Die Innovationsfähigkeit von Volkswirtschaften ist der Schlüssel zum Wohlstand ganzer Nationen. Doch wie kann man Innovationen fördern? Nach Ansicht von Kolumnist Bodo Lochmann hilft nur Konkurrenz.

Das sechste Wirtschaftsforum in Astana, welches vom 22. bis 24. Mai durchgeführt wurde, hatte sich den anspruchsvollen Untertitel „Welt-Antikrisen-Konferenz“ gegeben. Die kaum überschaubare Anzahl von mehr als 8.000 Teilnehmern aus offiziell 140 Ländern war durchaus beeindruckend, wenngleich damit wohl auch demonstrativ der Effekt der weltweiten Bedeutung Kasachstans als Ort der Diskussion von globalen Problemen unterstrichen werden sollte. In mehreren Dutzend Sektionen wurde eine breite Spanne von Fragen diskutiert, von denen allerdings eine ganze Reihe nur einen entfernten Bezug zum Konferenzthema hatte. Generell kann man sicher über das quantitative Ausmaß solcher gigantischen Veranstaltungen streiten, zumal durch die große Anzahl von angemeldeten Rednern oft keine Zeit war, die stehenden oder gestellten Fragen ausreichend zu diskutieren. Die Tatsache jedoch, dass lange vor dem Treffen von Entscheidungen gesellschaftliche Entwicklungsfragen der unterschiedlichsten Art intensiv öffentlich diskutiert werden sollten, ist unbestritten. In dieser Hinsicht hat das Wirtschaftsforum in Astana sein Ziel zumindest teilweise erreicht.
Eine Querschnittsfrage, die in verschiedenen Sektionen behandelt wurde, war die nach dem optimalen Mechanismus des Initiierens und Realisierens von Innovationen. Diese Frage treibt weltweit ganze Heerscharen von Politikern, Unternehmern und Wissenschaftlern um. Das ist auch verständlich, schließlich hängt von der Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft bereits heute und umso mehr in einer ferneren, aber nicht allzu fernen Zukunft, wenn relativ billige Rohstoffe nicht mehr zu haben sind, der Wohlstand ganzer Nationen von ihrer Innovationsfähigkeit ab.

Kasachstan hat diese Zeichen der Zeit prinzipiell wohl auch verstanden und bemüht sich seit etwa einem Jahrzehnt mit vielen Entwicklungsprogrammen, unterschiedlichsten Instrumenten und nicht wenig Geld eine Alternative zum dominierenden Rohstoffsektor aufzubauen. Das ist strategisch absolut richtig, zugleich unter den Bedingungen einer offenen Gesellschaft aber auch enorm schwer. Eigentlich jeden Tag kann man Beispiele studieren, wo einst hochinnovative Unternehmen ihre Innovationsfähigkeit soweit einbüßen, dass ihre Existenz bedroht ist oder sie zumindest in die hinteren Reihen zurückfallen. Der Großkonzern Nokia ist das im Moment wohl bekannteste Beispiel, man könnte jedoch eine lange Liste solcher Unternehmen erstellen. Dennoch gibt es ungeachtet aller Risiken nur Innovationen als zentrales Instrument zur Sicherung einer nachhaltigen Zukunft. Darüber streitet auch kaum jemand, wohl jedoch darum, was der richtige Weg ist, um Innovationen auch zur täglichen betrieblichen Praxis zu machen. Eine eindeutige Antwort oder gar ein Rezept kann es dafür allerdings nicht geben. Die Erfahrungen in der Welt sind dazu ganz einfach zu unterschiedlich. In einer Reihe von Ländern wird vornehmlich auf die Aktivitäten der Unternehmen und der Unternehmer gesetzt, während sich in anderen Ländern eher staatliche Strukturen um den Aufbau und den Erhalt einer entsprechenden Innovationspraxis bemühen. Zu letzteren gehört Kasachstan, was im Moment wohl auch nicht falsch ist. In den 1990er Jahren, als die Wirtschaft durch den Strukturwandel nach dem Zerfall der UdSSR und die niedrigen Ölpreise am Boden lag, ist neben vielen anderen Dingen auch die Wissenschaft vernachlässigt worden, die zudem in der Sowjetzeit eh nicht auf die breite Nutzung praktischer Endergebnisse von Forschung und Entwicklung in internationalen Märkten ausgerichtet war.

Gegenwärtig hat der Staat hierzulande die Innovationstätigkeit praktisch monopolisiert, wenn auch teilweise ungewollt. Man versucht zwar durch Vorschriften der verschiedensten Art auf Unternehmen Druck auszuüben, damit diese etwas im Bereich Innovation tun. Das Ergebnis ist jedoch bisher ernüchternd, zudem entstehen nicht selten genug weitere staatliche Steuerungs- und Kontrollinstrumente, die eher ersticken, denn Luft zum Atmen geben. Letztlich wird nur Konkurrenz Unternehmen bewegen können, sich innovativ zu
betätigen.

Dem stehen in Kasachstan jedoch Wirtschaftsstrukturen entgegen, die Konkurrenz eher behindern, denn fördern. Auch in entwickelten Ländern ruft der vom Markt ausgehende Innovationsdruck bei den Unternehmen keine Begeisterungsstürme hervor, wohl aber zwangsweise notwendige Aktivitäten. Erst wenn es gelingt, ungeliebte Marktzwänge in eine interne positive Innovationskultur zu transformieren, kann das Innovationstor aufgestoßen werden. Den als „weich“ bezeichneten Faktoren wird hierzulande jedoch kaum Bedeutung beigemessen. Geld und Anweisungen allein werden jedoch auf Dauer das erwartete Innovationswunder in Kasachstan nicht bewirken können.

Bodo Lochmann

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