Kasachstan lässt das Herz aller Naturliebhaber schneller schlagen. Insbesondere in der Gegend rund um Almaty lässt sich innerhalb weniger Stunden ein Naturwunder nach dem anderen entdecken. Viele Reiseunternehmer werben mit Tages- und Wochenendausflügen in die Region, zeigen interessierten Einheimischen und Touristen die Schätze Südkasachstans. Ein Wochenende in der kasachischen Weite? Diese Gelegenheit wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Ich fahre in den Kolsai-See-Nationalpark, der am Nordhang des Tienschan-Gebirges, etwa zehn Kilometer von der kirgisischen Grenze entfernt, liegt. Dass es sich bei den Kolsai-Seen um ein absolutes Muss für jeden Wanderliebhaber handelt, wird mir auf den ersten Blick bewusst. Ein etwa 25 Kilometer langer Wanderweg zieht Bergtouristen aus aller Welt an. Am unteren der Kolsai-Seen beginnend, führt er über die anderen beiden Seen zum Sary-Burak-Pass.

Beim Anblick der schillernden Wasseroberfläche des Sees und den Farbspielen aus purem Azurblau, hellem Türkis und sanftem Grün muss ich instinktiv an schimmernde Perlmuttperlen denken und erfahre zugleich, dass die Seen auch gern „Perlen des Tienschan-Gebirges“ genannt werden. Ich fasse mit ein paar anderen Reiseteilnehmern den Entschluss, den großen See zu Fuß zu umrunden. Eine Wanderung, die uns dreieinhalb Stunden lang Berghänge erklimmen, Steinvorsprünge hinabklettern, über Wurzeln steigen und stolpern lässt. Auf der anderen Seite des Sees begegnen wir richtigen Profis, die mit kompletter Ausrüstung und braungebrannten Gesichtern auf dem Weg zum oberen Kolsai-See sind.

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Der untere der beiden Kolsai-Seen.
Der untere der beiden Kolsai-Seen. | Foto: Othmara Glas

Die beiden Nächte verbringen wir in einem kleinen Dorf. Ich kann nicht glauben, dass wir nur ein paar Autostunden von Almaty entfernt sein sollen. Es gibt kein fließendes Wasser; der Strom streikt mehrmals am Tag. Und ein Handynetz gibt es ebenfalls nicht. Dafür lerne ich aufs Neue die sich nicht erschöpfende Gastfreundschaft der Menschen hier kennen, erfahre wie sie leben und genieße die Zeit in der Natur. Am Abend gibt es Lagerfeuer, Musik, einen endlos schimmernden Sternenhimmel und Bier. Mehr Romantik geht nicht.

Der nächste Tag bringt uns an den Kaindy-See. Auf dem Weg dorthin ziehen dichte Birkenwälder im lärmenden Getöse des Kleinbusses an uns vorbei. Es ist schwül im Inneren, und ich klammere mich mit aller Kraft am Fahrersitz fest. Eigentlich sind wir viel zu viele Menschen für das Gefährt. Aus dem Nichts wurden durch das Platzieren einer klapprigen Bierbank in der Mitte des Busses fünf neue Sitzplätze geschaffen. Der kasachischen Kreativität sind wahrlich keine Grenzen gesetzt. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt der Natur. Ich kann mich kaum sattsehen an den sanften Hügeln, den scharfen Bergkämmen, dem strahlenden Himmel und den traumhaften Blumenwiesen. Alles lebt, atmet und strahlt so viel Ruhe und Frieden aus.

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Am Kaindy-See ragen unzählige abgestorbene Fichtenstämme aus dem Wasser. Der Bergsee sei durch einen Erdrutsch entstanden, erzählt man mir. Durch die Aufschüttung an Kalkstein wurde die Schlucht zu Kaindy versperrt und das Bergwasser sammelte sich im Tal. Die bläulich-grün schimmernde Farbe des Wassers geht ebenfalls auf das hohe Kalksteinvorkommen in der Region zurück und verleiht der Gegend einen magischen Glanz.
Die Hitze ist drückend, warme Windböen empfangen uns, als wir am späten Nachmittag aus dem Bus steigen und im Scharyn-Nationalpark das letzte Naturwunder unserer Exkursion erblicken: den schwarzen Canyon. Durch den Magmagehalt im Stein hat die eindrucksvolle Gebirgsschlucht einen erkennbaren schwarzen Schimmer. Vor meinen Füßen erstreckt sich ein klaffender Abgrund und ganz tief unten sehe ich wie ein reißender Fluss sich seinen Weg durch das kilometerweite „Tal der Schlösser“ bahnt.

In Almaty werde ich von Autohupen und wirren Menschenstimmen empfangen. Die Luft ist stickig und hat nichts mit der Frische in den Bergen gemein. Sogleich sehne ich mich zurück nach den blühenden Wiesen und leuchtenden Seen.

Karina Turan

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