Europa hat durch die Diskussion eine Qualität bekommen, die es nicht unbedingt verdient.

In fünfzig Jahren wird man sich diesen Architekturführer vornehmen, um einfach mal zu gucken, was in der ersten Phase in Astana gebaut worden ist. Natürlich gibt es Bücher, die dies dokumentieren. Diese Literatur ist allerdings sehr beschreibend und wenig bewertend. Nun will ich mir auch nicht anmaßen, jedes Haus hier in Kasachstan durch den Kakao zu ziehen, sondern es geht mir darum, diese Gebäude in einen Kontext zu stellen in der Zeit, in der sie in Kasachstan gebaut wurden und auch vor dem Hintergrund der internationalen Architektur. Das ist auch das Steckenpferd unseres Verlages. Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit der Architektur der aufstrebenden Staaten wie Brasilien, Südafrika Indien oder China. Wir beschäftigen uns natürlich auch mit Regionen, die stark im Umbruch sind. Dazu gehören eben die ganzen ehemaligen Sowjetrepubliken.

Werden Sie als jemand wahrgenommen, der den Kasachen ihre Architekturgeschichte erklärt?

Ich glaube, dass ich so wahrgenommen werde, dass ich jemand bin, der von außen schaut und auch das Privileg des Nichtwissens genießt. Somit kann ich Dinge in einen Kontext stellen, wo sich vielleicht ein Kasache blamieren könnte, und es wird anerkannt, dass ich manche Zusammenhänge frei betrachte. Das habe ich auch jetzt wieder in vielen Gesprächen erfahren.

Herr Meuser, vielen Dank für das Gespräch

Interview: Dominik Vorhölter

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