Als aufstrebendes Transitionsland wird Kasachstan in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von rund neun Prozent erneut zu den zehn wachstumsstärksten Volkswirtschaften weltweit gehören. Damit knüpft das Land an die beachtlichen Zuwächse der letzten Jahre an. Trotz positiver Aussichten sind jedoch auch Risiken für die mittel- und langfristige ökonomische Entwicklung absehbar. Dies sind neben der Inflations- und Ölpreisentwicklung vor allem auch die Wechselkurs- und Zinspolitik. Hinzu kommen mangelnde Rechtssicherheit, Korruption und Probleme im good governance-Bereich.

Als aufstrebendes Transitionsland wird Kasachstan in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von rund neun Prozent erneut zu den zehn wachstumsstärksten Volkswirtschaften weltweit gehören. Damit knüpft das Land an die beachtlichen Zuwächse der letzten Jahre an. Trotz positiver Aussichten sind jedoch auch Risiken für die mittel- und langfristige ökonomische Entwicklung absehbar. Dies sind neben der Inflations- und Ölpreisentwicklung vor allem auch die Wechselkurs- und Zinspolitik. Hinzu kommen mangelnde Rechtssicherheit, Korruption und Probleme im good governance-Bereich.

Im Sog der positiven Entwicklung der Weltwirtschaft und des Wachstums in Asien und Zentralasien konnte die kasachstanische Wirtschaft 2004 einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von nahezu zehn Prozent verzeichnen. Kasachstan gehört damit zu den Vorreitern unter den aufstrebenden Entwicklungs- und Transformationsländern weltweit – die als Emerging Markets bezeichnete Ländergruppe erreichte im vergangenen Jahr nämlich nur ein vergleichsweise niedriges Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent.

Rund eine Dekade nach dem Abschied von der Planwirtschaft und einer erfolgreichen, eher gradualistischen Reformpolitik ist Kasachstan mittlerweile als ein Impulsgeber für Wachstum und Stabilität in Zentralasien sowie der GUS anerkannt. Doch sollte sich die zentralasiatische Republik auf ihren wirtschaftlichen Erfolgen nicht ausruhen – trotz der sehr guten kurz- und mittelfristigen ökonomischen Perspektiven, ihrer Nähe zu den Wachstumsmärkten Russland, China und Indien sowie dem ambitionierten Ziel, bis zum Jahre 2015 im Jahresdurchschnitt die Wirtschaftsleistung um acht Prozent zu steigern.

Die binnenwirtschaftlichen Impulse der kasachischen Volkswirtschaft werden auch 2005 in bedeutendem Umfang von der staatlichen Nachfrage im Rahmen von Investitionsprogrammen getragen werden. Solange die Staatsmittel effizient eingesetzt werden, ist daran nichts auszusetzen, da die Staatsfinanzen Kasachstans als solide einzuschätzen sind. Die Prognosen für 2005 sehen weiterhin ein nahezu ausgeglichenes oder nur leicht defizitäres Staatsbudget voraus, außerdem ist der Gesamtstock der kasachischen Staatsschulden gering. Vom Binnenkonsum sind hingegen kaum durchschlagende Impulse zu erwarten. Der Wohlstand, die Kaufkraft und auch das Ausbildungsniveau steigen in Kasachstan zwar seit einigen Jahren kontinuierlich an, doch ist er immer noch zu ungleich verteilt. Zu viele Menschen leben weiterhin unter der Armutsgrenze, weshalb die Konjunktur kaum Impulse von der inländischen Nachfrage erhalten wird.

Die außenwirtschaftlichen Verflechtungen können, abgesehen von der Rohstoff- und Erdölnachfrage, in diesem Jahr kaum nennenswerte Konjunkturimpulse liefern. Das Handelsvolumen wird nur geringfügig zulegen können. Einerseits ist dies auf die strukturelle Schwäche der rohstofflastigen Exportwirtschaft zurückzuführen, andererseits auf eine sich abschwächende Dynamik der Weltwirtschaft. Besonders die wichtigen Handelspartner, Russland und China, werden nicht mehr die Zuwächse des Vorjahres erreichen. Zudem stellen sich dem interregionalen Handel in Zentralasien noch zu viele geographische und institutionelle Barrieren in den Weg. Auf Besserung ist im Zuge der WTO-Beitrittsvorbereitungen zu hoffen, die zunehmend ernster genommen werden. Sie könnten Handelsbarrieren niederreißen und zudem durch den entstehenden Wettbewerb die Diversifikation der Wirtschaftsstruktur forcieren.

