Plastiktüten werden in Kasachstans Supermärkten kostenlos und sorglos ausgegeben. Hier sollte der Kunde nach Ansicht von Kolumnist Bodo Lochmann öfter mal „Nein“ sagen – denn Kunststoffmüll stellt weltweit ein ernstes Umweltproblem dar.

Kunststoffe in den vielfältigsten Varianten sind aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie erleichtern uns in vieler Hinsicht das Leben, darunter auch im direkten Sinne, da sie leicht und doch widerstandsfähig sind. So haben sich denn auch in den letzten Jahrzehnten die Erzeugung und der Verbrauch von Kunststoffen drastisch erhöht. Wurden etwa im Jahre 1950 ganze 1,5 Millionen Tonnen Plaste erzeugt – weltweit versteht sich – so sind es gegenwärtig etwa 250 Millionen Tonnen. Das Verbrauchswachstum geht auch munter weiter, mit jährlich etwa vier Prozent mehr, sagen die Experten. Zunehmend ersetzen Konstruktions- und Spezialplasten Metalle, wodurch das Gewicht von Maschinen und Geräten sinkt und dadurch auch der notwendige Energieverbrauch zu ihrem Antrieb. Ein Beispiel ist das „Dreamliner“ genannte neue Langstreckenflugzeug von Boeing, dessen Hülle aus Carbonfasern besteht, die man mit etwas Phantasie wohl als Spezialplaste bezeichnen kann. Ein Großteil der erzeugten Plastemenge findet Anwendung als billiges und leichtes Verpackungsmaterial. Dagegen wäre erst einmal nur wenig einzuwenden, wenn eine entsprechende Entsorgung mit dem Schwerpunkt maximaler Wiederverwendung stattfinden würde. Daran aber hapert es, mit einigen wenigen nationalen Ausnahmen, jedoch weltweit – und zwar grundlegend. In den EU-Staaten fallen jährlich etwa 25 Millionen Tonnen Plasteabfälle an, die entsorgt werden müssen. In dieser Hinsicht ist auch schon einiges erreicht, schließlich wird hier bereits über die Hälfte der Abfälle nach ihrem Gebrauch stofflich oder energetisch (Verbrennen in Spezialanlagen zur Energieerzeugung) eingesetzt. Doch auch in der EU ist nicht alles Gold, was glänzt, schließlich werden bei Weitem nicht alle Plasteabfälle verwertet. Das ist auch darin begründet, dass es teilweise noch keine wirtschaftlichen Technologien dafür gibt.

Weltweit jedoch bedient man sich einer sehr einfachen Technologie zur Entsorgung der Plasteabfälle: man kippt sie einfach ins Meer. Das gehört ja überwiegend niemandem, so dass man angeblich niemandes Rechte verletzt. Die kaum vorstellbare Summe von 10 Millionen Tonnen Plaste landet so in den Weltozeanen und das jährlich. Mittlerweile haben sich dort solche gewaltigen Mengen angesammelt, dass sie über Fische in der Nahrungskette wieder zu uns ans Land zurückschlagen. Dabei weiß niemand genau, wie groß die Plastikmenge im Meer eigentlich ist, denn die nach einiger Zeit im Salzwasser schwimmenden Teile zersetzen sich in nur millimetergroße Einzelteile, die zumeist dicht unter der Wasseroberfläche treiben und kaum sichtbar sind. Schätzungen besagen, dass es bis zu 100 Millionen Tonnen zum Großteil kleine und kleinste Teile sind, die das Meereswasser „bereichern“. 100 Millionen Tonnen – das wäre das Gewicht des gesamten Fahrzeugbestandes Deutschlands. Nicht mehr und auch nicht weniger!

Oftmals ist es allerdings keine reine Plaste, die im Wasser treibt, sondern auch noch jede Menge Giftstoffe aus den Plastikgegenständen. Nichts davon baut sich biologisch ab, zumindest nicht in für Menschen vorstellbaren Zeiträumen. Dafür nimmt die Belastung für die Tier- und Pflanzenwelt des Meeres zu. Bis zu 30 Meter unter der Wasseroberfläche schweben die Plastekleinstteilchen an vielen Stellen und verhindern so das normale Leben vieler Meerestiere. Wir Menschen bekommen allerdings unseren Teil zurück, ungewollt und meist auch unwissend. Das deshalb, weil die toxischen Plastikartikel über Millionen kleiner Laternenfische, die die Plasteteilchen bei ihren nächtlichen Futterstreifen mit Zooplankton verwechseln, in unsere Nahrungskette kommen. Denn die Laternenfische sind die bevorzugte Beute des beliebtesten Speisefisches der Deutschen, des Alaskaseelachses. Generell gibt es keinen Seefisch mehr ohne Schadstoffe aus Menschenhand, sagen japanische Experten.

Nun stellt man sich als Laie vor, dass die schwimmenden Müllhalden „nur“ abgefischt werden brauchten, um das Problem zu lösen. Doch wer soll das organisieren und bezahlen? Das weite Meer gehört ja allen, also irgendwie niemanden, so dass sich auch kaum ein Staat für den Müll verantwortlich fühlt. Auch stünde die Frage der Lagerung und Verwertung gewaltiger Abfallberge. Zudem ist der Großteil der Abfälle sehr klein und kaum in Netzen festzuhalten.
Der effektivste Weg ist, wie bei allem was den ungeliebten Müll betrifft, nun mal die Müllvermeidung, in diesem speziellen Falle noch dadurch ergänzt zu verhindern, dass er überhaupt in die Meere gelangt. Das ist sicher leichter gesagt als getan. Zumindest könnte aber jeder von uns seinen kleinen Beitrag leisten, indem er nicht bei jedem Einkauf die in den Geschäften hierzulande so leichtfertig ausgegebenen Plastebeutel benutzt, die ja eh nach nur einmaliger Benutzung in den Müll gelangen, der sich dann mit menschlicher Hilfe leicht seinen Weg dorthin sucht, wo er eigentlich nicht hin soll. Und das muss nicht nur das Meer sein.

Bodo Lochmann

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