Die zentralasiatische Republik gehört zu den am wettbewerbsfähigsten postsowjetischen Staaten neben Lettland und Estland. Dies ist allerdings kein Grund sich auf den Lorbeeren auszuruhen, findet  Prof. Dr. Bodo Lochmann

„Internationale Standards“ sind in Kasachstan ein großes Schlagwort. Man möchte sich nun eindeutig von vielen noch aus der Sowjetzeit übernommenen Vergleichsparametern, darunter auch mentalen, lösen und sich nach international üblichen Standards vergleichen. Das ist zweifelsohne richtig, kann man doch nur so brauchbar feststellen, wo man in seiner Entwicklung wirklich steht und was noch zu tun ist.

Zu den ganz großen Vergleichsindikatoren gehört die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft insgesamt. Das ist ein Thema, auf das der Präsident besonders großen Wert legt und es darum immer wieder anspricht. Es gibt nun verschiedene Institute, die sich mit der vergleichenden Messung dieser Größe beschäftigen und dabei unterschiedliche, aber doch ähnliche Methoden benutzen.

Die kürzlich veröffentlichte Analyse des Schweizer „Internationalen Instituts für Managemententwicklung“ (IMD) hat nun seine Forschungsergebnisse für das Jahr 2014 vorgestellt. Zentrale Kriterien der Bestimmung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sind nach der Methode dieses Instituts die Exportorientierung der Wirtschaft und das Einwerben von ausländischen Direktinvestitionen.

Danach liegt Kasachstan auf Platz 32 von 60 untersuchten Ländern und hat sich somit im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze verbessert. Mit weitem Abstand liegen die USA auf Platz eins, was seine Ursachen vor allem in der Stabilität, im hohen Diversifizierungsgrad der Wirtschaft, in der wieder hohen Beschäftigung und der hohen Innovationskraft hat. Deutschland befindet sich auf Platz sechs und hat sich damit um drei Plätze nach vorn geschoben. Insgesamt befinden sich damit drei EU-Staaten unter den ersten neun wettbewerbsfähigsten Ländern. Allerdings sind dafür Italien und Griechenland fast am Ende der Tabelle zu finden. Die besten postsowjetischen Staaten sind ab Platz 30 (Estland), Kasachstan (Platz 32), Litauen (Platz 34) und Lettland (Platz 35) zu finden.

Lettland hat sich dabei gleich um sieben Plätze verbessert, Estland um sechs. Russland liegt auf Platz 38, die Ukraine auf Platz 49, was sich im nächsten Jahr infolge der ausgetragenen Konflikte für beide Länder schlechter darstellen wird.

Das Gesamtrating besteht aus mehreren Teilkriterien, die den Zustand wichtiger Teilbereiche erfassen, die signifikant auf den Gesamtindikator wirken. Positiv bewertet wird in Kasachstan der Gesamtzustand der Wirtschaft (Platz 27), die Effizienz der Regierungsarbeit (Platz 20), die Effizienz des Privatsektors (Platz 33) und – das ist kein Schreibfehler – die Stabilität der Währung (Platz eins). Letztere Bewertung erfolgte jedoch vor der Tenge-Abwertung im Februar, so dass sich diese Größe im nächsten Jahr ganz anders darstellen wird.

Zu den negativ bewerteten Teilbereichen gehört zuallererst einmal der katastrophal gefallene Indikator Internationaler Handel, der sich um 33 Positionen verschlechtert hat und nun den 52. Platz einnimmt. Ohne diesen Absturz befinden sich die Konzentration des Außenhandels (Platz 57), der geringe Export von Dienstleistungen (Platz 58) und die hohe Importabhängigkeit (Platz 57) schon traditionell im Schlussbereich.

Die Hauptbereiche jedoch, die negative Bewertungen erhalten haben, sind die wissenschaftliche Infrastruktur (Platz 50 und damit eine relative Verschlechterung um 5 Plätze), die Anzahl wissenschaftlicher Leistungen (Platz 60), das Straßenverkehrsnetz (Platz 55), die Lebenserwartung der Bevölkerung (Platz 58), der Ausstoß von CO2 (Platz 59), die Energieintensität der Bruttoinlandsproduktes (Platz 59), die Ausgaben für das Gesundheitswesen (Platz 55), die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung (Platz 57) und der Zugang zu Computern (Platz 57).

Der Durchschnittswert von Platz 32 ist bei genauerem Hinschauen demnach in ihrer Leistungsfähigkeit doch durch sehr stark divergierende Teilbereiche untersetzt, so dass der relativ gute Platz keinesfalls ein Signal sein darf, allzu zufrieden zu sein. Insbesondere bei den Indikatoren, die für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und Gesellschaft stehen, ist das Ergebnis mehr als unbefriedigend. Diese Feststellung ist zwar nicht neu, infolge der hier seit Jahren kaum gegebenen wirklichen Fortschritte, aber mittlerweile doch Anlass zur kreativen Beunruhigung.

Bodo Lochmann

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