In Almaty fand der 16. Tag der Deutschen Wirtschaft statt. Im Hotel Ritz-Carlton begegneten sich Wirtschaftsvertreter und Politiker und diskutierten die über die Chancen des zweiten Fünfjahresplans der forcierten industriellen und innovativen Entwicklung sowie die Bedeutung der Eurasischen Wirtschaftsunion.

Die Hermeskredite und die Umsetzung des Rohstoff– und Technologie-Abkommens seien die dunklen Flecken, welche den blauen Himmel über Kasachstan und Deutschland störten. Mit diesem Bild veranschaulichte Botschafter Dr. Guido Herz die sonst guten bilateralen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Kasachstan. Er war Gast beim 16. Tag der Deutschen Wirtschaft in Kasachstan. Mitglieder des Verbandes der Deutschen Wirtschaft und der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien versammelten sich im Hotel Ritz-Carlton, um über sich über die Entwicklungen der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan auszutauschen.

Seit 2008 vergibt der Exportversicherer Euler Hermes Deutschland keine Garantien mehr, weil im Zuge der Finanzkrise kasachische Banken die Forderungen nicht mehr decken konnten. So hatte der kasachische Staat gegenüber Deutschland 500 Millionen Dollar. Ohne Versicherungen bleiben deutsche Großprojekte in Kasachstan aus. So wartet Kasachstan auf Großinvestitionen, auch im Rahmen des Rohstoff– und Technologieabkommens, das 2010 zwischen der Bundesregierung und Kasachstan geschlossen wurde.

Kasachstan ist bemüht um Investitionen

Kasachstans Bedeutung für Deutschland sei gewachsen, nicht nur als Wirtschaftspartner, sondern auch die geopolitische Bedeutung nehme vor dem Hintergrund der Krisen zu, sagt Dr. Herz. Kasachstan werde immer mehr zur Brücke zwischen Asien und Europa.

In der Region Zentralasien ist die Republik Kasachstan der größte Handelspartner. Im vergangenen Jahr hat das Land Anlagen und Fahrzeuge im Wert von 1,3 Milliarden Euro gekauft. Die Exporte sind insgesamt 14,8 Prozent im Vorjahr gestiegen. Derzeit sind 350 deutsche Unternehmen in Kasachstan präsent, unter anderem in den Bereichen Infrastruktur, Handel und in der Baustoffindustrie. Geht es um die Kasachische Regierung, so wäre mehr drin. Investitionsanreize gibt es genug.

Im Juni hat die kasachische Regierung den zweiten Fünfjahresplan zur Diversifizierung der noch sehr stark vom Öl abhängigen Wirtschaft verabschiedet. Deutschland könnte hier ein guter Partner sein. „Deutschland ist mit 6,5 Milliarden Euro der wichtigste Handelspartner Kasachstans in Zentralasien“. Doch es gäbe noch zu wenige Direktinvestitionen, findet Dr. Herz.

So pessimistisch betrachtet Ulf Workuka, Regionalmanager der Deutschen Bank die Lage nicht. Er beruft sich auf eine Statistik von Kaznex Invest. Demnach beträgt die Gesamtsumme der deutschen Direktinvestitionen 3,7 Milliarden Dollar, verteilt auf 64 Projekte, unter anderem in den Bereichen Handel, Erdölindustrie, Bauindustrie, und Finanzdienstleistungen.

Dabei strengt sich Kasachstan an, ausländische Investoren anzuziehen. Am Horizont stehen große Vorhaben wie die Expo 2017 und der vor einigen Monaten verabschiedete Fünfjahresplan zur Diversifizierung der kasachischen Wirtschaft. Demnach wünscht sich die kasachische Regierung mehr ausländische Investitionen. Priorität haben dabei die Brachen Erdölverarbeitung, Metallurgie, Lebensmittel– und Chemieindustrie, Produktion von Baumaterialien sowie Industrieproduktionen. Kasachstans Fünfjahresplan verspricht Steuerprivilegien, das Recht, ausländische Arbeitskräfte für ein Jahr ohne Quote und Arbeitsgenehmigung ins Land zu holen und eine staatliche Förderung von Projekten aus den favorisierten Bereichen, deren Umfang nicht größer als 20 Millionen Dollar beträgt.
„Ich habe den Eindruck, dass die Anstrengungen enorm sind. Dieses Gesetz über den zweiten Fünfjahresplan ist in seiner neuen Form erst im Juni verabschiedet worden. Aber die Investitionsanreize sind enorm und gut“, kommentiert Botschafter Dr. Guido Herz die Bemühungen der kasachischen Regierung, um Investoren anzulocken.