Erfreulichere Nachrichten gibt es von den internationalen Rohstoffmärkten, die für Kasachstan von immenser Bedeutung sind. Das historisch relativ hohe Ölpreisniveau wird voraussichtlich auch 2005 bestehen bleiben, wenn auch die Spitzenstände des Vorjahres von 50 US-Dollar pro Barrel nicht mehr erreicht werden sollten. Die meisten Prognosen sehen den Ölpreis 2005 im Schnitt zwischen 35 und 40 US-Dollar. Zudem kann Kasachstan mit einem hohen (aber nicht zu hohen) Weltmarktpreis recht gut leben. Denn bekanntlich sind ein hoher Ölpreis und die regen Exportaktivitäten Kasachstans im Energiesektor ein zweischneidiges Schwert. Ein hoher Ölpreis und ein damit einhergehendes florierendes, US-Dollar-Ölgeschäft, sowie hohe Auslandsinvestitionen im Rohstoffbereich bergen Konfliktpotentiale für die kasachische Volkswirtschaft. Das von Ökonomen gerne als „dutch-disease“ bezeichnete Dilemma könnte virulent werden.

Das Ölgeschäft bringt immense Summen Auslandswährung, besonders US-Dollar, ins Land. Diese werden größtenteils in inländische Tenge umgetauscht. Dadurch steigt die inländische Geldmenge deutlich. Dies kann einen geldmengenbedingten Inflationsanstieg nach sich ziehen und führt dann zu einer realen Aufwertung des Tenge-Wechselkurses gegenüber den Währungen der Handelspartner, die deutlich weniger inflationieren. Unter der Aufwertung leidet gerade die internationale Wettbewerbsfähigkeit der nicht im Ölsektor tätigen kasachischen Firmen. Die von der Regierung intendierte Diversifikation der Wirtschafts- und Exportstruktur steht damit auch 2005 auf wackligen Füßen.

Wie die Prognosen der diesjährigen Inflationsentwicklung zeigen, die zwischen sieben und acht Prozent liegen, sollte diese wirtschaftspolitische Dilemmastruktur keineswegs unterschätzt werden. Von dieser Entwicklung wird zwar kein kurzfristiger Tiefschlag für die kasachische Konjunktur ausgehen, aber sie birgt langfristiges Gefahrenpotential. Um eine Leitzinserhöhung drückte sich die kasachische Zentralbank bisher, um die Kreditversorgung der inländischen Wirtschaft nicht zu verschlechtern.

Deutlich ist: die wirtschaftliche Entwicklung Kasachstans wird auch dieses Jahr vom rohstofflastigen Exportsektor geprägt sein. Der inländische Konsum wird nur schwerlich die Rolle eines Konjunkturmotors einnehmen können. Eine sich selbsttragende und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ist aber gerade auf binnenwirtschaftliche Impulse angewiesen: sei es durch Konsumausgaben der Verbraucher, durch die Tätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen oder durch ein breites Spektrum der Auslandsinvestitionen über alle Sektoren hinweg.

Armut trotz Überfluss könnte also die Quintessenz aus dieser Wirtschaftsentwicklung lauten. Erhebliche Einnahmen aus Rohstoffexporten fehlen bei mangelnder Flankierung durch stabile Institutionen und Wirtschaftsstrukturen, die langfristig das Wachstumspotential senken. Sind staatliche und politische Institutionen unterentwickelt, können sich Eliten den Machterhalt durch die sprudelnden Gelder erkaufen. Zahlreiche rohstoffreiche Staaten können als abschreckendes Beispiel dienen: beispielsweise Nigeria oder Venezuela. Aber es gibt auch positive Vorbilder, wie Malaysia oder Australien.

Dennoch: die kasachische Volkswirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren eine gute Ausgangsposition erarbeitet. Die Geld- und Fiskalpolitik sind recht solide, dem Staat wird mehr und mehr eine geringere Bedeutung im Wirtschaftsleben beigemessen, die Zinsen sind niedrig und die Wachstumsraten hoch. Dies würdigen die internationale Staatengemeinschaft wie auch die multilateralen Finanz- und Entwicklungsinstitutionen. Um jedoch langfristig wachstumsfördernde Rahmenbedingungen zu schaffen und das hohe Potenzial auszulasten, muss die Wirtschaftspolitik Kasachstans die Problembereiche angehen, die zwar kurzfristig gerne verdrängt werden, langfristig aber gelöst werden müssen. Diese Problemfelder liegen vor allem im Bereich good governance. Kurzfristig hohe Wachstumsraten können nur langfristig aufrechterhalten werden, wenn sie allen Bevölkerungsschichten zu Gute kommen. Kasachstan sollte die Spielräume, die sich ergeben, in Investitionen in Sozialkapital und für eine Weiterentwicklung der Wirtschaftsstruktur nutzen.

Der Konjunkturausblick für 2005 bestätigt, in Anlehnung an die südostasiatischen „Tigerstaaten“, den Vergleich der kasachischen Volkswirtschaft mit einem dynamischen „Schneeleoparden“. Zudem verhält es sich mit dem Wirtschaftswachstum analog zum Zinseszinseffekt, auf lange Frist rechnen sich schon kleine Unterschiede. Sollte Kasachstan kurz- und mittelfristig seine Vorreiterrolle unter den Emerging Markets und besonders auch in Zentralasien beibehalten können, wird dieser Wohlstand mehr und mehr auch breiteren Bevölkerungsschichten zu Gute kommen können.

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