Fünf Messetage, rund 3.000 Veranstaltungen und mit 290.469 Besuchern das zweitbeste Besucher-Ergebnis in sechzig Jahren Buchmessen-Geschichte. Zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse zog Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, Bilanz: „Viele Verleger haben diese Messe als die Beste seit Langem empfunden – die Gespräche waren intensiver denn je, die Atmosphäre konzentriert und ruhig.“ Auch Kasachstan präsentierte seine Autoren auf der weltweit größten Buchmesse in der Mainmetropole.

/Bild: Frankfurter Buchmesse. ‚Hunger nach Informationen: Fünf Messetage und eine vitale Buchbranche.’/

„Die weltweite Globalisierung des Buchmarktes beginnt hier in Frankfurt, und es ist sehr wichtig, dass Kasachstan dabei ist. Die Präsentation der kasachstanischen Autoren passt sehr gut in unser Gesamtkonzept“, sagte Tobias Boss, Vizepräsident der Frankfurter Buchmesse.
Dank eines Buchprojektes der kasachischen Botschaft in Deutschland können die deutschen Leser die Bücher der multiethnischen Bevölkerung Kasachstans auch auf der Frankfurter Buchmesse entdecken. Das Gemeinschaftsprojekt „Kasachische Bibliothek“ in Zusammenarbeit mit den Verlagen Schiler, Önel und Dagyeli wurde bereits vor drei Jahren ins Leben gerufen. Für Leonhard Kossuth, Rezensent und Publizist, stehen die Bücher der kasachstanischen Schriftsteller und insbesondere die Neuveröffentlichungen aus der „Kasachischen Bibliothek“ im Zentrum des Interesses auf der Buchmesse.

Kasachische Bibliothek

Nurlan Onshanow, Botschafter der Republik Kasachstan in Deutschland, präsentierte auf der Buchmesse die neusten Übersetzungen kasachstanischer Autoren ins Deutsche: „Hier haben wir ein interessantes Nachschlagewerk über Kasachstan mit allen Informationen über mein Heimatland, die Politik, die Wirtschaft, die Kultur und den Tourismus. Das Buch unseres Präsidenten Nursultan Nasarbajew „Kasachstans Weg“ gibt es schon seit dem letzten Jahr. In diesem Jahr wurde das Buch „Epizentrum des Friedens: Kasachstan auf dem Weg in eine atomwaffenfreie Zukunft“ in die deutsche Sprache übersetzt mit einen Vorwort des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Außerdem habe ich schon die Werke unserer kasachischen Schriftsteller auf der Buchmesse entdeckt, angefangen mit Abai.“

Deutsches Leserinteresse

Auch die Aussteller aus dem deutschsprachigen Raum sind von der Frankfurter Buchmesse begeistert. Verleger Jörg Sundermeier: „Diese Buchmesse hat mir gezeigt: Die Buchmesse ist wie der Himmel, nur man kommt öfter rein.“ „Die Frankfurter Buchmesse war auch in diesem Jahr wieder ein toller und voller Erfolg“, so Sven Rohde vom Campus Verlag. Eine interessante Frage stellen viele Besucher der Messe: Was lesen denn die Deutschen am liebsten?

In einer Jahres-Zwischenbilanz zum Stichtag Frankfurter Buchmesse steht ein Weltbestseller an der Spitze der meistverkauften Romane: Stephenie Meyers „Bis(s) zum Ende der Nacht“, der vierte Band der „Twilight“-Saga. Auch die anderen Bände sind im Ranking prominent vertreten. Im Sachbuch dominieren deutschsprachige Autoren. Die Themenbandbreite erfolgreicher Sachbücher reicht von Orientierungsliteratur populärer Psychologie und Philosophie (Eckart von Hirschhausen, Richard David Precht) über Erinnerungsliteratur (Helmut Schmidt, Christoph Schlingensief, Barack Obama, Inge Jens) bis hin zur Bildungsdebatte über die richtige Erziehung. Aktuelle politische Sachbücher spielen in der Bestsellerliste nicht mehr die ganz große Rolle. Der Altmeister dieses Fachs, Peter Scholl-Latour („Der Weg in den neuen Kalten Krieg“) folgt abgeschlagen auf Rang 24.

Literatur aus Kasachstan

Vielleicht weckt ja das ab November des Jahres in Deutschland erhältliche Werk „Das Haus des Heimatlosen“ des russlanddeutschen Schriftstellers Herold Berger wieder mehr Interesse an politischen Zusammenhängen. Der Roman erscheint im Verlag Hans Schiler und erzählt über die Deportation der Wolgadeutschen und ihre Entrechtung nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die UdSSR 1941. Selbst als Sechsjähriger in den Strudel der Ereignisse gerissen und mit dem Vater in einen kasachischen Aul verschlagen, vermittelt Belger dem Leser die Vorgänge auch innerhalb der Fiktion als authentisch.

Die Ausstellung kasachstanischer Werke auf der Frankfurter Buchmesse erfolgt im wesentlichen dank zwei Verlage – Almatykitap Baspasy und Mektep. Die farbenprächtigen Bücher laden die Messebesucher zum Durchblättern ein. Insbesondere die Serie „Mein Kasachstan“, aber auch die künstlerischen Werke und Kinderbücher zeugen von der hohen Druckqualität des Verlags Almatykitap Baspasy.

Aufbruch zu neuen Geschäftsmodellen

Die fortschreitende Digitalisierung ist auch auf der Frankfurter Buchmesse ein Thema. Die Branche steckt mitten in einer Orientierungsphase. Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter 840 internationalen Branchenvertretern, darunter überwiegend Geschäftsführer und Führungskräfte aus der Verlagsbranche, welche die Frankfurter Buchmesse und das Branchenmagazin Buchreport im September durchgeführt haben. 80 Prozent der Befragten begreifen den mit der Digitalisierung verbundenen Umbruch in der Medienbranche eher als Chance denn als Krise. Hinter der demonstrativen Aufbruchstimmung stehen aber weiterhin viele Fragezeichen.

Zentralasien auf der literarischen Landkarte

Bei der Präsentation seines zweisprachigen Gedichtbandes „Eine Minute Schweigen am Rande der Welt“ bemerkte der kasachische Lyriker, Philologe und Essayist Oljas Süleymenov: „Bücher öffnen den Menschen die Augen und diese Funktion wird ein Buch nie verlieren.“ Der Lyriker brachte seine Besorgnis zum Ausdruck, dass der Computer das Bücherlesen zugrunde richten könne. Oljas Süleymenov: zitierte einige Umfrageergebnisse russischer Soziologen, die zeigen, dass fast 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung nicht ein einziges Buch im Jahr lese. Trotz allem ist der Lyriker aus Kasachstan überzeugt, dass das gedruckte Buch nicht seine letzten Tage auf der Frankfurter Buchmesse erlebe.

Nicht zuletzt die „Kasachische Bibliothek“ ist ein Versuch, die literarische Landkarte für die deutschen Leser in Richtung Zentralasien zu erweitern. Werner Linden, Literaturkritiker, hat auf der Buchmesse erfahren, wie tiefgründig und interessant die Literatur Kasachstans ist, und er war nicht der Einzige.

Von Christine Karmann

23/10/09

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