Der kasachische Markt bietet ein großes und wachsendes Wirtschaftspotenzial und eröffnet damit Chancen für Produkte und Dienstleistungen „Made in Germany“. Das deutsche Bundesland Baden-Württemberg ist ein Standort mit hoher Exportneigung. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster über die Zusammenarbeit zwischen Baden-Württemberg und Kasachstan.

/Bild: Pressestelle des Stuttgarter Oberbürgermeisters . ‚Stuttgarter Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster’/

Herr Dr. Schuster, welche Veranstaltungen plant das Bundesland Baden-Württemberg im Deutschland-Jahr in Kasachstan?

Das Bundesland Baden-Württemberg plant eine Unternehmensreise nach Kasachstan, in die Städte Astana und Almaty, unter Leitung des Wirtschaftsministers des Landes Baden-Württemberg Ernst Pfister, MdL vom 27.09. bis 02.10.2010. Darüber hinaus finden an vier Standorten in Baden-Württemberg Wirtschaftstage zum Thema Kasachstan statt.

Welche Vorteile bietet Baden-Württemberg für Unternehmen, die ins Kasachstangeschäft einsteigen wollen, bzw. ihre Aktivitäten ausweiten wollen?

Für baden-württembergische Unternehmen, die ins Kasachstangeschäft einsteigen bzw. dort ihre Aktivitäten ausweiten wollen, bieten Stadt und Land ein breites Spektrum an Unterstützung: Von der Beschaffung von Informationen zu Marktpotenzialen über die Vermittlung von Kontakten oder der Organisation von Kasachstan-Wirtschaftsveranstaltungen bis hin zur finanziellen Förderung beispielsweise von Unternehmerreisen.

Wer bietet den kleinen und mittleren baden-württembergischen Unternehmen Unterstützung beim Markteintritt in Kasachstan?

Es gibt in Baden-Württemberg ein dicht geknüpftes Netz an Wirtschaftsförderungsorganisationen, beispielsweise Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Unternehmerverbände, Wirtschaftsförderungen der Städte, die den kleinen und mittleren baden-württembergischen Unternehmen Unterstützung beim Markteintritt in Kasachstan bieten. Insbesondere die Außenwirtschaftsfördergesellschaft des Landes Baden-Württemberg „Baden-Württemberg International” (bw-i) ist sehr aktiv. All diese Einrichtungen verfolgen das Ziel, den Unternehmen ausländische Marktpotenziale aufzuzeigen, damit diese ihren Handel ausweiten und neue Vertriebswege aufbauen können. Dies steigert nicht nur deren Gewinn, sondern trägt auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland bei. Unterstützung erhalten unsere Firmen aber auch von der Delegation der deutschen Wirtschaft für Zentralasien (AHK) mit Sitz in Almaty.

Gibt es in Kasachstan regionale Präferenzen und Branchenschwerpunkte?

Die von der Landeshauptstadt Stuttgart und „Baden-Württemberg International“ organisierten Unternehmensreisen waren stets branchenübergreifend, da wir der Überzeugung sind, dass der kasachische Markt grundsätzlich für alle Branchen gute Absatzmöglichkeiten bietet. Im Rahmen der Unternehmensreisen wurden in der Regel die Städte Almaty als größte Stadt und Wirtschaftszentrum Nr. 1 in Kasachstan sowie Astana als politisches Zentrum besucht. Bei solchen Reisen bahnen baden-württembergische Unternehmen vielseitige Kooperationen in Kasachstan an, insbesondere in den Branchen Maschinenbau, Elektroindustrie, Gesundheit sowie im Energie- und
Umweltbereich.

Das unterschätzte und ambitionierte Schwellenland Kasachstan agiert mitunter im Windschatten Russlands, ist jedoch in wirtschaftlicher Hinsicht manchmal schneller, flexibler, pragmatischer als sein großer russischer Bruder. Trotz räumlicher Distanz, Imageproblemen und Landesspezifika: Ist es als Absatzmarkt und Industriestandort für baden-württembergische Unternehmen interessant?

Baden-Württemberg ist ein Standort mit hoher Exportneigung und weist deshalb auch eine hohe Exportquote auf. Vor diesem Hintergrund wird die wirtschaftliche Stärke Stuttgarts und Baden-Württembergs entscheidend vom Erfolg unserer Unternehmen im internationalen Wettbewerb geprägt. Wachstum und Nachfrage verlagern sich zunehmend in Richtung Auslandsmärkte, insbesondere der Schwellenländer. Um dort erfolgreich zu sein, müssen unsere Unternehmen vor Ort Präsenz zeigen. Kasachstan mit seiner Wirtschaftskraft bietet unseren Firmen hervorragende Absatzchancen. Kasachische und baden-württembergische Firmen sind gut beraten, wenn sie die Chancen gemeinsam nutzten.

Würden Sie sagen, dass einige Länder der GUS – Kasachstan und Russland z.B. – sich in den letzten zehn Jahren wirtschaftlich durchaus dynamisch entwickelt haben, während in der Bundesrepublik dagegen auch intellektuell und psychologisch Stagnation und Apathie dominieren und der Kampf um den schrumpfenden Kuchen immer härter geführt wird?

Diese Einschätzung ist schlicht falsch. Deutschland ist neben China – Exportweltmeister – und führendes Hightechland in der Welt. Wir haben alle Chancen, ganz vorne im Weltmarkt uns weiterhin zu behaupten.

Würden Sie sagen, dass Asien, insbesondere China, aber auch Indien wirtschaftlich, politisch und militärisch auf dem Vormarsch sind – eine These, die u.a. von Autoren wie Gabor Steingart („Weltkrieg um Wohlstand“), Frank Sieren („Der China Code“) und Konrad Seitz („China“) vertreten wird? Und was bedeutet das für die Bundesrepublik?

Die Entwicklung des BIPs Chinas und Indiens führt uns vor Augen, dass die deutsche Wirtschaft unbedingt ihren Wissens- und Technologievorsprung halten muss. Wichtig ist dabei eine ausreichende Anzahl gut ausgebildeter Fachkräfte. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat in diesem Zusammenhang unter anderem das Projekt „Zukunft Kinder“ gestartet, mit dem wir zur kinderfreundlichsten Großstadt Deutschlands werden wollen. Dabei sind wir auf einem guten Weg. Außerdem wollen wir unsere Migranten aus 170 Nationen, immerhin 40 Prozent unserer Bürger, nicht nur verstärkt in Wirtschaft und Gesellschaft integrieren, sondern ihre kulturellen und sprachlichen Kompetenzen nutzen, um noch präsenter und erfolgreicher auf dem Weltmarkt zu sein.

Wo sehen Sie die bilateralen Beziehungen in fünf Jahren?

In fünf Jahren wird die internationale Wirtschaftskrise längst überwunden sein. Außerdem werden die nationalen Volkswirtschaften in den globalen Märkten noch enger zusammenarbeiten. Es lohnt sich daher für beide Länder, die bilateralen Beziehungen auszubauen, die wirtschaftlichen Kooperationen zu intensivieren und die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Kultur zu verstärken.

Interview: Konstantin Dallibor

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