Besonders lange referiert der stellvertretende Minister für Technologie und Entwicklung der Republik Kasachstan, Albert Rau, über die Möglichkeiten, im Bereich Maschinenbau zu investieren, einer der führenden deutschen Industriezweige. Er warb besonders um Investitionen in diesem Bereich und berichtete über die Aktivitäten der Volkswagen-Tochter „Skoda“, die eine Produktion in Kasachstan hat. Derzeit kommen 78 Prozent der in Kasachstan verkauften Autos aus ausländischen Produktionen. Davon sind 50 Prozent aus Russland.

Neu Bedingungen in der Eurasische Wirtschaftsunion

Der Fünfjahresplan sieht vor, die Autoindustrie bis 2018 soweit zu entwickeln, dass der lokale Anteil der Produktion der Autos für den Exportmarkt 50 Prozent beträgt. Rau betrachtet die Möglichkeit deutscher Investitionen in der Autoindustrie realistisch. Im Gespräch mit der DAZ verrät er, dass Volkswagen mit Skoda viel zu spät auf den kasachischen Markt gekommen sei.

Alle zukünftigen Investitionsprojekte werden unter den Bedingungen des neuen eurasischen Wirtschaftsraumes realisiert werden. Denn am 29. Mai 2014 hat die Republik Kasachstan zusammen mit Belarus und der Russischen Föderation die Eurasische Wirtschaftsunion gegründet. So ist ein gemeinsamer 20 Millionen Kilometer großer Raum entstanden, in dem ca. 170 Millionen Menschen leben. Das schafft neue Marktbedingungen. Es gibt nun keine Barrieren mehr zwischen Kasachstan und Russland.

Die Entwicklung der Märkte in der neuen Eurasischen Union ist eine Herausforderung, der sich die deutschen Wirtschaftsvertreter nun stellen müssen. Rau ist überzeugt, dass sich die Investoren davon nicht abschrecken lassen. „Alle Firmen die nach Kasachstan gekommen sind, zum Beispiel Funke Kunststoffe, fühlen sich hier sicher. Wir haben ihnen offensichtlich bessere Bedingungen geschaffen, als sie in Russland vorfinden konnten“, erklärt Rau.

Neue Verhandlungen über Hermesbürgschaften

In der Tat bedeutet der neue Wirtschaftraum der Eurasischen Union nicht nur eine Erweiterung des Binnenmarktes, sondern auch Konkurrenz um Investoren. Neben Skoda ist Volkswagen in der Eurasischen Wirtschaftsunion bereits vertreten – allerdings in Kaluga, Russland. Das weiß Rau auch und betrachtet die Chancen auf Investitionen der deutschen Autoindustrie in Kasachstan realistisch. „So schnell wird es hier keine neuen Player geben.“

Doch Kasachstan bietet andere Bereiche für große deutsche Investitionen: Die Expo 2017 steht vor der Tür und soll unter dem Motto „Future Energy“ in Astana stattfinden. Hier ist Rau fest von einer Zusammenarbeit mit Deutschland überzeugt. Er findet sogar, dass ohne eine deutsche Beteiligung die Expo 2017 nicht stattfinden könne, denn Deutschland sei führend im Bereich der Erneuerbaren Energien. Von offizieller Seite ist die Beteiligung Deutschlands an der Weltausstellung in Astana noch nicht offiziell entschieden.

Hoffnung macht den Wirtschaftsvertretern auch die Nachricht, dass im Januar 2015 das Vergaberisiko der Hermeskredite in Kasachstan neu bewertet wird. Kommt es zu einer besseren Einstufung, wären dann größere Projekte wieder möglich. Das macht Hoffnung auf einen klaren blauen Himmel.

Von Dominik Vorhölter

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