Kolumnistin Julia Siebert ist empört darüber, wie man es immer wieder schafft, ihre raffinierten Pläne zu durchkreuzen. Bei einer dieser Episoden scheinen sogar alle der Beteiligten gegen sie zu arbeiten. Doch schließlich wird ausgerechnet eines der vermeintlich schwächsten Glieder der Kette zum Retter.

Ich bin ziemlich gut darin, schlaue Pläne auszutüfteln, bei denen alle Teilprozesse ineinandergreifen. Die Pläne gehen aber nur auf, wenn sich alle Beteiligten in die Planung fügen und tun, was ich sage. Das klappt nie!

Zuletzt hatte ich vier Vorgänge gleichzeitig zu koordinieren. Ich beschränke mich hier auf den nervenaufreibendsten Fall. Es waren beteiligt: meine russische Freundin aus Moskau (I.), ihr russischer Freund aus Bayern (V.), mein ehemaliger Student aus Wladiwostok (A.), ein deutsches Unternehmen aus dem Norden (U.), die deutsche Post, die russische Post, die Deutsche Bahn und ich. Sie sehen schon, wir haben es hier mit einigen variablen Elementen zu tun, die sich nicht so leicht in einen handfesten Plan mit Ziffern und Zahlen einbinden lassen. Eigentlich war der Sachverhalt überschaubar und der Plan simpel: I. möchte mich besuchen und V. erstellt ihr eine Einladung. Die Frage war: Wie gelangt die Einladung zu I.? Dabei wollten wir unbedingt das unzuverlässigste Element ausklammern: Die russische Post. Und I. wollte unbedingt das teuerste Element ausklammern: Die deutsche Post. I. fragte: Kenne ich zufällig jemanden, der in nächster Zeit nach Moskau fliegt und die Einladung mitnehmen kann? Und tatsächlich und zufällig hatte A. seinen Besuch bei mir angekündigt, es schien sich terminlich alles bestens zu fügen. Hurra!

Jedoch – unmittelbar, nachdem ich I. und sie V. aktiviert hatte, fing A. an, seine Ankunft und Verweildauer mehrmals täglich zu ändern, was v.a. mit dem Wankelmut von U. zu tun hatte, aber auch mit den hohen Preisen der Bahn, wodurch sich das Zeitfenster für das Zusammentreffen aller relevanten Faktoren dramatisch verkürzte, bis A. seinen Besuch wegen U. schließlich ganz in Frage stellte. Zudem hatte V. ohne Rücksprache mit mir die Einladung als Einschreiben verschickt, wodurch die Aushändigung an mich aufgrund meiner Dienstreisen in Frage gestellt war. Inzwischen hatte sich das Zeitfenster für die Übergabeprozedur auf einen einzigen, ganz bestimmten Tag reduziert. I. tüftelte schon eifrig an Alternativen, die ich aber nicht hören wollte, weil mir schon von dem vielen Hin und Her und Ob und Wann der Kopf schwirrte. Außerdem hatte ich zu dem Zeitpunkt weder das Geld, noch die Zeit, noch die Nerven für alternative Lösungen, da ich mein eigenes Leben in höchster Konzentration koordinieren musste.

Schließlich kamen beide, A. und das Schreiben, aber beide mit einer gehörigen Verspätung, was mir sowohl den Schlaf als auch den letzten Nerv raubte. Der eigentliche Held der Geschichte ist der gewissenhafte Postbeamte, der das liegen gebliebene Einschreiben, das da einsam auf der Poststelle lagerte, entdeckt und es mir extra noch am Ende des Tages vorbeigebracht hat. Er hätte das Gefühl gehabt, es könnte wichtig sein. Wie recht er hatte! Damit war die Sache aber noch nicht geritzt, schließlich mussten sich I. und A. noch in Moskau treffen, bevor A. nach kurzem Aufenthalt seinen Flieger nach W. besteigen würde. Und als wäre das nicht schon genug, ließ sich A. sein irgendwo vergessenes Ladegerät entgegen meinem Hinweis, dass es nicht rechtzeitig vor seiner Abfahrt eintreffen würde, an meine Adresse schicken.

Jetzt habe ich recht, A.s Ladegerät und die Faxen dicke. Und lege eine längere Koordinierungs- und Sendepause ein. Sollen sich die Leute schicken, was sie wollen. Meine Adresse steht als Dreh- und Angelpunkt vorerst nicht zur Verfügung.

Julia Siebert

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