Als im Februar vergangenen Jahres die Nationalbank der Republik Kasachstan die nationale Währung sowohl gegenüber dem Dollar als auch dem Euro um mehr als 20 Prozent abwertete, gab es hierzulande heftige Diskussionen. Da sich durch die Abwertung die Importe, auf die Kasachstan in besonderem Maße angewiesen ist, verteuern müssen, wurde naturgemäß die sowieso schon hohe Inflation weiter angeheizt. Die Abwertung hatte in Zeiten der Krise und der niedrigen Weltmarktpreise für Rohstoffe vor allem das Ziel, die Rentabilität der Exportunternehmen zu sichern und den Aufwand von Devisen aus dem Reservebestand der Nationalbank zur Stützung eines stabilen Wechselkurses zu begrenzen, um den Devisenbestand nicht zu stark abschmelzen zu lassen.

Diese Ziele sind zweifelsohne erreicht worden, wenn auch um den Preis höherer Inflation und der Verringerung der Kaufkraft der Einnahmen und der Ersparnisse der Bevölkerung.
Seit den Tagen der Abwertung hat sich die Situation jedoch wieder grundlegend gewandelt: Auch Kasachstan ist aus der Krise heraus, die Notierungen der Weltmarkpreise haben wieder ein hohes Niveau erreicht und die Außenhandelsbilanz Kasachstans ist stark positiv. Letzteres bedeutet, dass wesentlich mehr exportiert wird als im gleichen Zeitraum für die Importe bezahlt werden muss. Folglich bleibt ein sehr großer Teil – etwa 15 Milliarden Dollar – an Devisen aus Exporterlösen im Inland. Dieses Geld darf nicht direkt als Zahlungsmittel eingesetzt werden, sondern unterliegt dem Umtausch in Tenge, es erhöht also das Angebot an Dollar. Somit müsste der Kurs des Tenge zum Dollar wieder fallen, denn es gibt ein Überangebot an Dollar in Relation zu seiner Nachfrage.

Trotz dieser Sachlage bewegt sich der Dollar-Tenge-Kurs in den letzten 18 Monaten kaum. Bis Anfang dieses Jahres war das sicher durch die Aussage der Nationalbank begründet, den Dollar-Tenge-Kurs stabil zu halten, also die Marktgesetze von Angebot und Nachfrage im Devisenbereich zeitweilig außer Kraft zu setzen. Doch nachdem diese Politik offiziell beendet worden ist, bewegt sich der Kurs nicht weiter. Dahinter kann man ein verstecktes Intervenieren der Nationalbank vermuten, um den Exporteuren weiterhin ihre preislichen Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Tatsächlich sind die Gewinne der Exporteure im ersten Halbjahr 2010 im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres um sagenhafte 77 Prozent gestiegen. Verstecktes Intervenieren wird trotz meist gegenläufiger Aussagen in kleineren Ländern häufig praktiziert, weil sich dadurch preisliche Wettbewerbsvorteile erzielen lassen. Im Moment wird diese Praxis weltweit kritisiert und diskutiert, aber letztlich nur für die großen Währungen, wozu der Tenge nicht gehört. Für das Argument der versteckten Intervention spricht die Tatsache, dass die Devisenbestände der Nationalbank wachsen, und dies kann nur nach erfolgtem Ankauf von Devisen gegen Tenge auf dem nationalen Devisenmarkt erfolgen. Allerdings wachsen die Devisenbestände in den letzten Monaten langsam, so dass auch keine starke Intervention gegeben scheint.

Demnach muss es andere Gründe für die nicht eintretende Aufwertung des Tenge geben, was bedeutet, dass es keine Verbilligung der Importe gibt. Dafür dürften vor allem zwei Gründe eine Rolle spielen: Zum einen transferieren die internationalen Konzerne, die das Rohstoffgeschäft beherrschen, den Großteil ihrer behaltenen Gewinne völlig legal zurück in ihre Mutterländer, wodurch ein nicht geringer Teil des überschüssigen Angebots nicht als solches auf dem hiesigen Devisenmarkt auftritt. Der zweite Grund ist die stark negative Dienstleistungsbilanz Kasachstans. Hierfür muss ein großer Teil der überschüssigen Dollar eingesetzt werden, die bei weitem nicht immer den Weg über den nationalen Devisenmarkt gehen, da viele Unternehmen sowohl Waren- als auch Dienstleistungsproduktion betreiben.
Insgesamt heißt das, dass wir uns trotz gestiegener Rohstoffpreise und hoher Deviseneinnahmen Kasachstans wohl von der Erwartung einer Aufwertung des Tenge verabschieden können, zumindest auf absehbare Zeit.

Bodo Lochmann

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